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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute auf die Sprungrevision eines türkischen Klägers hin entschieden, dass ihm nach dem mehr als zweijährigen Bestand seiner Ehe mit einer Deutschen ein eigenständiges, eheunabhängiges Aufenthaltsrecht zusteht.
Der Kläger heiratete 1994 in der Türkei eine Deutsche und reiste Ende Dezember 1994 zur Familienzusammenführung nach Deutschland ein. Im Januar 1995 erhielt er im Hinblick auf seine Ehe eine Aufenthaltserlaubnis, die im April 1998 um drei Jahre verlängert wurde. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts trennten sich die Eheleute im Mai 1998. Ihre Ehe wurde im April 2000 in der Türkei geschieden. Die Ausländerbehörde lehnte es im Mai 2001 ab, die Aufenthaltserlaubnis auch nach dem Scheitern der Ehe weiter zu verlängern, da der Kläger lediglich etwa dreieinhalb Jahre und nicht, wie im Zeitpunkt der Trennung von der Ehefrau nach § 19 Abs. 1 Ausländergesetz noch erforderlich, mindestens vier Jahre mit seiner Ehefrau zusammengelebt hatte. Der Kläger berief sich darauf, dass der Bundesgesetzgeber die maßgebliche gesetzliche Regelung bereits mit Wirkung vom 1. Juni 2000 geändert und die Mindestdauer der ehelichen Lebensgemeinschaft für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht des ausländischen Ehegatten von vier Jahren auf zwei Jahre herabgesetzt hatte. In Rechtsprechung und Literatur ist seitdem umstritten, ob die Neuregelung aus dem Jahr 2000 auch auf solche "Altfälle" anzuwenden ist, in denen die Ehe, an die das Aufenthaltsrecht anknüpft, bereits zuvor gescheitert war.
Das Bundesverwaltungsgericht hat dies anders als die Ausländerbehörde und das Verwaltungsgericht für den Fall des Klägers bejaht. Für seine Entscheidung ist maßgeblich, dass der Gesetzgeber für das Inkrafttreten der Neufassung des § 19 Abs. 1 Ausländergesetz am 1. Juni 2000 keine Übergangsvorschrift erlassen hat, die zu diesem Zeitpunkt noch anhängige Verfahren von der Neuregelung ausnimmt. Etwas anderes ergibt sich auch weder aus dem Regelungsgehalt der Neufassung noch aus ihrer Entstehungsgeschichte. Die vom Verwaltungsgericht und einzelnen Oberverwaltungsgerichten vertretene Ansicht, dass die Neufassung nicht auch bei Inkrafttreten der neuen Regelung bereits getrennt lebende oder geschiedene ausländische Ehegatten habe privilegieren wollen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Es hat aber betont, dass sich die Neuregelung nach ihrem zeitlichen Geltungswillen nur auf solche Fälle erstreckt, die bei ihrem Inkrafttreten noch nicht unangreifbar entschieden waren. Zum Wiederaufgreifen vor dem 1. Juni 2000 bereits abgeschlossener Verfahren gibt die gesetzliche Regelung keinen Anlass.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das beklagte Land Berlin danach verpflichtet, die Aufenthaltserlaubnis des Klägers nach § 19 Abs. 1 und 2 Ausländergesetz für ein weiteres Jahr zu verlängern und über den Verlängerungsantrag im Übrigen nach Ermessen zu entscheiden.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin
Quelle: Pressemitteilung Nr. 31/04 des BVerwG vom 16.06.2004
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Dokument-Nr. 1585
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