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Kreditinstitute müssen Verbraucher über ihr Recht belehren, den zur Finanzierung eines Immobilienerwerbs dienenden Darlehensvertrag widerrufen zu können. Die EU-Staaten haben dafür Sorge zu tragen, dass in den Fällen, in denen eine entsprechende Belehrung unterblieben ist, die Kreditinstitute die Risiken tragen, die mit der in einer Haustürsituation zustande gekommen Kapitalanlage verbunden sind. Die Richtlinie über Haustürgeschäfte verbiete es jedoch nicht grundsätzlich, dass der Verbraucher, der den Darlehensvertrag widerruft, das Darlehen zuzüglich der marktüblichen Zinsen sofort vollständig zurückzahlen muss. In keinem Fall erstrecke sich das Widerrufsrecht auf den Kaufvertrag über die Immobilie. Das hat der EuGH entschieden.
Nach der Richtlinie über Haustürgeschäfte von 1985 (Richtlinie 85/577EWG) hat ein Verbraucher grundsätzlich sieben Tage Zeit, um einen in einer Haustürsituation geschlossenen Vertrag zu widerrufen. Der Gewerbetreibende ist verpflichtet, den Verbraucher bei Vertragsabschluss schriftlich über sein Widerrufsrecht zu belehren.
Das Landgericht Bochum und das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen haben dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mehrere Fragen nach der Auslegung dieser Richtlinie vorgelegt. Sie sind mit Rechtsstreitigkeiten zwischen Verbrauchern und Kreditinstituten über Kapitalanlagen befasst, bei denen die Vertragsverhandlungen in einer Haustürsituation durchgeführt wurden. Die Kapitalanlagen bestanden in einem Kaufvertrag über eine Immobilie, der mit einer Immobiliengesellschaft geschlossen wurde, und einem zur Finanzierung des Kaufes dienenden Darlehensvertrag mit dem Kreditinstitut. Sie wurden den Verbrauchern bei einem Besuch in deren Wohnung von einem Mitarbeiter der Immobiliengesellschaft oder einem unabhängigen Vermittler angeboten.
Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass die Richtlinie dem Verbraucher kein Recht zum Widerruf eines Immobilienkaufvertrags verleiht, auch wenn dieser Vertrag Bestandteil eines kreditfinanzierten Kapitalanlagemodells ist, bei dem die vor Vertragsabschluss durchgeführten Vertragsverhandlungen sowohl hinsichtlich des Immobilienkaufvertrags als auch des zur Finanzierung dienenden Darlehensvertrags in einer Haustürsituation erfolgten. Die Richtlinie soll den Verbraucher zwar vor den Gefahren schützen, die sich insbesondere aus einem Vertragsabschluss während eines Besuchs des Gewerbetreibenden beim Verbraucher ergeben, indem sie ihm unter bestimmten Umständen ein Widerrufsrecht verschafft, doch sind Kaufverträge über Immobilien ausdrücklich und unmissverständlich vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen.
Die Richtlinie steht nationalen Vorschriften nicht entgegen, die die Rechtsfolgen des Widerrufs eines Darlehensvertrags auch im Rahmen von Kapitalanlagemodellen, bei denen das Darlehen ohne den Erwerb der Immobilie nicht gewährt worden wäre, auf die Rückabwicklung des Darlehensvertrags beschränken.
Wurde der Verbraucher von dem Kreditinstitut über sein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrags belehrt, so verbietet es die Richtlinie grundsätzlich auch nicht, dass der Verbraucher im Fall des Widerrufs das Darlehen zuzüglich der marktüblichen Zinsen sofort vollständig zurückzahlen muss.
Der Gerichtshof stellt jedoch klar, dass in Fällen wie denen der Ausgangsverfahren, in denen der Verbraucher nicht über sein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrags belehrt wurde, das Kreditinstitut die mit den fraglichen Kapitalanlagen verbundenen Risiken zu tragen hat. Wäre der Verbraucher nämlich von dem Kreditinstitut rechtzeitig belehrt worden, so hätte er seine Entscheidung, den Darlehensvertrag zu schließen, rückgängig machen können und hätte gegebenenfalls später den notariellen Kaufvertrag nicht geschlossen. Dadurch hätte er es vermeiden können, sich den Risiken auszusetzen, dass die Immobilie zum Zeitpunkt des Kaufes zu hoch bewertet wird, dass sich die veranschlagten Mieteinnahmen nicht erzielen lassen und dass sich die Erwartungen in Bezug auf die Entwicklung des Immobilienpreises als falsch erweisen. Es ist Sache des nationalen Gesetzgebers und der nationalen Gerichte, den Schutz des Verbrauchers vor den Folgen der Verwirklichung dieser Risiken zu gewährleisten.
Die Anwendung der Richtlinie kann, wenn ein Dritter im Namen oder für Rechnung eines Gewerbetreibenden in die Aushandlung oder den Abschluss eines Vertrages eingeschaltet wird, auch nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Gewerbetreibende wusste oder hätte wissen müssen, dass der Vertrag in einer Haustürsituation geschlossen wurde.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 26.10.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 91/05 des EuGH vom 25.10.2005, bearbeitet von der ra-online Redaktion
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Dokument-Nr. 1142
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