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Finanzgericht Münster, Urteil vom 15.12.2020
2 K 2866/18 E -

Schadens­ersatz­zahlungen in Bezug auf entgangene Zinserträge sind nicht immer steuerpflichtig

Zahlung aufgrund des Vergleichs stellt weder ein Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung noch eine Rückzahlung von Kapitalvermögen dar

Umfasst ein aufgrund eines zivilgerichtlichen Vergleichs zu zahlender Verlustausgleich auch Zinsen, führen diese nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn der Steuerpflichtige lediglich so gestellt werden soll, als habe er von vornherein mit seinem Prozessgegner keinen Vertrag geschlossen. Dies hat der 2. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger erwarb im Jahr 1994 eine Eigentumswohnung, die ihm von einer AG vermittelt worden war. Diese übernahm auch die Finanzierung über ein Vorausdarlehen, zwei Bausparverträge und ein Bauspardarlehen. Das Vorausdarlehen und das Bauspardarlehen löste der Kläger vollständig ab. Wegen vermeintlicher Falschberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung der Eigentumswohnung führte der Kläger gegen die AG einen Zivilprozess und berief sich dabei unter anderem auf die Angabe extrem niedriger Ansparraten.

Finanzamt erfasste den Betrag als Entschädigung für entgangene Zinseinnahmen

Der Prozess wurde durch einen landgerichtlichen Vergleich beendet, wonach die AG das Objekt verwerten lassen und dem Kläger einen Verlustausgleich zahlen sollte. Dieser umfasste neben anderen Positionen auch entgangene Zinserträge aus der Verzinsung des Bausparguthabens und der Sondertilgungen in Höhe von insgesamt rund 33.000 €. Die entsprechende Zahlung erfolgte im Jahr 2013. Das Finanzamt erfasste den Betrag von 33.000 € als Entschädigung für entgangene Zinseinnahmen des Klägers und damit als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass es ihm nicht um die Fortsetzung des Bausparvertrags gegangen sei, sondern um den Ausgleich des Nachteils, der dadurch entstanden sei, dass er die zur Tilgung aufgewendeten Gelder nicht gewinnbringend habe anlegen können.

FG: Zahlung ist Schadensersatz wegen Falschberatung

Die Klage hatte vollumfänglich Erfolg. Die Zahlung der AG aufgrund des Vergleichs stelle - so das Finanzgerichts Münster - kein Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung und auch keine Rückzahlung von Kapitalvermögen dar. Allein die Bezeichnung als "Zinsen" im gerichtlichen Vergleich sei für die steuerrechtliche Einordnung unerheblich. Es handele sich nicht um Wertersatz für von der AG gezogene Nutzungsvorteile, da der Kläger im landgerichtlichen Verfahren nicht die Rückabwicklung der Darlehensverträge beantragt habe. Vielmehr sei die Zahlung als Schadensersatz aufgrund der Falschberatung zu qualifizieren. Dies ergebe sich aus der zivilrechtlichen Klageschrift des Klägers, wonach er seine Ansprüche aus Pflichtverletzungen bei der Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 BGB) und deliktische Ansprüche (§§ 823 ff. BGB) gestützt habe.

Auch keine Entschädigung für entgangene, steuerpflichtige Einnahmen

Der Senat hat weiter ausgeführt, dass es sich auch nicht um eine Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 Buchstabe a) EStG gehandelt habe. Hierfür sei erforderlich, dass dem Steuerpflichtigen Einnahmen einer bestimmten Einkunftsart entgangen seien. Für welche steuerpflichtigen Einnahmen des Klägers eine Entschädigung gezahlt worden sein soll, sei jedoch nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar. Der Streitfall sei auch nicht vergleichbar mit Zahlungen von Bausparkassen für die vorzeitige Beendigung hochverzinslicher Bausparverträge. In solchen Fällen werde das positive Interesse der Betroffenen geschützt. Der Kläger sei jedoch so gestellt worden, als ob er mit der AG nicht in Kontakt gekommen wäre, sodass sein negatives Interesse geschützt worden sei.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.02.2021
Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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