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Flüchtlinge aus Tschetschenien, die der tschetschenischen Volksgruppe angehören, können nach gegenwärtiger Erkenntnislage ohne Gefahr für Leib und Leben in ihr Heimatland zurückkehren, sofern ihnen nicht eine tatsächliche oder eine unterstellte frühere Mitwirkung bzw. Einbindung bei den Rebellentruppen oder im Regime Machadov entgegengehalten werden kann.
Mit dieser Begründung änderte der 3. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs eine anders lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom September 2003 sowie eine eigene anders lautende Berufungsentscheidung vom Februar 2006 ab, mit denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach Tschetschenien verpflichtet worden war. Die erneute Verhandlung vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof war notwendig geworden, nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Rechtssache aufgrund der vom Bundesamt gegen das Berufungsurteil vom Februar 2006 eingelegten Revision zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere der aktuellen Sicherheitslage in Tschetschenien zurückverwiesen hatte.
Geklagt haben eine Frau und ihre heute 15 und 17 Jahre alten Kinder, die im Herbst 2000 aus Tschetschenien geflüchtet waren. Zwar ist der hessische Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, dass nach der damaligen Auskunfts- und Erkenntnislage tschetschenische Volkszugehörige aus Tschetschenien im Herbst des Jahres 2000 vorverfolgt aus ihrer Heimatregion Tschetschenien ausgereist sind und auch noch im Februar 2006 verfolgt waren, da dort ihr Leben und ihre Freiheit allein wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe ethnischer Tschetschenen aus Tschetschenien unmittelbar durch staatliche Stellen bedroht war. Aufgrund von nunmehr eingeholten, aktuelleren Auskünfte über die Situation in Tschetschenien kommt der erkennende Senat heute jedoch zu einer gegenteiligen Einschätzung der Sicherheitslage. Nach den hierzu vom Gericht im Wege einer Beweiserhebung eingeholten Erkenntnissen sprechen gegenwärtig stichhaltige Gründe dagegen, dass tschetschenische Volkszugehörige in Tschetschenien heute erneut von einer staatlichen Verfolgung oder einer anderen Gefahr für Leib und Leben bedroht sein werden. Insoweit haben sich die Sicherheitslage und die allgemeine Lebenssituation in Tschetschenien nach den hierzu vom erkennenden Gericht eingeholten Auskünften sowohl im Vergleich zum Ausreisezeitpunkt der Kläger im Herbst 2000 als auch zum vormaligen Entscheidungszeitpunkt im Februar 2006 maßgeblich verändert.
Aufgrund dieser veränderten Sicherheitssituation können die Kläger nach diesem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs einen Abschiebungsschutz auch nicht deshalb erreichen, weil sich die rechtliche Situation vor dem Hintergrund des seit 10. Oktober 2006 unmittelbar geltenden europäischen Flüchtlingsrechts (sog. "Qualifikationsrichtlinie") geändert und grundsätzlich zu einer für Flüchtlinge günstigeren Rechtslage sowie zu einer Vereinheitlichung der im Flüchtlingsrecht geltenden rechtlichen Beurteilungsmaßstäbe geführt hat.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.02.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 6/2008 des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21.02.2008
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Dokument-Nr. 5649
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