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Ein Monopol für Internet-Glücksspiele kann nur gerechtfertigt werden, wenn mit ihm das Ziel der Bekämpfung der mit diesen Spielen verbundenen Gefahren in systematischer und kohärenter Weise verfolgt wird. Die nationalen Gerichte müssen bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit eines Monopols die Kontrollsysteme, denen die in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen unterliegen, nicht berücksichtigen. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.
Durch die österreichischen Rechtsvorschriften ist ein Glücksspielmonopol errichtet worden, wonach das Recht zur Durchführung und zum Betrieb von Glücksspielen dem Staat vorbehalten ist. Die im Internet angebotenen Kasinospiele werden Ausspielungen gleichgestellt und unterliegen folglich der Konzessionsregelung für Ausspielungen, die die Erteilung einer Alleinkonzession für sämtliche dieser Spiele vorsieht. Der Konzessionär muss eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Österreich sein und von den österreichischen Behörden beaufsichtigt werden. Inhaber der Alleinkonzession ist derzeit bis 2012 die Gesellschaft privaten Rechts Österreichische Lotterien GmbH.
Die Durchführung von Glücksspielen ohne Genehmigung wird strafrechtlich verfolgt.
Jochen Dickinger und Franz Ömer sind österreichische Staatsbürger und Gründer der multinationalen Gruppe für Online-Spiele bet-at-home.com. Diese Gruppe umfasst u. a. maltesische Tochtergesellschaften, die über das Internet auf der Seite www.bet-at-home.com Kasinospiele und Sportwetten anbieten und dafür über maltesische Lizenzen für Online-Glücksspiele und Online-Sportwetten verfügen. Die Seite wird in mehreren Sprachen, darunter Deutsch, angeboten. Die maltesischen Tochtergesellschaften verwendeten zumindest bis Dezember 2007 einen Server mit Standort in Linz (Österreich), der ihnen von der österreichischen Gesellschaft bet-at-home.com Entertainment GmbH zur Verfügung gestellt wurde, deren Geschäftsführer Herr Dickinger und Herr Ömer waren und die auch die Internetseite und die für die Spiele erforderliche Software wartete und den Kundensupport übernahm.
Gegen Jochen Dickinger und Franz Ömer in ihrer Funktion als Geschäftsführer der Gesellschaft bet-at-home.com Entertainment GmbH wurden Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das österreichische Glücksspielrecht eröffnet. Das mit dieser Sache befasste Bezirksgericht Linz hat wegen seiner Zweifel, ob die österreichischen Regelungen mit dem Unionsrecht und insbesondere mit der
In seinem Urteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass nach seiner Rechtsprechung ein Glücksspielmonopol eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt. Eine solche Beschränkung kann jedoch aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses wie dem Ziel, ein besonders hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, gerechtfertigt sein.
Der Gerichtshof stellt fest, dass im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens für die Klärung der Frage, welche Ziele mit den nationalen Rechtsvorschriften tatsächlich verfolgt werden, und für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der bei der Verfolgung dieser Ziele getroffenen Maßnahmen das vorlegende Gericht zuständig ist, dem der Gerichtshof in seinem Urteil einige Kriterien an die Hand gibt.
Dazu weist der Gerichtshof u. a. auf seine Rechtsprechung hin, wonach, um mit den Zielen der Kriminalitätsbekämpfung und der Verringerung der Spielgelegenheiten im Einklang zu stehen, eine nationale Regelung, mit der ein Monopol errichtet wird, das dem Inhaber des Monopols die Verfolgung einer Expansionspolitik ermöglicht, tatsächlich auf der Feststellung beruhen muss, dass kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen in dem betreffenden Mitgliedstaat ein Problem darstellen, dem eine Ausweitung der geregelten Tätigkeiten abhelfen könnte. Der Gerichtshof hebt jedoch hervor, dass das Ziel der Einnahmenmaximierung der Staatskasse für sich allein eine solche Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht erlaubt.
In diesem Zusammenhang weist der Gerichtshof auch darauf hin, dass nur eine maßvolle Werbung, die eng auf das begrenzt bleibt, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken, zugelassen werden könnte. Eine expansionistische Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten abzielt, entspräche nicht dem Ziel der Bekämpfung der kriminellen und betrügerischen Aktivitäten.
Schließlich prüft der Gerichtshof die Frage, ob die in anderen Mitgliedstaaten durchgeführten Kontrollen der Glücksspielanbieter wie im vorliegenden Fall diejenigen, denen die maltesischen Tochtergesellschaften in Malta unterliegen, von den Behörden eines anderen Mitgliedstaats, im vorliegenden Fall Österreich, zu berücksichtigen sind. Nach Ansicht von Herrn Dickinger, Herrn Ömer und der maltesischen Regierung hat Malta nämlich ein leistungsfähiges Regulierungssystem für Internet-Glücksspiele entwickelt, das geeignet sei, das Ziel des Schutzes der Spieler vor Betrug zu erreichen.
Hierzu weist der Gerichtshof darauf hin, dass es in Anbetracht der fehlenden Harmonisierung der Regelung dieses Sektors auf Unionsebene beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts keine Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung der von den anderen Mitgliedstaaten erteilten Erlaubnisse geben kann und der Umstand allein, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, keinen Einfluss auf die Beurteilung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen hat.
Der Gerichtshof stellt sodann fest, dass seine Rechtsprechung, wonach es nicht mit dem freien Dienstleistungsverkehr vereinbar ist, wenn einem Dienstleistenden im Aufnahmemitgliedstaat zum Schutz allgemeiner Interessen Beschränkungen auferlegt werden, soweit diese Interessen bereits durch die Vorschriften des Sitzmitgliedstaats geschützt werden, beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung des Unionsrechts in einem Bereich wie dem des Glücksspiels, der auf Unionsebene nicht harmonisiert ist und in dem die Mitgliedstaaten in Bezug auf die von ihnen verfolgten Ziele und das von ihnen angestrebte Schutzniveau über einen weiten Wertungsspielraum verfügen, keine Anwendung findet.
Dazu führt er aus, dass die verschiedenen Mitgliedstaaten nicht zwangsläufig über die gleichen technischen Mittel für die Kontrolle von Online-Glücksspielen verfügen. Der Umstand, dass die Verbraucher durch die Verwendung von technisch hochentwickelten Kontroll- und Überwachungssystemen in einem Mitgliedstaat vor Betrug des Anbieters besonders geschützt werden können, lässt nicht den Schluss zu, dass dies in anderen Mitgliedstaaten, die nicht über diese technischen Mittel verfügen oder insoweit nicht dieselben Entscheidungen getroffen haben, auf dem gleichen Niveau möglich ist. Ein Mitgliedstaat kann eine wirtschaftliche Tätigkeit in seinem Hoheitsgebiet aus guten Gründen überwachen wollen, was ihm nicht möglich wäre, wenn er sich auf die Kontrollen verlassen müsste, die von den Behörden eines anderen Mitgliedstaats anhand von Regulierungssystemen durchgeführt werden, die er selbst nicht beherrscht.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.09.2011
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
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