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Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 21.10.2020
4 K 1644/18 -

Gestaltungs­missbrauch: Beteiligungs- und Darlehensgeschäfte innerhalb eines Konzerns zur Umgehung der Besteuerung von Veräußerungs­gewinnen aus dem Verkauf mehrerer Flugzeuge nach Ablauf der Leasingdauer

Hessisches Finanzgericht zum Körperschafts­steuergesetz

Gegenläufige, einem Gesamtplan folgende Beteiligungs- und Darlehensgeschäfte, die nur dazu dienen, einen steuerlichen Verlust zu kreieren, um die Besteuerung von Veräußerungs­gewinnen (hier: aus dem Verkauf von Flugzeugen nach Ablauf der Leasingdauer) zu umgehen und die sich bei einer Gesamtbetrachtung in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis ausgleichen (sog. wirtschaftliches Nullsummenspiel), sind als Gestaltungs­missbrauch zu qualifizieren. Dies hat das Hessische Finanzgericht entschieden.

Geklagt hatte eine zu einem Bankkonzern gehörende Kapitalgesellschaft, welcher das Finanzamt die Berücksichtigung eines Verlustes aus der Veräußerung von Wandelanleihen versagt hatte. Den Verlust erklärte die Klägerin, da sie den gleichhohen Gewinn aus dem Verkauf von Anteilen an einer konzerneigenen Gesellschaft als steuerfrei nach § 8 b Abs. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ansah. Den so erklärten Verlust hatte die Klägerin genutzt, um den bei ihr angefallenen Veräußerungsgewinn in beträchtlicher Höhe aus dem Verkauf eines Flugzeugs steuerlich auszugleichen.

Wirtschaftliches Nullsummenspiel

In dem gewählten Gestaltungsmodell sollten durch gegenläufige wechselseitige Darlehens- und Wandelanleihegeschäfte innerhalb des Konzerns, die sich im wirtschaftlichen Ergebnis gegenseitig neutralisierten (wirtschaftliches Nullsummenspiel), zum einen Betriebsausgaben durch einen Verlust aus dem Verkauf von Wandelanleihen und zum anderen ein gleichhoher nach § 8 b Abs. 2 KStG steuerfreier Gewinn aus Beteiligungsverkäufen generiert werden. Die Betriebsausgaben nutzte die Klägerin, um Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf gebrauchter Flugzeuge in Millionenhöhe nach Ablauf der Leasingdauer auszugleichen und damit deren Besteuerung zu umgehen. Zuvor hatte die Klägerin zur Verhinderung der Besteuerung der zu erwartenden Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf der Flugzeuge bei der Leasinggesellschaft durch gesellschaftsrechtliche Gestaltungen über einzelne Untergesellschaften die Flugzeuge ohne Aufdeckung der stillen Reserven von der Leasinggesellschaft übernommen. Für die Übernahme ihrer zu erwartenden Steuerlast aus den Flugzeugverkäufen hatte die Leasinggesellschaft ein Entgelt entrichtet.

Verlust waren nicht steuermindernd zu berücksichtigen

Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen. Er hat die Gestaltung zur Umgehung der Besteuerung der Veräußerungsgewinne aus den Flugzeugverkäufen steuerlich nicht anerkannt. Zum einen hat er in seiner rechtlichen Beurteilung den Verlust aus dem Verkauf der Wandelanleihen nicht steuermindernd bei der Gewinnermittlung der Gesellschaft berücksichtigt, sondern wegen eines vorrangigen Veranlassungszusammenhangs zwischen den Darlehens- und den Wandelanleihegeschäften als Veräußerungskosten nach § 8 b Abs. 2 S. 2 KStG mit den steuerfreien Gewinnen aus den Beteiligungsverkäufen verrechnet.

Gestaltungsmissbrauch bei gezielter Erwirkung von steuerlichem Verlust

Zum anderen hat der Senat das Urteil damit begründet, dass vorliegend eine als Gestaltungsmissbrauch nach § 42 der Abgabenordnung (AO) zu beurteilende unangemessene Gestaltung vorgelegen habe. Dies sei der Fall, wenn - wie im Streitfall - gegenläufige Geschäfte abgeschlossen würden, die ausgehend von einem vorherigen Gesamtplan nur dazu dienten, einen steuerlichen Verlust zu erwirken, sich in ihren wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen jedoch neutralisierten und somit lediglich als formale Maßnahmen darstellten (sog. wirtschaftliches Nullsummenspiel). Ausgehend vom Leistungsfähigkeitsprinzip setze die steuerliche Berücksichtigung von Betriebsausgaben nach den gesetzgeberischen Wertungen voraus, dass für das Unternehmen durch betrieblich veranlasste Maßnahmen eine wirtschaftliche Belastung eingetreten sei. Bei Vorliegen eines Gesamtplans müssten die diesem unterliegenden Geschäfte konzernübergreifend zusammenfassend beurteilt werden.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.02.2021
Quelle: Hessisches Finanzgericht, ra-online (pm/aw)

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