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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.07.1998
BVerwG 1 C 32.97 -

Pflichtmitgliedschaft in den Industrie- und Handelskammern verfassungsgemäß

Die Pflichtmitgliedschaft in den Industrie- und Handelskammern ist in den letzten Jahren in die öffentliche Diskussion geraten. Vor allem mittelständische Gewerbebetriebe bezweifeln die Notwendigkeit dieser als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfaßten Organisationen, deren Kosten zu einem erheblichen Teil durch Beiträge der Pflichtmitglieder aufgebracht werden.

Eine Maklerfirma hat sich gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen zur Industrie- und Handelskammer mit der Begründung gewandt, die Pflichtmitgliedschaft verstoße gegen die Grundrechte vor allem der Vereinigungs- und Berufsfreiheit und sei nicht erforderlich, weil die Aufgaben der Kammern ebenso gut durch Vereinigungen auf freiwilliger Basis und durch staatliche Stellen erfüllt werden könnten.

Das Bundesverwaltungsgericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahre 1962 die Pflichtmitgliedschaft als verfassungsgemäß angesehen. Diese Entscheidung hat Bindungswirkung. Angesichts der im wesentlichen unverändert gebliebenen Aufgaben der Industrie- und Handelskammern hat das Bundesverwaltungsgericht keinen Anlaß gesehen, die Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft nunmehr in Zweifel zu ziehen. Es kann nicht angenommen werden, daß das Grundgesetz die seit mehr als 150 Jahren bestehenden Kammern in ihrer überlieferten Struktur hätte beseitigen wollen. Die Pflichtmitgliedschaft ist an dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zu messen und danach nicht zu beanstanden. Es ist dem Staat unbenommen, Industrie- und Handelskammern als "Mittler" zwischen der gewerblichen Wirtschaft und dem Staat in der Form öffentlich-rechtlicher Körperschaften einzurichten. Die zahlreichen Aufgaben der Kammern vor allem im Zusammenhang mit der ihnen aufgegebenen Wahrnehmung des Gesamtinteresses der zugehörigen Gewerbetreibenden z.B. gegenüber Staat und Gemeinden können am besten bei Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft erfüllt werden, die es angesichts der demokratischen Willensbildung den Kammern ermöglicht, hier ausgleichend und bündelnd tätig zu werden. Die Beitragsbelastung zur Finanzierung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben ist aus vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert und durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt.

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Quelle: Pressemitteilung Nr. 24/1998 des BVerwG vom 21.07.1998

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