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Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2017
L 11 KR 3513/15 -

Kein Anspruch auf Erstattung für Bundesagentur für Arbeit gegen Krankenkasse

Zuständigkeitsstreit zwischen Bundesagentur für Arbeit und Krankenkasse

Wer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten kann und will, ist nicht verpflichtet, Krankengeld zu beantragen, sondern kann sich arbeitslos melden und sich im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.

Im zugrundeliegenden Fall konnte ein versicherter Arbeitnehmer wegen orthopädischer Beschwerden nicht mehr als Bestatter arbeiten und erhielt Krankengeld von seiner Krankenkasse. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30.04.2012 beendet. Im Februar 2012 meldete er sich zum 01.05.2012 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Bei seiner Krankenkasse meldete er sich nach dem 30.04.2012 nicht mehr und legte keine ärztlichen AU-Bescheinigungen mehr vor.

Bundesagentur für Arbeit begehrt Erstattung von Krankenkasse

Der ärztliche Dienst der BA stellte im April 2012 fest, dass der Versicherte zwar nicht mehr als Bestatter, aber ansonsten vollschichtig arbeiten könne. Nach dem Erhalt von Urlaubsabgeltung bis zum 18.06.2012 zahlte die BA vom 19.06.2012 bis 12.10.2012 Arbeitslosengeld in Höhe von 1.880,36 €. Diesen Betrag verlangte sie von der beklagten Krankenkasse erstattet und vertrat die Auffassung, der Versicherte hätte länger Krankengeld beziehen können und hätte entsprechend beraten werden müssen. Auch mit Krankengeld-Bezug hätte er sich parallel arbeitsuchend melden können, ohne dass dann Arbeitslosengeld zu leisten gewesen wäre.

Klage der Bundesagentur für Arbeit in erster Instanz erfolgreich

Die Klage der BA war in erster Instanz erfolgreich. Das Sozialgericht Heilbronn schloss sich der Argumentation der BA an und entschied, dass der Versicherte weiterhin Anspruch auf Krankengeld gehabt habe, mithin die BA als unzuständiger Träger eine Sozialleistung erbracht habe, die die Krankenkasse als eigentlich zuständige Behörde erstatten müsse.

LArbG: Kein Anspruch auf Krankengeld

Das Landesarbeitsgericht hat dies jedoch anders gesehen. Der Versicherte hatte nach dem 30.04.2012 keinen Anspruch auf Krankengeld mehr. Krankengeld wird nicht unbegrenzt, sondern nur für einen bestimmten Abrechnungszeitraum abschnittsweise bewilligt, mit der Möglichkeit der Verlängerung, indem der Versicherte jeweils Anschluss-AU-Bescheinigungen bzw. Auszahlscheine vorlegt, was der Versicherte hier nach dem 30.04.2012 nicht mehr getan hat. Er war auch nicht verpflichtet, weiter Krankengeld zu beantragen, sondern konnte sich arbeitslos melden, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen und Arbeitslosengeld beantragen. Die BA hat daher keine Ansprüche gegen die Krankenkasse.

Sozialgesetzbuch (SGB)

SGB III: Arbeitslosenversicherung

SGB V: Krankenversicherung

§ 44 Abs. 1 SGB V

Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht [...]

§ 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V:

Der Anspruch auf Krankengeld ruht, solange Versicherte Arbeitslosengeld beziehen.

§ 137 Abs. 1 SGB III

Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer

1. arbeitslos ist,

2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und

3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

§ 138 Abs. 1 SGB III:

Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und

1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),

2. sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und

3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.07.2017
Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ ra-online

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