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Das Recht am eigenen Bild ist bereits dann verletzt, wenn der Abgebildete begründeten Anlass zur Annahme hat, er könnte identifiziert werden. Hierbei genügt auch, wenn der Abgebildete, dessen Gesicht kaum oder gar nicht zu erkennen ist, durch Merkmale, die sich aus dem Bild ergeben und die gerade ihm eigen sind, erkennbar ist. Dies hat das Landgericht Frankfurt am Main im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens entschieden.
Die Verfügungsklägerin macht Unterlassungsansprüche wegen der Verletzung ihres Rechts am eigenen Bild sowie ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend. Die Verfügungsbeklagte ist Verlegerin der X-Zeitung. In der Ausgabe vom 26.07.2005 berichtete sie über die Eröffnung der Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen Herrn A.B. vor dem Amtsgericht Marburg. Dem Angeklagten dieses Verfahren wird vorgeworfen, heimlich sich und seine damalige Freundin, Frau P.B., bei der Vornahme sexueller Handlungen gefilmt und das Video im Internet ohne Einwilligung von Frau P.B. öffentlich zur Verfügung gestellt zu haben. Der Bericht der Beklagten ist mit „Frivoler Prozess um einen Privat-Porno“ betitelt und mit drei Bildern illustriert. Eines der Bilder zeigt eine junge Frau in Jeans und ärmellosem Top von vorne. Ihr Gesicht ist gepixelt, sichtbar sind jedoch die Ohren und zurückgekämmte blonde Haare. Das Bild ist betitelt: „Kerstin* [Name geändert] (42) verklagt ihren Ex-Freund auf 200.000 Euro Schmerzensgeld.“ Bei der Frau auf dem Bild handelt es sich nach Auffassung der Kammer um die Klägerin.
Die Kammer hat im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens der Beklagten untersagt, Bildnisse der Klägerin ohne ihre Zustimmung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über das beim Amtsgericht Marburg geführte Strafverfahren zu veröffentlichen sowie die Behauptung zu veröffentlichen oder zu verbreiten, die Klägerin hätte sexuelle Handlungen an dem Angeklagten dieses Strafverfahrens vorgenommen oder von diesem an sich vornehmen lassen.
Die Kammer führt in ihrer Entscheidung aus:
"Unter Bildnissen im Sinne des § 22 KUG versteht man die Darstellung einer natürlichen Person in einer für Dritte erkennbaren Weise. Zumeist ergibt sich die Erkennbarkeit aus der Abbildung der Gesichtszüge. Es genügt aber auch, wenn der Abgebildete – mag auch sein Gesicht kaum oder gar nicht zu erkennen sein – durch Merkmale, die sich aus dem Bild ergeben und die gerade ihm eigen sind, erkennbar ist oder seine Person durch den beigegebenen Text oder durch den Zusammenhang mit früheren Veröffentlichungen erkannt werden (…) Das Recht am eigenen Bild ist bereits dann verletzt, wenn der Abgebildete begründeten Anlass hat, er könnte identifiziert werden. Nicht erforderlich ist, dass schon der flüchtige Betrachter den Abgebildeten auf dem Bild erkennen kann, es genügt die Erkennbarkeit durch einen mehr oder minder großen Bekanntenkreis (…)
Die Klägerin ist auf dem Bild jedenfalls für Eingeweihte erkennbar, da es genügend individualisierende Merkmale aufweist. (…) Trotz gepixeltem bzw. „verkacheltem“ Gesicht ist sie auf dem Bild auch für Dritte erkennbar, da zurückgekämmte, blonde Haare (Frisur), Ohren mit Ohrschmuck, Gesichtsform, Kleidung (ärmelloses Top), eine (…) auffällige Uhr am linken Arm und die Statur des Oberkörpers zu sehen sind.
(…) Durch die Untertitelung ihres für Dritte erkennbaren Bildnisses (…) mit „Kerstin“ wird der Eindruck erweckt, die Klägerin sei die Ex-Freundin des Angeklagten im Marburger Strafprozess und damit diejenige, die in dem Video sexuelle Handlungen an dem Angeklagten vornimmt und von diesem an sich vornehmen lässt. Das andere in der Zeitung der Beklagten veröffentlichte Bild aus dem Sex-Video ist untertitelt: „Zärtlich verwöhnt Kerstin ihren Freund…“. Dies lässt keinen anderen Schluss zu, als dass behauptet wird, die rechts in der Zeitung abgebildete, bekleidete – 27-jährige – Klägerin sei die Frau aus dem Sex-Film und somit diejenige, die mit dem Angeklagten des Strafprozesses sexuelle Handlungen ausgetauscht hat. Da die Beklagte in Wirklichkeit nicht in dem Video vorkommt und keine sexuellen Verbindungen mit dem Angeklagten hatte, stellt dies eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, die einen Angriff auf das Persönlichkeitsrecht der Verfügungsklägerin zum Inhalt hat.“
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.04.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 06/06 des LG Frankfurt/Main vom 23.03.2006
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Dokument-Nr. 2169
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