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Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass einem Versicherter, der aufgrund einer starken Sehstörung weder selbst Auto fahren noch gefahrlos öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mittlere Strecken zu Fuß zurücklegen kann, ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht. Nach Auffassung des Gerichts kann der Mann seine Arbeitsstelle nicht mehr zumutbar erreichen.
Im zugrunde liegenden Verfahren war ein 60-jähriger Heimerzieher seit dem Jahr 2010 wegen Depressionen dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt. Im November 2011 entzündete sich der Sehnervenkopf an beiden Augen, was zu dauerhaften Sehstörungen mit deutlich eingeschränktem Gesichtsfeld führte (fast vollständiger Verlust der unteren Gesichtsfeldhälfte). Es besteht ein Grad der Behinderung von 100.
Die Stadt Karlsruhe als Arbeitgeber riet ihm zur Stellung eines Rentenantrags. Die Deutsche Rentenversicherung lehnte den Antrag auf Gewährung einer
Das Sozialgericht Karlsruhe verurteilte die Deutsche Rentenversicherung darüber hinaus, die Rente bereits ab dem 1. Januar 2012 rückwirkend zu gewähren. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Deutsche Rentenversicherung als auch der Versicherte Berufung eingelegt.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg verwies in seiner Entscheidung darauf, dass zur Erwerbsfähigkeit auch die Fähigkeit gehöre, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (sogenannte Wegfähigkeit). Eine rechtlich relevante Einschränkung der Wegfähigkeit liege vor, wenn der Versicherte nicht mehr in der Lage sei, ohne besondere Gefahr für sich oder andere, täglich viermal Wegstrecken von 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit zu benutzen, oder ein eigenes Kfz zu steuern.
Der vom Landessozialgericht eingeschaltete Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass wegen der Augenerkrankung mit dem ausgeprägten Gesichtsfeldausfall bereits im Laufe des November 2011 eine deutlich erhöhte Gefährdung im Straßenverkehr sowie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel eingetreten war. Ohne Begleitperson könne der Mann keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen und wegen der starken Sehbehinderung eine Wegstrecke von 500 m nicht in der üblicherweise veranschlagten Zeit von 20 Minuten sicher absolvieren. Bei schlechten Beleuchtungssituationen, wie Nebel oder Dunkelheit könnten nicht einmal Bordsteinkanten oder Treppenstufen sicher erkannt werden.
Hierauf hat das Landessozialgericht dem Versicherten die Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits ab dem 1. Dezember 2011 zugesprochen. Zur Erwerbsfähigkeit gehöre auch die Fähigkeit, eine Arbeitsstelle aufzusuchen, was vorliegend dem Versicherten nicht ohne besondere Gefahr möglich sei.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 05.04.2016
Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ra-online
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