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Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 14.03.2013
16 Sa 763/12 -

Urlaub und Freistellung: Sofortige Freistellung des fristlos gekündigten Arbeitnehmers unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen unzulässig

Keine Erfüllung des Urlaubsanspruchs/Arbeitnehmer erhält Anspruch auf Urlaubsabgeltung

Wird ein Arbeitnehmer fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt, darf der Arbeitgeber für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung den Arbeitnehmer nicht von seiner Arbeitspflicht unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche freistellen. Damit erfüllt der Arbeitgeber nicht den Urlaubsanspruch. Der Arbeitnehmer erhält daher einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­arbeitsgerichts Hamm hervor.

Im zugrunde liegenden Fall wurde ein Arbeitnehmer im Mai 2011 fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt. Zudem wurde er "im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung […] mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung [der] Arbeitsleistung freigestellt". Im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses vereinbarten die Parteien eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Juni 2011. Der Arbeitnehmer verlangte nunmehr die Abgeltung noch offener Urlaubsansprüche. Der Arbeitgeber verwies jedoch auf die Freistellung unter Anrechnung der Urlaubsansprüche und lehnte eine Abgeltung ab. Der Arbeitnehmer erhob daher Klage.

Arbeitsgericht wies Klage ab

Das Arbeitsgericht Dortmund wies die Klage ab. Dem Arbeitnehmer habe nämlich kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zugestanden, da ihm der zustehende Urlaub durch die Freistellung gewährt wurde. Die vorsorgliche Gewährung von Erholungsurlaub bei Ausspruch einer fristlosen Kündigung sei wirksam und erfülle den Urlaubsanspruch für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis über den Zeitpunkt des Zugangs der sofortigen Kündigung hinaus fortbesteht. Gegen diese Entscheidung legte der Arbeitnehmer Berufung ein.

Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestand

Das Landesarbeitsgericht Hamm entschied zu Gunsten des Arbeitnehmers und hob das erstinstanzliche Urteil auf. Denn die zum Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung im Mai 2011 noch offenen Urlaubsansprüche seien nach Auffassung des Gerichts durch die Freistellungserklärung nicht erfüllt worden.

Zeitpunkt des Kündigungstermins unter Berücksichtigung noch offener Urlaubstage

Das Landesarbeitsgericht stützte sich bei seiner Entscheidung auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 09.01.1977 (6 AZR 647/77), wonach der fristlos kündigende Arbeitgeber die Abwicklung nicht erledigter Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers rechtwirksam nur erreichen könne, wenn er den Kündigungstermin entsprechend der noch offenen Urlaubsdauer hinausschiebt und in diesem zeitlichen Umfang Urlaub gewährt sowie den Arbeitslohn als Urlaubsentgelt zahlt. Dies habe der Arbeitgeber im vom Landesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall nicht getan.

Formulierung der Freistellungserklärung ungewöhnlich

Zudem hielt das Landesarbeitsgericht die Formulierung der Freistellungserklärung für ungewöhnlich, weil der Arbeitgeber den Urlaub nicht für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung gewährte, sondern auf die Wirksamkeit der hilfsweise erklärten fristgemäßen Kündigung abgestellt hat. Es traf jedoch keine abschließende Entscheidung darüber, ob dies mit den Anforderungen, die an die Deutlichkeit von Erklärungen gestellt werden, vereinbar ist.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.09.2013
Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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