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Ein Testament darf nicht aus mehreren losen Zetteln mit Texten bestehen, die keinen inhaltlichen Zusammenhang erkennen lassen. Das hat das Landgericht München I entschieden.
Die ledige 73jährige A. (Name geändert) wurde am 23.11.2001 tot in ihrer Münchner Wohnung gefunden. Sie hatte keine Geschwister und keine Kinder. Als gesetzliche Erben kamen deshalb nur entfernte Verwandte in Betracht. Sie hinterließ ein Bankguthaben von 600.000,- €. In der Wohnung der alten Dame fand sich nach ihrem Tod offen in der Küche ein Stapel von 13 einzelnen Blättern, auf denen ein kleiner Zettel mit der Aufschrift "Testament" lag. A. hatte dieses "Testament" offenbar kurz vor ihrem Tod so bereitgelegt. Auf 10 DIN-A5-Einzelblättern hatte sie unterschiedliche Bruchteile ihres Vermögens von 1/10, 1/20 oder 1/40 an insgesamt 12 gemeinnützige Organisationen verteilt.
Eines dieser Blätter trägt den handschriftlichen Vermerk "für alles zusammen im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte" mit dem Datum 16.9.2000 und der Unterschrift der Verstorbenen. Drei weitere undatierte DIN-A4-Bögen sind jeweils beidseitig beschrieben, jedoch nicht unterschrieben. Zwei davon sind ersichtlich Entwürfe. Der dritte Bogen ist überschrieben mit "Mein Nachlass soll wie folgt verteilt werden". A. wendet darin Guthaben von 2 Bausparverträgen und einem Girokonto sowie 1/5 der Ersparnisse aus Sparbüchern, ferner Hausrat und Grabstellen einer großen gemeinnützigen Organisation zu. Außer den Zetteln gibt es ein "Vermächtnis" vom 23.9.1990, wonach das Erbe nach Abzug aller Unkosten und Einzelzuweisungen verteilt werden soll auf 9 gemeinnützige Organisationen zu Bruchteilen von 2/5, 1/10 und 1/20.
Das Amtsgericht München sah die 10 DIN-A5-Blätter aus der Küche als wirksames, einheitliches Testament an. Das übrige Vermögen sollte nach dem "Vermächtnis" vom 23.9.1990 verteilt werden. Gegen die angekündigte Erteilung eines entsprechenden Erbscheins wandte sich die Organisation, die sowohl auf den DIN-A4-Bögen als auch durch das Testament vom 23.9.1990 mit dem größten Anteil bedacht war. Sie beansprucht das hinterlassene Vermögen als Alleinerbe, da ihr der Löwenanteil zufalle. Anders als das Amtsgericht hält die 16. Zivilkammer des Landgerichts München I das "Zettel-Testament" für unwirksam. Zwar müssen die Blätter eines Testaments nicht miteinander verbunden sein. Sie müssen aber inhaltlich einen Zusammenhang haben, der sie als untrennbare Urkunde und einheitliche Willenserklärung des Erblassers erkennbar macht. Die Blätter unterschiedlichen Formats hätten weder eine fortlaufende Nummerierung noch einen zusammenhängenden Text.
Auf den kleineren Blättern seien Bruchteile genannt, ohne dass man wisse, wovon. Sie seien nur stichwortartig beschriftet und noch dazu auf unterschiedlichem Papier. Auch das Schriftbild sei nicht einheitlich. Der unterschriebene Zettel "für alles" sei keine ausreichende Zusammenfassung der Blätter. Es bliebe unklar, was mit "alles" gemeint sei. Dass beim Zusammenzählen der einzelnen Quoten ein Ganzes herauskomme, genüge nicht, nun eine einheitliche Urkunde anzunehmen. Die Erbfolge richte sich folglich nach dem "Vermächtnis" vom 23.9.1990, meinen die Richter. Erben seien die dort genannten gemeinnützigen Organisationen.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.07.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Landgericht München I
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