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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung von Christen aus dem Irak entschieden, die in den Jahren 2000 und 2001 – noch während der Herrschaft Saddam Husseins – aus dem Zentralirak nach Deutschland geflohen sind.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidungen, mit denen der Verwaltungsgerichtshof München den Widerruf bestätigt hat, aufgehoben und die Verfahren zurückverwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof muss danach erneut entscheiden, ob der Widerruf daran scheitert, dass den Klägern als Christen im Irak nunmehr landesweit eine Verfolgung wegen ihrer Religion droht.
Die Kläger sind irakische Staatsangehörige christlichen (chaldäischen) Glaubens. Sie wurden als politische Flüchtlinge anerkannt, weil sie wegen der Stellung eines Asylantrags in Deutschland mit Verfolgung durch das Regime von Saddam Hussein rechnen mussten. Diese Flüchtlingsanerkennungen widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Jahr 2004. Das Verwaltungsgericht Regensburg gab den Klagen statt und hob die Widerrufsbescheide auf. Es war der Ansicht, dass den Klägern nunmehr bei einer Rückkehr in den Irak eine Gruppenverfolgung als Christen durch Private (nichtstaatliche Akteure) droht. Der Verwaltungsgerichtshof München änderte diese Entscheidungen und wies die Klagen ab. Er begründete dies damit, dass die Kläger nach der Entmachtung Saddam Husseins im Irak nicht mehr verfolgt werden. Allerdings seien im Irak terroristische Anschläge sowie Überfälle und Entführungen an der Tagesordnung. Gemessen an der Vielzahl der Anschläge auf verschiedene Bevölkerungsgruppen seien die Übergriffe gegenüber Christen jedoch nicht derart häufig, dass eine Gruppenverfolgung der Christen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei. Der Widerruf sei daher zu Recht erfolgt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs aufgehoben, weil er die Gefahr einer Verfolgung der Kläger wegen ihres christlichen Glaubens mit unzutreffender Begründung verneint hat.
Das Bundesverwaltungsgericht hat zunächst daran erinnert, dass der Widerruf einer Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung nach dem Asylverfahrensgesetz (§ 73 Abs. 1 AsylVfG) und nach der Genfer Flüchtlingskonvention grundsätzlich nur zulässig ist, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht.
Der Verwaltungsgerichtshof durfte hier bei der Prüfung, ob dem Widerruf die Gefahr einer religiösen Verfolgung bei der Rückkehr entgegensteht, den allgemeinen Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anlegen, wie er auch für die Anerkennung als Flüchtling gilt. Denn den Klägern droht inzwischen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs allenfalls eine gänzlich anders geartete Verfolgung (religiöse Gruppenverfolgung durch Private), die in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der früheren Verfolgungsgefahr steht. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist aber mit Bundesrecht deshalb nicht vereinbar, weil er die Gefahr einer privaten Gruppenverfolgung, für die grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie für eine staatliche Gruppenverfolgung gelten, auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage beurteilt hat. Er hätte seine Entscheidung nicht ohne genauere Feststellungen zu Art, Umfang und Gewicht der Verfolgungshandlungen treffen dürfen und zu der Zahl der irakischen Christen in Beziehung setzen müssen. Außerdem hat das Bundesverwaltungsgericht beanstandet, dass eine Gruppenverfolgung der Christen nicht deshalb verneint werden kann, weil auch andere Bevölkerungsgruppen oder Minderheiten in ähnlicher Weise drangsaliert werden.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.07.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 42/06 des BVerwG vom 18.07.2006
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