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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.10.2022
1 C 49.21 -

Kein eigenständiges befristetes Aufenthaltsrecht des Elternteils eines minderjährigen ledigen Deutschen nach Aufhebung der familiären Lebensgemeinschaft

Familiäre Lebensgemeinschaft als Voraussetzung für Begünstigung

Dem ausländischen Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen steht nach Aufhebung der familiären Lebensgemeinschaft kein von deren Führung unabhängiges und damit eigenständiges befristetes Aufenthaltsrecht zu. Dies hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Der Kläger, ein algerischer Staatsangehöriger, war zuletzt mehr als drei Jahre lang im Besitz einer ihm zur Ausübung der Personensorge für seinen seinerzeit noch minderjährigen Sohn erteilten Aufenthaltserlaubnis. Er begehrt die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges Aufenthaltsrecht. Seinen Antrag lehnte die Ausländerbehörde ab. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, dem Kläger nachträglich eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 AufenthG zu erteilen. Der Verwaltungsgerichtshof hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen.

Voraussetzungen für eigenständiges Aufenthaltsrecht nicht erfüllt

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Begünstigter der Verweisung in § 28 Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf § 31 AufenthG ist nicht der ausländische Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen. Nach diesen Normen wird die Aufenthaltserlaubnis des ausländischen Ehegatten eines Deutschen im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht zunächst um ein Jahr verlängert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat und der Deutsche bis dahin seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte; die weitere Verlängerung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Ausländerbehörde. § 28 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ist eine Rechtsgrundverweisung. Verwiesen wird nicht nur auf die Rechtsfolge des § 31 AufenthG, den Erwerb eines eigenständigen befristeten Aufenthaltsrechts, sondern auch auf dessen tatbestandliche Voraussetzungen. Diese sind indes nur auf Ehegatten, nicht jedoch auch auf Elternteile minderjähriger lediger Kinder bezogen.

Verlängerung des Aufenthaltsrechts von Fortbestand der Lebensgemeinschaft abhängig

Von der Begründung eines eigenständigen befristeten Aufenthaltsrechts für ausländische Elternteile minderjähriger lediger Deutscher hat der Gesetzgeber bewusst abgesehen. Mit § 28 Abs. 3 Satz 2 AufenthG wird das Aufenthaltsrecht dieser Eltern lediglich dahingehend verlängert, dass es die Volljährigkeit des Kindes überdauert, solange sich das Kind in einer Ausbildung befindet und die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht. Etwaige Wertungswidersprüche zu anderen Verweisungsvorschriften des Aufenthaltsgesetzes sind von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.10.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 06.06.2019
    [Aktenzeichen: 10 K 1997/18.F]
  • Verwaltungsgerichtshof Kassel, Beschluss vom 19.10.2021
    [Aktenzeichen: 6 A 1527/19]
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