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Finanzgericht Münster, Urteil vom 21.01.2017
4 K 3471/15 E -

Medizinische Seminare für Pflegeeltern erkrankter Kinder können als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden

Auch Pflegeeltern sind zur Tragung der durch die Krankheit des Pflegekindes entstandenen Aufwendungen sittlich verpflichtet

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass Kosten für die Teilnahme an medizinischen Seminaren zum Umgang mit frühtraumatisierten Kindern bei den Pflegeeltern als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.

Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens haben zwei Pflegekinder in Vollzeitpflege bei sich aufgenommen, von denen eines aufgrund einer Frühtraumatisierung an einer Aufmerksamkeits- und Bindungsstörung leidet. Die Klägerin nahm an von einer Ärztin entwickelten und durchgeführten Seminaren für Eltern frühtraumatisierter Kinder teil. Die Kosten hierfür, die die Krankenversicherung nicht übernommen hatte, machten die Kläger als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab, weil die Kosten nicht unmittelbar zur Heilung einer Krankheit entstanden seien und es auch am formellen Nachweis der Zwangsläufigkeit fehle.

Klägerin war zur Teilnahme an Seminaren durch Krankheit des Pflegekindes veranlasst

Das Finanzgericht Münster gab der Klage vollumfänglich statt. Die Kosten für die Seminare seien als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Die Teilnahme der Klägerin an diesen Seminaren sei durch die Krankheit des Pflegekindes veranlasst gewesen. Die Einbeziehung Angehöriger könne auch zur Behandlung einer Krankheit erforderlich sein. Hierfür sprächen im Streitfall mehrere ärztliche Bescheinigungen, in denen psychologische Familienberatungen durch die Pflegeeltern als medizinisch notwendig angesehen würden. Dass die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht den formellen Anforderungen des § 64 EStDV genügten, sei unerheblich, da es sich nicht um eine psychotherapeutische Behandlung, sondern um die Schulung einer nicht erkrankten Kontaktperson handele. Die Kläger seien zur Tragung der durch die Krankheit ihres Pflegekindes entstandenen Aufwendungen auch sittlich verpflichtet, weil zwischen ihnen ein auf Dauer angelegtes enges familiäres Band bestehe.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 20.03.2017
Quelle: Finanzgericht Münster/ra-online

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