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Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 24.06.2008
1 UE 319/07, 1 UE 2606/07 -

Ehemaliger Bundesbankpräsident Welteke erhält mehr Pension

Vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof hat der ehemalige Bundesbankpräsident Ernst Welteke einen Teilerfolg erzielt. In zwei Berufungsverfahren hat das Gericht entschieden, dass ihm ein Anspruch auf Gewährung einer Altersentschädigung für die Zeit als Mitglied des Hessischen Landtags zusteht. Ohne Erfolg blieb hingegen die Berufung, mit der Herr Welteke seinen Anspruch gegen die Deutsche Bundesbank weiterverfolgt hat, ihm für die Zeit seiner Präsidentschaft vom 1. September 1999 bis 22. April 2004 ein Ruhegehalt auf der Grundlage eines Ruhegehaltssatzes von 65,98 % seiner ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zu gewähren.

In dem Verfahren gegen das Land Hessen (Az.: 1 UE 319/07) hatte der Präsident des Hessischen Landtags die Gewährung einer Altersentschädigung an Herrn Welteke für die Zeit seiner Mitgliedschaft im Hessischen Landtag (vom 1. Dezember 1974 bis 4. August 1983 und vom 4. Oktober 1983 bis 4. April 1995) abgelehnt, weil die ihm von der Deutschen Bundesbank aus seinem Amt als Bundesbankpräsident gewährten Versorgungsbezüge die nach dem Hessischen Abgeordnetengesetz vorgesehene sog. Ruhensgrenze von 4.841,12 € übersteige. Diese Entscheidung hatte das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 11. Dezember 2006 im Ergebnis bestätigt und zur Begründung ausgeführt, die insoweit einschlägige, bis zum 5. Juli 2007 geltende Vorschrift des 21 Abs.1 Hessisches Abgeordnetengesetz sei restriktiv in dem Sinne auszulegen, dass sie nur solche Fälle erfasse, in denen das Abgeordnetenmandat der maßgeblichen Verwendung im öffentlichen Dienst nachfolge oder diese unterbreche. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall.

Die dagegen von Herrn Welteke eingelegte Berufung hatte vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof Erfolg. Das Berufungsgericht ist der Argumentation des erstinstanzlichen Gerichts nicht gefolgt. Nach der Entscheidung des zuständigen 1. Senats des Verwaltungsgerichtshofs kann der Kläger unter Berufung auf die hier anzuwendende frühere Regelung des Hessischen Abgeordnetengesetzes mit Erfolg geltend machen, dass bei der Berechnung der maßgeblichen Ruhensgrenze anstelle der Grundentschädigung für Landtagsabgeordnete seine höheren ruhegehaltfähigen Amtsbezüge als Bundesbankpräsident anzusetzen sind. Dies folge sowohl aus dem Wortlaut als auch aus Sinn und Zweck der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift, die vom hessischen Landesgesetzgeber erst im Juli 2007 geändert worden sei. Da die dem Kläger zustehende Altersentschädigung und seine Versorgungsansprüche gegen die Deutsche Bundesbank 75 % seiner früheren Amtsbezüge als Bundesbankpräsident in Höhe von 23.109,16 € nicht überstiegen, ruhe auch sein Anspruch auf Altersentschädigung für die Zeit als Abgeordneter des Hessischen Landtags nicht. Das Land Hessen sei deshalb verpflichtet, ab dem 1. Mai 2004 eine Altersentschädigung in Höhe von 71 % der Grundentschädigung für Abgeordneten des Landtages zu zahlen.

In einem zweiten, gegen die Deutsche Bundesbank gerichteten Verfahren (Az.: 1 UE 2606/07) hatte der ehemalige Bundesbankpräsident geltend gemacht, ihm stehe ein Ruhegehalt auf der Grundlage eines Ruhegehaltssatzes in Höhe von 65,98 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge statt der festgesetzten 37 % zu, weil auch die Zeiten, in denen er Mitglied des Hessischen Landtags war, ohne zugleich ein Ministeramt innegehabt zu haben (1. Dezember 1974 bis 4. August 1983 und 4. Oktober 1983 bis 4. April 1991), als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden müssten. Dies hatte die Deutsche Bundesbank abgelehnt. Auf die dagegen erhobene Klage hatte das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main in seiner mündlichen Urteilsverkündung zwar festgestellt, dass dem Kläger ein Ruhegehalt auf der Grundlage eines Ruhegehaltssatzes in Höhe von 54,13 % zustehe, in der schriftlichen Urteilsbegründung jedoch ausgeführt, dass tatsächlich nur ein Anspruch in Höhe eines Ruhegehaltssatzes von 37 % bestehe und der in der mündlich verkündeten Entscheidungsformel enthaltene Ruhegehaltssatz von 54,13 % auf einem Additionsfehler beruhe.

Die dagegen von der Bundesbank eingelegte Beschwerde hatte vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof Erfolg, während die von Herrn Welteke eingelegte (Anschluss-)Berufung zurückgewiesen wurde.

In der Begründung führt das Berufungsgericht aus, gegenüber der Deutschen Bundesbank habe der Kläger einen Ruhegehaltsanspruch auf der Grundlage eines Ruhegehaltssatzes von 37 % seiner ruhegehaltfähigen Amtsbezüge als früherer Bundesbankpräsident. Entgegen seiner Auffassung sei er trotz des Fehlens eines von ihm unterzeichneten Entlassungsantrags wirksam aus seinem Amt als Bundesbankpräsident ausgeschieden. Er habe seinen Willen, von diesem Amt zurückzutreten, vor seiner Entlassung eindeutig und wirksam erklärt. Gründe für eine wirksame Anfechtung seiner damaligen Rücktrittserklärung seien nicht ersichtlich. Bei der Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit habe die Bundesbank zu Recht die Zeiten, in denen ihr ehemaliger Präsident Mitglied des Hessischen Landtags war, ohne zugleich ein Ministeramt innegehabt zu haben, nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt. Diese streitigen Abgeordnetenzeiten seien nach dem zugrundeliegenden Anstellungsvertrag zwischen dem Kläger und der Bundesbank in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeiten anrechnungsfähig. Auch wenn die vielfältigen Kenntnisse und Erfahrungen, die der Kläger während seiner Zeit als Abgeordneter des Hessischen Landtags aufgrund der dort ausgeübten Funktionen erworben habe, für sein späteres Amt als Bundesbankpräsident förderlich und nützlich gewesen seien, könne nicht festgestellte werden, dass seine spätere Tätigkeit als Bundesbankpräsident ohne den Erwerb gerade dieser Kenntnisse nicht hätte ausgeübt werden können oder gar seine Berufung in dieses Amt ohne diese Kenntnisse nicht erfolgt wäre. Gegen die Ruhegehaltfähigkeit der Zeiten als Landtagsabgeordneter spreche im Übrigen auch der Grundsatz der Vermeidung einer Doppelversorgung aus öffentlichen Kassen, denn der Kläger habe aufgrund dieser Zeiten einen Anspruch auf Gewährung einer Altersentschädigung als Abgeordneter gegen das Land Hessen. Gemäß den bis zum 31. Dezember 2002 geltenden, einschlägigen Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes betrage das Ruhegehalt für Beamte auf Zeit nach einer Amtszeit von acht Jahren 35 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zzgl. 2 % für jedes weitere volle Amtsjahr als Beamter auf Zeit. Der Kläger habe als ehemaliger Bundesbankpräsident somit einen Anspruch auf Ruhegehalt gegenüber der Bundesbank auf der Grundlage von 37 % seines ruhegehaltfähigen Gehaltes von 23.109,16 €, also in Höhe von 8.550,39 €. Soweit seine Klage und seine anschließende Berufung hierüber hinausgingen, seien sie nicht begründet.

§ 21 Abs. 1 des Hessischen Abgeordnetengesetzes in der hier anzuwendenden Fassung lautet:

"Treffen Versorgungsansprüche nach diesem Gesetz mit Versorgungsansprüchen aus einer Mitgliedschaft im Europäischen Parlament oder einer Verwendung im öffentlichen Dienst oder mit Rentenansprüchen zusammen, so ruhen die Versorgungsansprüche nach diesem Gesetz, soweit sie und die anderen Ansprüche 75 vom Hundert der Grundentschädigung nach § 5 Abs. 1 übersteigen. Sind jedoch die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge höher als die Grundentschädigung nach § 5 Abs. 1, so ruhen die Versorgungsansprüche nach diesem Gesetz, soweit sie und die anderen Ansprüche 75 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge übersteigen."

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.06.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 16/08 des VGH Hessen vom 24.06.2008

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