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Tritt in einer Region eine Häufung von Masernerkrankungen auf, kann ein nicht erkrankter, jedoch auch nicht geimpfter Schüler nicht ohne weitere tatsächliche Ermittlungen zu seinem Immunstatus als Ansteckungsverdächtiger betrachtet werden. Dies entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht und erklärte ein ausgesprochenes Schulbetretungsverbot gegenüber dem Schüler für rechtswidrig.
Der Kläger besuchte in dem in Rede stehenden Zeitraum die sechste Klasse einer Kooperativen Gesamtschule in der Region Hannover. In der Zeit von April bis Juni 2007 kam es in der Region Hannover zu zwei Häufungen von Masernerkrankungen, betroffen waren auch
Der Kläger hat gegen das Schulbetretungsverbot mit der Begründung geklagt, die Beklagte schaffe durch ihr Vorgehen einen faktischen Impfzwang. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Der Kläger hätte nicht allein aufgrund der fehlenden
Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts war das Vorgehen der Beklagten auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes nicht gerechtfertigt. Der Kläger durfte ohne weitere tatsächliche Ermittlungen unter Anknüpfung an seinen Immunstatus nicht als Ansteckungsverdächtiger betrachtet werden. Ansteckungsverdächtig ist eine Person, wenn von ihr anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein. Die Beklagte hat die Eigenschaft des Klägers als Ansteckungsverdächtiger - also als "vermutlich Infizierter" - unter Zugrundelegung bestimmter Prämissen (etwa "Durchmischung der Schülerpopulationen" an der gemeinsam genutzten Bushaltestelle oder beim Kochkurs in den Räumlichkeiten der Grundschule) auf der Basis epidemiologisch-statistischer Methoden (Durchimpfungsquote, Ausbreitungspotential von Masern) an den Immunstatus als ungeimpfte Person angeknüpft. Dies erweist sich als mit den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes nicht vereinbar. Da eine Befragung des Klägers ausgeblieben ist, ist der Beklagten verborgen geblieben, dass die Prämissen auf den Kläger - er war weder "Fahrschüler" noch Teilnehmer des Kochkurses - gar nicht zutrafen. Die Beklagte hat letztlich einen Ansteckungsverdacht nur vermutet. Davon abgesehen war das Schulbetretungsverbot nach Auffassung des Senats auch nicht in sich konsistent: Dem Kläger wäre der Schulbesuch sogleich wieder gestattet worden, wenn er sich hätte impfen lassen, obwohl ein Impfschutz erst nach frühestens vier Tagen eintritt. Lehrer der KGS, die nicht auch an der Grundschule unterrichtet haben, sind von vornherein von Betretungsverboten ausgenommen worden, ohne zu erfragen, ob sie die Bushaltestelle genutzt haben oder sonst mit Grundschülern - etwa bei der Pausenaufsicht - in Kontakt gekommen sind.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 04.02.2011
Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht/ra-online
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Dokument-Nr. 11048
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