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Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 10.11.2023
13 S 30/23 -

Bei Annäherung einer "rechts-vor-links"-Kreuzung muss wartepflichtiger Verkehrsraum nach links nicht ununterbrochen beobachtet werden

Ausschließliches nach links schauen stellt Pflichtenverstoß dar

Bei der Annäherung einer "rechts-vor-links"-Kreuzung muss der wartepflichtige Verkehrsraum nach links nicht ununterbrochen beobachtet werden. Denn wer ausschließlich nach links schaut und damit den von rechts kommenden vorfahrt­berechtigten Verkehr nicht beobachtet, begeht einen Pflichtenverstoß. Dies hat das Landgericht Saarbrücken entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2022 kam es auf einer Kreuzung im Saarland zu einem Verkehrsunfall zwischen zwei Pkw. An der Kreuzung galt "rechts-vor-links". Die eine Pkw-Fahrerin wollte nach rechts abbiegen. Die andere Pkw-Fahrerin kam ihr entgegen und wollte in dieselbe Straße abbiegen, wobei es zu einer Kollision kam. Am Fahrzeug der nach rechts abbiegenden Fahrerin entstand ein Sachschaden in Höhe von etwa 3.700,00 €. Da die Haftpflichtversicherung der entgegenkommenden Fahrerin den Schaden nur zu 75 % regulierte, erhob die nach rechts abbiegende Pkw-Fahrerin Klage auf Zahlung des restlichen Schadensersatzes.

Amtsgericht wies Klage ab

Das Amtsgericht St. Wendel wies die Klage ab. Es warf der Klägerin vor, lediglich den von rechts kommenden Verkehrsraum beobachtet zu haben. Sie hätte bei der Annäherung den linken Verkehrsraum beobachten müssen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Klägerin.

Landgericht bejaht Anspruch auf vollen Schadensersatz

Das Landgericht Saarbrücken entschied zu Gunsten der Klägerin. Ihr stehe der Anspruch auf vollen Schadensersatz zu. Die Beklagte habe durch die Verletzung des Vorfahrtsrechts der Klägerin den Unfall allein verschuldet. Der Klägerin sei kein Verkehrsverstoß anzulasten.

Keine Pflicht zur ständigen Bobachtung des linken Verkehrsraums

Bei einer "rechts-vor-links"-Kreuzung dürfe ein Verkehrsteilnehmer grundsätzlich darauf vertrauen, so das Landgericht, dass der ihm gegenüber wartepflichtige, von links kommende Verkehrsteilnehmer sein Vorfahrtsrecht beachtet. Zudem folge aus der Rücksichtnahmepflicht nicht, dass der wartepflichtige Verkehrsraum nach links auch schon während der Annäherung an die Einmündung ununterbrochen beobachtet werden müsse, zumal die Pflicht bestehe, von rechts kommende Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt zu gewähren und es daher einen Pflichtenverstoß darstelle, wenn ausschließlich nach links geschaut wird.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 09.01.2024
Quelle: Landgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)

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