wichtiger technischer Hinweis:
Sie sehen diese Hinweismeldung, weil Sie entweder die Darstellung von Cascading Style Sheets (CSS) in Ihrem Browser unterbunden haben, Ihr Browser nicht vollständig mit dem Standard HTML 4.01 kompatibel ist oder ihr Browsercache die Stylesheet-Angaben „verschluckt“ hat. Lesen Sie mehr zu diesem Thema und weitere Informationen zum Design dieser Homepage unter folgender Adresse:   ->  weitere Hinweise und Informationen

Werden Sie jetzt Fan von kostenlose-urteile.de bei facebook!


Dies ist die mobile Version von kostenlose-urteile.de - speziell optimiert für Smartphones.

Klicken Sie hier, wenn Sie lieber die klassische Version für Desktop-PCs und Tablets nutzen wollen.


Hier beginnt die eigentliche Meldung:

Landgericht Coburg, Entscheidung
13 O 231/01 -

Zur Möglichkeit des Erblassers, den Pflichtteil eines Erben de facto zu beschränken – und zur Möglichkeit des Erben, sich dagegen zu wehren

Wer im Testament als Erbe eingesetzt ist, sollte sich nicht zu früh freuen – sondern erst einmal nachrechnen. Hat nämlich der Erblasser ein Vermächtnis zu Gunsten eines Dritten angeordnet, kann unter Umständen die Ausschlagung der Erbschaft äußerst lukrativ sein. Das zeigt ein vom Landgericht Coburg entschiedener Fall.

Dort stand eine Erbin unter dem Strich mit deutlich weniger Erbe da, als ihr „Pflichtteil“ (also die Hälfte des gesetzlichen Erbteiles) gewesen wäre. Hätte sie das Erbe rechtzeitig ausgeschlagen, hätte sie den Pflichtteil bekommen.

Sachverhalt:

Zwei Töchter beerbten ihre Mutter aufgrund Testamentes je zur Hälfte. Allerdings hatte die Mutter der einen Tochter – der späteren Klägerin – im Wege eines „Vorausvermächtnisses“ ein Hausanwesen hinterlassen. Die Hälfte, die der anderen Tochter (der Beklagten) zustand, berechnete sich also aus der Erbmasse abzüglich Grundstück mit Haus. Und da das Anwesen den Löwenanteil des Erbes ausmachte, blieb der Beklagten wertmäßig weniger als ihr Pflichtteil – der hier ein Viertel des Nachlasses ausmachte. Deshalb verweigerte sie die Zustimmung zur Eintragung ihrer Schwester als alleinige Eigentümerin. Es würde Sinn und Zweck des Gesetzes zuwider laufen, wenn das gesetzliche Pflichtteilsrecht auf diese Weise ausgehöhlt würde, begründete sie ihre Haltung. Die Schwester klagte.

Gerichtsentscheidung:

Mit Erfolg. Das Landgericht Coburg wies in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass die Beklagte die Zustimmung unter keinem rechtlichen Aspekt verweigern könne. Die Gesetzeslage sei eindeutig: die Beklagte sei zu einem höheren Prozentsatz (50 %) Erbin geworden, als ihr Pflichtteil (25 %) betrage. Um zu verhindern, dass sie tatsächlich weniger bekomme als ein Viertel des wirklichen Wertes der Erbmasse, habe der Gesetzgeber ihr die Möglichkeit an die Hand gegeben, binnen sechs Wochen das Erbe auszuschlagen. Dann hätte sie den vollen Pflichtteil (also 25 % des Wertes der Erbmasse) geerbt. An der Ausschlagung fehlte es jedoch. Nach diesem eindeutigen Hinweis erkannte die Beklagte die Forderung ihrer Schwester an und bewilligte deren Eintragung als alleinige Eigentümerin ins Grundbuch. Es erging Anerkenntnisurteil.

Fazit:

Erbe zu ein Halb ist nicht gleich Erbe zu ein Halb.

Zur Rechtslage:

Um zu verhindern, dass bestimmte Gruppen von Verwandten komplett enterbt werden, gibt es das sog. Pflichtteilsrecht. Dieses steht allen Abkömmlingen (also allen in gerader absteigender Linie Verwandten: Kinder, Enkel, Urenkel usw.) sowie den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu. Wird einer dieser Berechtigten durch Testament enterbt, so erhält er als Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Testierfreiheit des Erblassers ist insoweit also eingeschränkt. Er kann allerdings z. B. mittels eines Vorausvermächtnisses die Erbmasse beschneiden. Dann lohnt sich für pflichtteilsberechtigte Erben der Griff zum Taschenrechner – wie der geschilderte Fall zeigt.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 2303 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Pflichtteilsberechtigte; Höhe des Pflichtteils]:

(1) Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

(2) Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erfolge ausgeschlossen sind. (...)

§ 2306 BGB [Beschränkungen und Beschwerungen]:

(1) Ist ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder ist er mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert, so gilt die Beschränkung oder die Beschwerung als nicht angeordnet, wenn der ihm hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils nicht übersteigt. Ist der hinterlassene Erbteil größer, so kann der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil verlangen, wenn er den Erbteil ausschlägt; die Ausschlagungsfrist beginnt erst, wenn der Pflichtteilsberechtigte von der Beschränkung oder der Beschwerung Kenntnis erlangt.

(2) ...

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin
Quelle: Pressemitteilung Nr. 82 des LG Coburg vom 01.08.2001

Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Urteile zu den Schlagwörtern:

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/LG-Coburg_13-O-23101_Zur-Moeglichkeit-des-Erblassersden-Pflichtteil-eines-Erben-de-facto-zu-beschraenken-und-zur-Moeglichkeit-des-Erbensich-dagegen-zu-wehren.news1113.htm

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Dokument-Nr.: 1113 Dokument-Nr. 1113

recht-aktuell.de Alles, was Recht ist

kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH


Die Redaktion von kostenlose-urteile.de gibt sich größte Mühe bei der Zusammenstellung interessanter Urteile und Meldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann kostenlose-urteile nicht die fachkundige Rechtsberatung in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.