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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 04.04.2012
8 ME 49/12 -

Lotsenbericht: Pflicht eines Seelotsen zum Bericht über einen Schiffsunfall trotz Gefahr der strafrechtlichen Selbstbelastung

Lotsenbericht nach § 26 Abs. 1 Satz 2 Seelotsgesetz kann nicht unter Berufung auf den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit verweigert werden

Ein Seelotse hat die gesetzliche Berichts- und Auskunftspflicht nach einem Schiffsunfall auch dann zu erfüllen, wenn er Informationen preisgeben muss, die Anhaltspunkte für von ihm begangene Straftaten bieten. Dies hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden.

Im April 2011 ereignete sich auf der Weser im Bereich der Vegesacker Kurve ein Schiffsunfall. In Folge eines Überholvorgangs kollidierte ein Schiff mit einem Schwimmdock. Das Dock wurde von seinem Liegeplatz gerissen und trieb zeitweise auf der Weser. Das Fahrwasser war bis zur Bergung gesperrt. Am Dock und an dem kollidierenden Schiff entstanden erhebliche Sachschäden. Gegen die Kapitäne und die Seelotsen der beteiligten Schiffe wird wegen des Verdachts der Gefährdung des Schiffsverkehrs strafrechtlich ermittelt. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest als Aufsichtsbehörde für das Seelotswesen im Lotsrevier Weser I forderte die beteiligten Seelotsen auf, einen Lotsenbericht nach § 26 Abs. 1 Satz 2 Seelotsgesetz vorzulegen.

Seelotse verweigert Bericht über Schiffsunfall

Der Seelotse eines der beteiligten Schiffe, der Antragsteller in dem entschiedenen Verfahren ist, hat diesen Bericht verweigert. Es bestehe die Gefahr, dass er sich selbst belaste und der Bericht von den Strafverfolgungsorganen beschlagnahmt und in dem gegen ihn geführten Strafverfahren verwertet werde. Seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die gesetzliche Berichts- und Auskunftspflicht hat das Verwaltungsgericht Oldenburg mit Beschluss vom 1. März 2012 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat der 8. Senat mit dem genannten Beschluss zurückgewiesen.

Seelotse muss Lotsenbericht anfertigen und kann sich nicht auf den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit berufen

Nach Auffassung des Senats stellt die mit der gesetzlichen Berichts- und Auskunftspflicht des Seelotsen verbundene Einschränkung des Grundsatzes der Selbstbelastungsfreiheit ("nemo tenetur se ipsum accusare") zwar einen Eingriff in das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Seelotsen dar. Dieser Eingriff ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die strafverfahrensrechtliche Selbstbelastungsfreiheit und die sich aus dem Seelotsgesetz ergebenden Berichts- und Auskunftspflichten können dort, wo der Seelotse bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Berichts- und Auskunftspflichten Informationen preisgeben muss, die Anhaltspunkte für von ihm begangene Straftaten bieten, kollidieren. Der Seelotse gerät in eine Zwangslage, entweder seine Berichts- und Auskunftspflichten zu verletzen oder sich einer Straftat bezichtigen zu müssen. Wegen dieser Folge greift die durch den Erlass einer vollziehbaren Ordnungsverfügung erzwingbare Berichts- und Auskunftspflicht in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Berichts- und Auskunftspflichtigen ein. Das Grundgesetz gebietet aber keinen lückenlosen Schutz gegen Selbstbezichtigungen. Der Grundrechtseingriff kann vielmehr verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Eine solche Rechtfertigung hat der Senat hier bejaht.

Bericht zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Seeschifffahrtverkehrs notwendig

Die Behörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sind zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie zur Verhütung der von der Seeschifffahrt ausgehenden Gefahren und schädlicher Umwelt-einwirkungen auf die vom Seelotsen gewonnenen Erkenntnisse angewiesen. Wäre dieser berechtigt, die Erfüllung der Berichts- und Auskunftspflicht für die Dauer eines gegen ihn laufenden Straf-verfahrens zu verweigern, könnte die Aufgabe der Gefahrenabwehr nicht mehr effektiv erfüllt wer-den. Im Übrigen ist der Seelotse vor einer Verwertung der gewonnenen Erkenntnisse im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren geschützt.

Sperrerklärung und Verwertungsverbot

Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion ist nicht berechtigt, die Erkenntnisse in solchen Verfahren zu verwenden oder an die Strafverfolgungsorgane weiterzuleiten. Einer etwaigen Beschlagnahme des Berichts durch die Strafverfolgungsorgane wird durch eine strafprozessuale Sperrerklärung begegnet. Gelangen gleichwohl derartige Erkenntnisse an die Strafverfolgungsorgane, besteht ein verfassungsrechtliches Verwertungsverbot.

Der Beschluss des Senats im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes ist unanfechtbar.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.04.2012
Quelle: ra-online, Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (pm/pt)

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