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Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 06.04.2006
C-124/05 -

Resturlaub darf nicht ausgezahlt werden

Eine finanzielle Vergütung für übertragenen Mindestjahresurlaub könnte ein Anreiz für die Arbeitnehmer sein, auf ihren Erholungsurlaub zu verzichten. Insoweit ist es nicht von Belang, ob eine solche finanzielle Vergütung auf einer vertraglichen Vereinbarung beruht oder nicht.

Nach der Arbeitszeitrichtlinie haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen erhält. Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.

In einer Broschüre legte das niederländische Ministerium für Soziales und Arbeit die niederländischen Vorschriften über den Urlaub in dem Sinne aus, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsvertrags schriftlich vereinbaren können, dass einem Arbeitnehmer, der seinen Anspruch auf Mindestjahresurlaub (ganz oder teilweise) nicht in Anspruch genommen hat, in einem späteren Jahr eine Entschädigung gewährt wird. Nach Auffassung des Ministeriums gehören sowohl die gesetzlichen als auch die über diese Tage hinausgehenden Urlaubstage, die in den vorangegangenen Jahren angespart wurden, nicht zum Anspruch auf Mindestjahresurlaub und kommen für einen Abkauf in Betracht.

Die Federatie Nederlandse Vakbeweging (FNV) erhob eine Klage bei der Rechtbank 's-Gravenhage, mit der sie die Feststellung beantragte, dass diese Auslegung mit der Arbeitszeitrichtlinie unvereinbar sei. Der als Berufungsgericht angerufene Gerechtshof 's-Gravenhage hat beschlossen, die Frage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vorzulegen.

Der Gerichtshof unterstreicht, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ein bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft ist. Die Arbeitnehmer müssen über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen, damit ein wirksamer Schutz ihrer Sicherheit und ihrer Gesundheit sichergestellt ist. Nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann dieser Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.

Die positive Wirkung dieses Urlaubs für die Sicherheit und die Gesundheit des Arbeitnehmers entfaltet sich vollständig, wenn der Urlaub in dem vorgesehenen Jahr genommen wird. Er verliert jedoch seine Bedeutung für das Ziel der Sicherheit der Arbeitnehmer nicht, wenn er zu einer späteren Zeit genommen wird. Die Möglichkeit einer finanziellen Entschädigung für den übertragenen Mindestjahresurlaub würde jedenfalls einen mit den Zielen der Richtlinie unvereinbaren Anreiz schaffen, auf den Erholungsurlaub zu verzichten oder die Arbeitnehmer dazu anzuhalten, darauf zu verzichten.

Folglich steht die Richtlinie dem entgegen, dass der bezahlte Mindestjahresurlaub im Fall der Übertragung auf ein späteres Jahr durch eine finanzielle Vergütung ersetzt wird. Insoweit ist es nicht von Belang, ob eine finanzielle Entschädigung für den bezahlten Jahresurlaub auf einer vertraglichen Vereinbarung beruht oder nicht.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 23.05.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 32/06 des EuGH vom 06.04.2006

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