Die Zivilkammer 67 hatte bereits im September 2017 verfassungsrechtliche Bedenken geäußert; jedoch unterblieb in dem damaligen Rechtsstreit eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht, da es auf die Verfassungsgemäßheit der Vorschrift für die Entscheidung damals aufgrund neuer Umstände nicht mehr ankam (vgl. Landgericht Berlin, Urteil v. 19.09.2017 - 67 O 149/17 -).
Nunmehr ist die Frage für den Ausgang eines anderen Berufungsverfahrens von Bedeutung. Es handelt sich um die Klage zweier Mieter, die die höchstzulässige Miete für ihre Wohnung nach den Vorschriften über die sogenannte Mietpreisbremse festgestellt haben wollen. Die Parteien hatten am 4. Februar 2016 einen Mietvertrag über eine in Berlin-Wedding gelegene 2-1/2-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 59,29 m² geschlossen. Als Mietzins war ein Betrag von 474,32 Euro netto kalt monatlich vereinbart. Mietvertragsbeginn war der 1. März 2016. Die Mieter rügten mit einem der Vermieterin am 5. Juli 2016 zugegangenen Schreiben, dass die Miethöhe ihrer Ansicht nach preisrechtlich überhöht sei und sich nur auf 419,18 Euro netto kalt belaufen dürfe.
Das Amtsgericht Wedding gab der Klage der Mieter teilweise statt und stellte in seinem Urteil fest, dass die von der Mieterin geschuldete Miete unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben der Mietpreisbremse ab dem 1. August 2016 lediglich 435,78 Euro betrage. Bei Vertragsbeginn habe die ortsübliche Vergleichsmiete ausweislich des Berliner Mietspiegels 2015 für die von der Mieterin angemietete Wohnung nur bei 6,68 Euro pro Quadratmeter (=insgesamt 396,16 Euro) gelegen; diese hätte die Vermieterin um höchstens 10 % überschreiten dürfen.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legte die Vermieterin Berufung ein und berief sich darauf, das Amtsgericht habe die maßgebliche ortsübliche Vergleichsmiete, die Grundlage dafür ist, die zulässige Wohnungsmiete zu bestimmen, fehlerhaft ermittelt. Das Amtsgericht habe zu Unrecht kein Sachverständigengutachten eingeholt und sich unzulässig nur auf den Berliner Mietspiegel 2015 gestützt. Abgesehen davon könnten die Vorschriften der Mietpreisbremse ohnehin nicht zu Lasten eines Vermieters angewandt werden, da sie gegen das Grundgesetz verstießen.
Die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin teilte - anders als z.B. die Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin, die das Bundesgesetz für verfassungsgemäß ansah (vgl. Landgericht Berlin, Urteil v. 29.03.2017 - 65 S 424/16 -) – die Bedenken und hielt die Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 556 d BGB) für verfassungswidrig. Zur Begründung verwies das Landgericht auf den Beschluss vom 14. September 2017, in dem es hieß, dass eine ungleiche Behandlung von Vermietern vorliege. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz gebiete dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln. Soweit der Gesetzgeber Differenzierungen vornehme, müssten diese durch Gründe gerechtfertigt werden, die dem Ziel der Differenzierung und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen seien. Dies habe der Gesetzgeber bei der Neuregelung von § 556 d BGB nicht beachtet und in verfassungswidriger Weise in das Recht der Mietvertragsparteien, im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit den Mietpreis zu regeln, eingegriffen. § 556 d BGB in Verbindung mit der von dem Land Berlin erlassenen Rechtsverordnung begrenze die zulässige Neuvermietung auf 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete. Der Wohnungsmietmarkt weise bundesweit preislich seit langem starke Unterschiede auf. Die Differenz in der ortsüblichen Vergleichsmiete betrage zum Beispiel zwischen der Stadt München und dem Westteil der Stadt Berlin ca. 4,30 Euro pro Quadratmeter in 2013 und 4,70 Euro pro Quadratmeter in 2016 (Miete pro Quadratmeter in München 10,25 Euro bzw. 11,16 Euro gegenüber 5,90 Euro bzw. 6,46 Euro in Berlin). Dies entspreche einem Unterschied von über 70 %.
Damit habe der Gesetzgeber eine Bezugsgröße gewählt, die Vermieter in unterschiedlichen Städten wesentlich ungleich treffe. Weder der Gesetzeszweck noch die mit der gesetzlichen Regelung verbundenen Vorteile noch sonstige Sachgründe rechtfertigten dies. Insbesondere seien im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die für eine mögliche sachliche Rechtfertigung relevanten einkommensbezogenen Sozialdaten von Mietern nicht erhoben worden. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass die einkommensschwächeren Haushalte und Durchschnittsverdiener, die vom Gesetz geschützt werden sollten, in höherpreisigen Mietmärkten wie München erheblich besser gestellt seien als die gleichen Zielgruppen in Berlin.
Darüber hinaus liege auch deshalb eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, da diejenigen Vermieter, die bereits in der Vergangenheit eine (zu) hohe Miete (d.h. eine 10 % der ortsüblichen Vergleichsmiete übersteigende Miete) mit ihrem Mieter vereinbart hatten, ungerechtfertigt begünstigt würden. Denn diese Vermieter dürften bei einer Neuvermietung die "alte" Miete weiterhin unbeanstandet verlangen. Ein Bestandsschutz für diese "alte" Miete könne jedoch bei einer Neuvermietung nicht angenommen werden. Zudem sei die Ungleichbehandlung mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise schlichtweg unvereinbar. Denn diejenigen Vermieter, die in der Vergangenheit eine maßvolle Miete verlangt hätten, würden erheblich benachteiligt gegenüber denjenigen Vermietern, die schon in der Vergangenheit die am Markt erzielbare Miete maximal ausgeschöpft und damit ungleich höher dazu beigetragen hätten, dass Wohnraum für Geringverdiener knapp werde.
Ergänzend zu ihren früheren Ausführungen rügte das Landgericht nunmehr ferner, dass die Vorschrift der Mietpreisbremse auch gegen das im Grundgesetz verankerte Bestimmtheitsgebot verstoße. Der Bundesgesetzgeber habe die staatliche Preisintervention nicht allein davon abhängig gemacht, dass ein angespannter kommunaler Wohnungsmarkt vorliege. Es komme zusätzlich auf die politische Willensbildung auf Landesebene und die darauf beruhende Entscheidung der jeweiligen Landesregierung an, ob von der im Gesetz enthaltenen Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung zur Umsetzung der Mietpreisbremse Gebrauch gemacht werde. Das Bundesgesetz (§ 556 d BGB) verpflichte die jeweilige Landesregierung nicht dazu, die Vorschrift im Landesrecht umzusetzen, auch wenn der Wohnungsmarkt im gesamten Bundesland oder in einzelnen Kommunen angespannt sei. Deshalb seien Vermieter in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Saarland bislang nicht von der Mietpreisbremse betroffen, da die Landesregierungen dort trotz zumindest nicht auszuschließender Anspannung einzelner kommunaler Wohnungsmärkte weiterhin davon absähen, die bundesgesetzlichen Vorschriften zur Mietpreisbremse durch eine Landesverordnung zu vollziehen. Dasselbe gelte demnächst voraussichtlich für Vermieter in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, in denen sich die jeweiligen Landesregierungen nach Veränderung der politischen Mehrheitsverhältnisse ausweislich der geschlossenen Koalitionsverträge sogar dazu entschlossen hätten, bereits erlassene Verordnungen trotz unzweifelhafter Anspannung zahlreicher kommunaler Wohnungsmärkte wieder aufzuheben. Im Gegensatz dazu unterfielen Vermieter in Bundesländen wie Berlin dem durch die Mietpreisbremse angeordneten Preisstopp, da dort die bundesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage durch Erlass einer Landesverordnung umgesetzt worden sei. Durch dieses uneinheitlich bindende Regelungssystem verstoße der Bundesgesetzgeber in verfassungswidriger Weise gleichzeitig gegen das am Gesamtstaat zu messende Gleichheitsgebot und das Bestimmtheitsgebot.