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Das Niedersächsische Finanzgerichts hat den Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften um Vorabentscheidung ersucht. Zu klären ist, ob die deutsche Mehrfachbelastung von Bauherren mit Grunderwerb- und Umsatzsteuer gegen das gemeinschaftsrechtliche Mehrfachbelastungsverbot verstößt. Die Vorlagefrage des NFG lautet: Verstößt die Erhebung der deutschen Grunderwerbsteuer auf künftige Bauleistungen durch deren Einbeziehung in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage beim Erwerb eines noch unbebauten Grundstücks (sog. einheitlicher Leistungsgegenstand bestehend aus Bauleistungen sowie Erwerb des Grund und Bodens) gegen das europäische Umsatzsteuer-Mehrfachbelastungsverbot des Art. 401 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, wenn die grunderwerbsteuerlich belasteten Bauleistungen zugleich als eigenständige Leistungen der deutschen Umsatzsteuer unterliegen?
Die Klägerin und ihr Ehemann beauftragten am 3. Dezember 2004 ein Bauunternehmen mit der Errichtung eines Einfamilienhauses zum Preis von 196.544 EUR. Im Bauvertrag wurde der genaue Bauort festgelegt. Einige Wochen später - mit Notarvertrag vom 20. Dezember 2004 - erwarben die Klägerin und ihr Ehemann von einer Grundstücksgesellschaft den noch zu bebauenden Grund und Boden zum Kaufpreis von 73.870 EUR. Die Grundstücksgesellschaft hatte dieses und andere Grundstücke mit Vertrag vom 22. Juni 2004 erworben. Dem Vertrag vom 22. Juni 2004 war ein Bebauungsplan für die Baugrundstücke beigefügt, in dem das von der Klägerin und ihrem Ehemann später beauftragte Bauunternehmen benannt war. Weil der Gesellschaftergeschäftsführer des Bauunternehmens zugleich Beteiligter der Grundstücksgesellschaft war, nahm das beklagte Finanzamt (FA) eine personelle Verflechtung sowie ein Zusammenwirken der beiden Unternehmen auf der Veräußererseite an und bezog die künftigen Baukosten in die Grunderwerbsteuer-Bemessungsgrundlage mit ein. Die Grunderwerbsteuer setzte das FA deshalb auf 9.464 EUR fest (3,5 % aus der Summe von 73.870 EUR und 196.544 EUR). Hiergegen richtet sich die Klage.
Zur Begründung bringt die Klägerin vor, die Grunderwerbsteuer dürfe nach ihrem Verständnis nicht die Baukosten, sondern allein den Erwerb des Baugrundstücks - also den "Grunderwerb" - erfassen. Demgemäß dürfe die Grunderwerbsteuer nur mit 3,5 % von 73.870 EUR, also 2.585 EUR festgesetzt werden.
Das Niedersächsische Finanzgericht neigt - entgegen der ständigen Rechtsprechung des 2. Senats des BFH (z.B. BFH-Urt. v. 27. Oktober 1999 - II R 17/99) dazu, dem Klagebegehren zu entsprechen. Er hat das anhängige Verfahren deshalb ausgesetzt und den EuGH angerufen: Da es sich bei den sowohl mit Umsatzsteuer als auch mit Grunderwerbsteuer belasteten Bauleistungen zivilrechtlich gerade nicht um einen Grunderwerb handele, könne die Grunderwerbsteuer auf die Bauleistungen ihrem Charakter nach eine zusätzliche sog. Sonderumsatzsteuer darstellen. Die Erhebung der deutschen Grunderwerbsteuer (3,5 %) wirke nämlich in diesen Fällen des sog. einheitlichen Leistungsgegenstands im Kern wie eine der Mehrwertsteuer (z.Zt. 19 %) vergleichbare sich auf den geschaffenen Mehrwert beziehende allgemeine Abgabe im Bereich der Errichtung von Gebäuden. Sie wirke damit wie eine zusätzliche Umsatzsteuer auf Bauleistungen. Gerade dies - so der 7. Senat des NFG - könne aber gegen gemeinschaftsrechtliche Gebot, Mehrfachbelastungen mit Umsatzsteuer zu unterlassen, verstoßen. Ein Az. des EuGH liegt noch nicht vor.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 14.04.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Finanzgericht Niedersachsen vom 14.04.2008
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