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Das Landgerichts Konstanz hat die Haftung der Bundesrepublik Deutschland für die Folgen des verheerenden Flugzeugunglücks über Überlingen am 1. Juli 2002 dem Grunde nach bejaht. Demnach sieht die Kammer es als erwiesen an, dass beim schweizerischen Flugsicherungsunternehmen Skyguide AG, das die Flugsicherung und -überwachung zum Unglückszeitpunkt im süddeutschen Luftraum ausgeübt hat, schwerwiegende organisatorische Mängel vorhanden gewesen seien, die zur Überlastung des allein tätigen Fluglotsen und letztlich zur Verursachung der Flugzeugkollision geführt hätten (personelle Unterbesetzung bei Skyguide - "Ein-Mann-Betrieb" - trotz vorangegangener Beinaheunfälle, technische Einschränkungen gegenüber Normalbetrieb).
Die Bundesrepublik Deutschland habe für diese Versäumnisse nach Amtshaftungsgrundsätzen einzustehen und schulde der Klägerin (Bashkirien-Airlines) somit dem Grunde nach Schadensersatz. Eine wirksame Übertragung der als hoheitliche Aufgabe ausgestalteten Flugsicherung auf die Schweiz habe zu keiner Zeit stattgefunden, weder auf vertraglicher noch auf sonstiger völkerrechtlicher Grundlage. Daher könne sich die Bundesrepublik Deutschland auch nicht darauf berufen, dass allenfalls Skyguide hafte.
Eine juristische Mitverantwortung der Bashkirien-Airlines hat die Kammer abgelehnt. Ein Fehlverhalten der russischen Piloten könne nicht festgestellt werden bzw. sei jedenfalls derart untergeordnet, dass es gegenüber den zahlreichen Versäumnissen bei Skyguide vollständig zurücktrete. Insofern treffe die Bundesrepublik Deutschland in diesem Verhältnis die alleinige Haftung. Daher sei im Ergebnis auch die Widerklage der Bundesrepublik abzuweisen, mit welcher sie aus eigenem und abgetretenem Recht die Feststellung begehre, dass die "Bashkirian Airlines" die Bundesrepublik von Ansprüchen geschädigter Dritter freizustellen habe.
Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz hat die Entscheidung über die Höhe des Schadensersatzes zunächst zurück gestellt, da insoweit schwierige rechtliche Fragen auch mit Bezug zum russischen Recht zu klären wären. Vor diesem Hintergrund hielt die Kammer es für sachgerecht, die Rechtskraft des nunmehr verkündeten Grundurteils abzuwarten.
Am Abend des 01. Juli 2002 war nördlich von Überlingen die Tupolev der Klägerin auf ihrem Weg von Moskau nach Barcelona mit einer Frachtmaschine der DHL, einer Boeing 757, die sich auf dem Flug von Bergamo nach Brüssel befand, kollidiert. Dabei starben insgesamt 71 Menschen, überwiegend Kinder aus Bashkirien.
Nachtrag:
Am 28.07.2006 veröffentlichte das LG Konstanz zu dem Urteil folgende Klarstellung:
1. Das Urteil regelt nur das Haftungsverhältnis zwischen der Bundesrepublik und BAL. Alleinhaftung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass BAL gegenüber der Bundesrepublik nicht einen Teil ihres Schadens und der Haftung gegenüber Dritten selbst zu tragen hat.
2. Ob Skyguide der BAL haftet, war durch das Landgericht nicht zu entscheiden. Dies wird in den in der Schweiz rechtshängigen Verfahren entschieden. Die Haftung der Bundesrepublik und von Skyguide würde nebeneinander bestehen.
3. Ob die Bundesrepublik wegen ihrer sich aus dem Urteil des LG ergebenden Haftung bei Skyguide oder der Schweiz Regress nehmen könnte, ist eine Frage, über die das Landgericht nicht zu entscheiden hatte.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.07.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Konstanz vom 27.07.2006
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Dokument-Nr. 2763
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