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Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss vom 17.01.2017
3 Ss OWi 1620/16 -

Bloße Behauptung des Betroffenen zur krankheitsbedingten Angewiesenheit auf Kfz-Nutzung genügt nicht für Absehen vom Fahrverbot

Tatgericht muss Angaben des Betroffenen nachprüfen

Die bloße Behauptung des Betroffenen eines Ordnungs­widrig­keiten­verfahrens zur krankheitsbedingten Angewiesenheit der Kfz-Nutzung genügt nicht, um von einem Regelfahrverbot abzusehen. Vielmehr muss das Tatgericht die Angaben des Betroffenen nachprüfen. Dies hat das Oberlandesgericht Bamberg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Gegen einen Autofahrer wurde wegen eines im August 2015 fahrlässig begangenen qualifizierten Rotlichtverstoßes eine Geldbuße von 300 EUR festgesetzt. Zudem wurde gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Dagegen richtete sich der Einspruch des Betroffenen. Er gab an, aufgrund einer Lungenkrankheit, wegen der er zweimal wöchentlich einen von seinem Wohnort 15 km entfernten Facharzt aufsuchen müsse, auf die Kfz-Nutzung angewiesen zu sein. Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln seien ihm nicht zuzumuten. So könne er aufgrund seiner Lungenkrankheit die nächstgelegene Bushaltestelle in 2 km nicht zu Fuß erreichen. Familienangehörige oder Bekannte stehen ihm nicht zur Verfügung. Zudem sei ihm wegen seiner beschränkten finanziellen Mittel nicht zumutbar, einen Fahrer anzustellen oder mit einem Taxi zum Arzt zu fahren.

Amtsgericht sah unter Erhöhung der Geldbuße von Fahrverbot ab

Das Amtsgericht glaubte ohne Nachprüfung den Ausführungen des Betroffenen und sah daher von der Verhängung des Regelfahrverbots ab. Es erhöhte dafür aber die Geldbuße auf 500 EUR. Dagegen richtete sich nunmehr die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

Oberlandesgericht hält Begründung für Absehen von Fahrverbot für unzureichend

Das Oberlandesgericht Bamberg entschied zu Gunsten der Staatsanwaltschaft und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Zwar könne in bestimmten Ausnahmefällen aufgrund einer außergewöhnlichen Härte von der Verhängung eines Regelfahrverbots abgesehen werden. Dies müsse vom Tatgericht aber begründet werden. Dem sei das Amtsgericht nicht nachgekommen. Es habe die Einlassung des Betroffenen nicht ansatzweise kritisch hinterfragt. Insbesondere sei es erforderlich gewesen, etwa durch Vernehmung des Arztes oder eines medizinischen Sachverständigen, die Art der Erkrankung, deren Auswirkung auf den Betroffenen sowie deren Behandlungsbedürftigkeit nachzuprüfen.

Möglichkeit der Taxifahrt zur Bushaltestelle

Selbst wenn der Betroffene über finanziell beschränkte Verhältnisse verfüge, sei für das Oberlandesgericht nicht nachvollziehbar, warum nicht Taxifahrten vom Wohnort zur 2 km entfernten Bushaltestelle in Betracht gezogen wurden. Dies hätte geringere Kosten verursacht. In diesem Zusammenhang erschließe sich nicht, warum das Amtsgericht einerseits die Geldbuße auf 500 EUR erhöhe und andererseits Taxifahrten für wirtschaftlich unzumutbar halte. Denn bei Verhängung der Regelgeldbuße von 200 EUR wäre dem Betroffenen ein Betrag von 300 EUR für Taxifahrten zur Bushaltestelle verblieben, um die Dauer des Fahrverbots zu überbrücken.

Kostenübernahme durch Krankenkasse

Völlig unberücksichtigt ließ das Amtsgericht darüber hinaus, so das Oberlandesgericht, dass die Krankenkasse gegebenenfalls die Fahrtkosten übernehme.

Zurückweisung des Falls an Amtsgericht

Das Oberlandesgericht wies den Fall zur Neuverhandlung an das Amtsgericht zurück.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.07.2018
Quelle: Oberlandesgericht Bamberg, ra-online (vt/rb)

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Fundstellen in der Fachliteratur:
  • SVR 2017, 474Zeitschrift: Blätter Straßenverkehrsrecht (SVR), Jahrgang: 2017, Seite: 474
  • zfs 2017, 233Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2017, Seite: 233

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