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Landgericht Coburg, Urteil vom 27.08.2004
23 O 829/03 -

Fataler Vergleich: Bei Abfindungsvergleichen über Unfallschäden ist Achtung geboten

Zu den Auswirkungen einer Abfindungsvereinbarung über Unfallschäden zwischen dem Geschädigten und der gegnerischen Haftpflichtversicherung

Eine Kapitalabfindung zum Ausgleich von Verletzungen infolge eines unverschuldeten Verkehrsunfalls kann durchaus ihren Reiz haben. Sie birgt aber auch Risiken. Verschlimmern sich später die Unfallfolgen, kann hierfür grundsätzlich kein Ersatz mehr verlangt werden. Etwas anderes gilt nur für gänzlich unvorhersehbare Folgeschäden.

Diese Erfahrung machten jetzt die Eltern eines bei einem Verkehrsunfall schwer verletzten Kindes. Das Landgericht Coburg und das Oberlandesgericht Bamberg wiesen ihre im Namen des Kindes erhobene Klage gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers auf Zahlung von Schmerzensgeld von 30.000 € und einer monatlichen Rente von 200 € ab. Da sich sein Gesundheitszustand zusehends verschlechterte, hatte sich das Opfer mit einer bereits erhaltenen Abfindung nicht zufrieden geben wollen.

Sachverhalt

Das 5 1/2 Jahre alte Mädchen hatte Glück im Unglück. Es erlitt bei dem Unfall zwar Kopfverletzungen und schwere Knochenbrüche, u. a. einen Schenkelhalsbruch. Aber das Wichtigste: Das Kind lebte noch. Weil die Alleinschuld des Autofahrers feststand, strebte dessen Haftpflichtversicherung eine außergerichtliche Einigung an. Beraten durch einen Rechtsanwalt verständigten sich die Eltern des Mädchens und der Versicherer auf Zahlung eines Schmerzensgeldbetrages von rund 17.000 €. Mit der Vereinbarung sollten sämtliche Gesundheitsbeeinträchtigungen des Kindes, auch zukünftige, abgegolten sein. Eine Ausnahme hiervon sollte lediglich für unvorhersehbare eventuell später eintretende gesundheitliche Schäden gelten. Nach zwei Jahren bildete sich bei dem Unfallopfer eine Nekrose (örtlicher Gewebstod) am rechten Hüftkopf. Das Kind verlangte daher von der Versicherung weiteres Schmerzensgeld. Es meinte, die Vereinbarung stünde nicht entgegen, handle es sich bei der Nekrose doch um eine nicht vorhersehbare Krankheitsfolge.

Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Coburg und das Oberlandesgericht Bamberg konnten sich dem aus Rechtsgründen bedauerlicherweise nicht anschließen. Mit der Abfindungsvereinbarung seien grundsätzlich alle Schmerzensgeldansprüche erledigt worden. Etwas anderes gelte nur für nicht erkennbare Spätschäden. Das seien solche Unfallfolgen, die zum Zeitpunkt des Vergleichs selbst für Ärzte nicht vorhersehbar gewesen seien. Eine Hüftnekrose sei aber - so der angehörte medizinische Sachverständige - eine typische Spätfolge eines Schenkelhalsbruchs. Mit einer derartigen Erkrankung sei bei dem klagenden Kind im Zeitpunkt der Kapitalvereinbarung aus medizinischer Sicht ohne weiteres zu rechnen gewesen. Weiteres Schmerzensgeld über den gezahlten Betrag von 17.000 € könne die Klägerin daher nicht mehr beanspruchen.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.03.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 238 des LG Coburg vom 18.02.2005

Nachinstanz:
  • Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss vom 09.12.2004
    [Aktenzeichen: 5 U 182/04]
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