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Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat einen Normenkontrolleilantrag eines Anwalts aus Hannover, der sich auch gegen § 3 Abs. 5 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (im Folgenden: Corona-VO) richtete, abgelehnt (Az.: 13 MN 478/21). § 3 Abs. 5 Satz 1 Corona-VO stellt für den Zeitraum vom 24. Dezember 2021 bis zum Ablauf des 2. Januar 2022 landesweit die Warnstufe 3 für das Land Niedersachsen fest (sog. Weihnachts- und Neujahrsruhe).
Der 13. Senat hat konstatiert, dass die Feststellung der Warnstufe 3 sich zwar offensichtlich nicht an den in §§ 2 und 3 Corona-VO bestimmten Indikatoren (7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz, 7-Tage-Inzidenz und prozentualer Anteil der mit COVID-19-Erkrankten belegten Intensivbetten an der Intensivbettenkapazität) und den für diese festgesetzten Wertebereichen und Schwellenwerten für die einzelnen Warnstufen orientiere. Dies erwecke vordergründig durchaus den Eindruck, die Feststellung der Warnstufe 3 für die Zeit vom 24. Dezember 2021 bis zum Ablauf des 2. Januar 2022 sei willkürlich und ohne Anknüpfung an das tatsächliche Infektionsgeschehen erfolgt.
Bei genauerer Betrachtung und unter Berücksichtigung der vom Verordnungsgeber gegebenen Begründung erweise sich die in § 3 Abs. 5 Satz 1 Corona-VO getroffene Feststellung aber nur als ein rechtstechnisches Instrument, um ganz bestimmte Infektionsschutzmaßnahmen zur Geltung zu bringen bzw. diese "anzuschalten". Diese Regelungstechnik sei nicht von vorneherein deshalb rechtswidrig, weil sie nicht an den in der Corona-VO bestimmten Indikatoren, Wertebereichen und Schwellenwerten für die einzelnen Warnstufen ausgerichtet sei. Denn an diese Bestimmungen sei der Verordnungsgeber dieser Verordnung nicht selbst gebunden. So wäre es dem Verordnungsgeber ohne Weiteres auch möglich gewesen, anstelle der Feststellung der Warnstufe 3 für die Zeit vom 24. Dezember 2021 bis zum Ablauf des 2. Januar 2022 besondere Regelungen vorzusehen (so bspw. für den Bereich der Kontaktbeschränkungen in § 7 a Abs. 4 Corona-VO) oder aber die Schwellenwerte des § 2 Abs. 2 Corona-VO zu verändern.
Für den 13. Senat bestanden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber die mit der Feststellung der Warnstufe 3 für die Zeit vom 24. Dezember 2021 bis zum Ablauf des 2. Januar 2022 verbundene "Anschaltung" von Infektionsschutzmaßnahmen nicht an den Maßgaben insbesondere der §§ 28 Abs. 1 Satz 1, 28a Abs. 3 IfSG orientiert hätte. Die in § 3 Abs. 5 Satz 1 Corona-VO getroffene Feststellung erweitere maßgeblich die Anwendung der sog. 2-G-Plus-Regelung und die FFP2-Maskenpflicht, verbiete Tanzveranstaltungen, Veranstaltungen mit mehr als 500 Personen in geschlossenen Räumen, Messen und Weihnachtsmärkte sowie schließe Diskotheken, Clubs und Shisha-Bars für den Kunden- und Besucherverkehr.
Das an den Indikatoren des § 28 a Abs. 3 IfSG gemessene tatsächliche Infektionsgeschehen im Land
Dem danach tatsächlich gegebenen und in absehbarer Zeit erwarteten Infektionsgeschehen begegneten die Infektionsschutzmaßnahmen in Bereichen, die besonders infektionsrelevant seien. Während für den Einzelhandel die Infektionsrelevanz sehr gering sei, bestehe für den Senat kein vernünftiger Zweifel, dass in Sport- und Freizeiteinrichtungen aufgrund der Vielzahl gleichzeitig aufeinandertreffender, regelmäßig einander unbekannter Personen mit längerer Verweildauer in geschlossenen Räumen stets ein signifikant erhöhtes Infektionsrisiko bestehe. Dieses Risiko steige mit zunehmender Personendichte und zunehmenden Personenaktivitäten. Abhängig vom Infektionsrisiko und -geschehen erachte auch das RKI in seiner "ControlCOVID-Strategie" Beschränkungen des Zugangs auf geimpfte und genesene Personen bis hin zu Schließungen von Sport- und Freizeiteinrichtungen für erforderlich. Gleichsam bestünden - anders als bei der 2-G-Regelung im Einzelhandel - keine vernünftigen Zweifel, dass den Maßnahmen eine das Infektionsgeschehen erheblich reduzierende Wirkung zukommen könne. Dabei unterschieden die Infektionsschutzmaßnahmen durchaus nach der Infektionsgefahr und der Möglichkeit, diese durch Schutzmaßnahmen zu verringern. So bezögen sich die drastischen Maßnahmen - die Verbote von Tanzveranstaltungen, von Veranstaltungen mit mehr als 500 Personen in geschlossenen Räumen, von Messen und von Weihnachtsmärkten sowie die Schließung von Diskotheken, Clubs und Shisha-Bars - auf Geschehen, die nicht nur durch das Zusammentreffen einer Vielzahl von Personen in geschlossenen Räumen, sondern durch zusätzliche, die Infektionsgefahren erhöhende Aspekte gekennzeichnet seien. Dazu gehörten etwa eine Erhöhung der absoluten Zahl von Personenkontakten, vermehrte unmittelbare Personenkontakte und körperliche Aktivitäten sowie eine nicht durchgehend gewährleistete Befolgung und Durchsetzung von Basisschutzmaßnahmen wie der Maskenpflicht. Angesichts der befürchteten Immunevasion der Omikron-Variante dürfte in diesen besonders infektionsrelevanten Bereichen auch der Übergang von der bisher geltenden 2-G-Plus-Regelung zur vollständigen Schließung nicht zu beanstanden sein.
In dieser Relation - derzeit beherrschbares, aber absehbar durch die Feiertage um Weihnachten, Silvester und Neujahr sowie die neue Virusvariante beeinflusstes Infektionsgeschehen, hohe Wirkung der angeordneten Infektionsschutzmaßnahmen und keine vergleichbar effektiven, aber weniger eingriffsintensiven Maßnahmen - erschienen auch die mit den Maßnahmen verbundenen, insbesondere bei den Verboten und Schließungen ganz erheblichen Eingriffe in Grundrechte derzeit angemessen.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 23.12.2021
Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, ra-online (pm/pt)
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Dokument-Nr. 31208
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