Das Plenarverfahren des zugrunde liegenden Falls hat seinen Ursprung in dem von der Bayerischen und der Hessischen Staatsregierung anhängig gemachten Verfahren der abstrakten Normenkontrolle, in dem der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts darüber zu entscheiden hat, ob § 13, § 14 Abs. 1, 2 und 4 und § 15 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die Vorschriften regeln die Voraussetzungen und Modalitäten, unter denen die Streitkräfte zur Abwehr besonders schwerer von Luftfahrzeugen ausgehender Unglücksfälle eingesetzt werden können.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte in dem Normenkontrollverfahren das Plenum angerufen, da er beabsichtigte, von Rechtsauffassungen abzuweichen, die dem Urteil des Ersten Senats vom 15. Februar 2006 zum Luftsicherheitsgesetz zugrunde liegen. Mit diesem Urteil hatte der Erste Senat die Bestimmung des § 14 Abs. 3 LuftSiG, der die Streitkräfte zum Abschuss als Waffe gegen das Leben von Menschen eingesetzter Luftfahrzeuge ermächtigte, unter anderem wegen Verstoßes gegen das Grundrecht auf Leben und gegen die Menschenwürde für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Die Entscheidung des Ersten Senats stützte sich dabei auf die Annahmen, 1. dass sich die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für die Regelungen der §§ 13 bis 15 LuftSiG nur auf Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG stützen lasse, wonach die Streitkräfte zur regionalen und überregionalen Unterstützung der Polizeikräfte der Länder bei Naturkatastrophen oder einem besonders schweren Unglücksfall eingesetzt werden können, 2. dass Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG einen Einsatz der Streitkräfte mit spezifisch militärischen Waffen nicht zulasse, und 3. dass die in § 13 Abs. 3 Satz 2 und 3 LuftSiG geregelte Eilkompetenz des Bundesverteidigungsministers in Fällen des überregionalen Katastrophennotstandes nicht mit Art. 35 Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar sei, der eine Entscheidung der Bundesregierung verlange.
Diese drei Rechtsauffassungen hat der Zweite Senat mit Beschluss vom 3. Mai 2011 zum Gegenstand der Vorlage an das Plenum gemacht.
Das Plenum des Bundesverfassungsgerichts hat über die Vorlagefragen wie folgt entschieden:
- Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die Regelungen der §§ 13 bis 15 LuftSiG ergibt sich nicht aus Art. 35 Abs. 2 und 3 GG, sondern aus Art. 73 Nr. 6 GG a. F. (heute Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG), der dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den Luftverkehr zuweist. - Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG schließen die Verwendung spezifisch militärischer Waffen bei Einsätzen der Streitkräfte nach diesen Vorschriften nicht grundsätzlich aus, lassen sie aber nur unter engen Voraussetzungen zu, die insbesondere sicherstellen, dass nicht die strikten Begrenzungen unterlaufen werden, die einem bewaffneten Einsatz der Streitkräfte im Inneren durch Art. 87a Abs. 4 GG gesetzt sind. - Der Streitkräfteeinsatz in Fällen des überregionalen Katastrophennotstandes nach Art. 35 Abs. 3 Satz 1 GG ist, auch in Eilfällen, nur aufgrund eines Beschlusses der Bundesregierung zulässig. Der Richter Gaier hat hinsichtlich der Vorlagefrage zu 2. ein Sondervotum abgegeben.
Dem Plenarbeschluss liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
Die Bestimmungen der Art. 35 Abs. 2 und 3 GG bieten für Bundesrecht, das den Einsatz der Streitkräfte im Katastrophennotstand regelt, keine ausdrückliche Kompetenzgrundlage. Ungeschriebene Gesetzgebungsbefugnisse des Bundes in Sachnormen außerhalb des VII. Abschnitts des Grundgesetzes aufzusuchen, liegt in systematischer Hinsicht und nach dem Schutzzweck der föderalen Zuständigkeitsordnung nicht nahe.
Die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für die §§ 13 ff. LuftSiG folgt als Annexkompetenz aus Art. 73 Nr. 6 GG a. F. (heute Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG), der dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für den Luftverkehr zuweist. Soweit der Bund für ein bestimmtes Sachgebiet die Gesetzgebungszuständigkeit hat, steht ihm als Annexkompetenz auch die Gesetzgebungsbefugnis für die damit in einem notwendigen Zusammenhang stehenden Regelungen zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in diesem Bereich zu. Die Gesetzgebungszuständigkeit für den Luftverkehr umfasst als Annex jedenfalls die Befugnis, Regelungen zur Abwehr solcher Gefahren zu treffen, die gerade aus dem Luftverkehr herrühren. Die Bestimmungen der §§ 13 ff. LuftSiG enthalten ein eigenständiges Gefahrenabwehrrecht des Bundes. Sie regeln nicht nur die Mittelbereitstellung für den Fall der Unterstützung von Gefahrenabwehrmaßnahmen der Länder, sondern enthalten zugleich unmittelbar außenwirksame Ermächtigungen zum Streitkräfteeinsatz.
Außer zur Verteidigung dürfen nach Art. 87a Abs. 2 GG die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit das Grundgesetz es ausdrücklich zulässt. Die begrenzende Funktion dieser Regelung ist durch strikte Texttreue bei der Auslegung der grundgesetzlichen Bestimmungen über den Einsatz der Streitkräfte im Inneren zu wahren. Die Verfassung begrenzt einen Streitkräfteeinsatz im Inneren in bewusster Entscheidung auf äußerste Ausnahmefälle. Es ist jedoch weder durch den Wortlaut des Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG noch die Systematik des Grundgesetzes zwingend vorgegeben, dass der Streitkräfteeinsatz nach diesen Bestimmungen auf diejenigen Mittel beschränkt ist, die nach dem Gefahrenabwehrrecht des Einsatzlandes der Polizei zur Verfügung stehen oder verfügbar gemacht werden dürften. Vielmehr spricht der Regelungszweck, eine wirksame Gefahrenabwehr zu ermöglichen, für eine Auslegung, die unter den engen Voraussetzungen, unter denen ein Einsatz der Streitkräfte überhaupt in Betracht kommt, die Verwendung ihrer spezifischen Mittel nicht generell ausschließt.
Auch eine Gesamtbetrachtung der Gesetzesmaterialien zwingt nicht zu der Annahme, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber eine Beschränkung der einsetzbaren Mittel beabsichtigt hat. Aus der Gesetzgebungsgeschichte wird weder ein eindeutiger Wille des verfassungsändernden Gesetzgebers hinsichtlich der in den Fällen des Art. 35 Abs. 2 und 3 GG einsetzbaren Mittel noch eine klare Konzeption in der Frage des anwendbaren Rechts erkennbar. Zwar stand dem verfassungsändernden Gesetzgeber als typischer Anwendungsfall der Verfassungsbestimmungen zum Katastrophennotstand nicht die Abwehr von Gefahren durch ein als Angriffsmittel genutztes Luftfahrzeug, sondern vor allem die Erfahrung der norddeutschen Flutkatastrophe des Jahres 1962 vor Augen. Dies schließt es jedoch nicht aus, Art. 35 Abs. 2 und 3 GG auch auf andersartige von Wortlaut und Systematik der Vorschrift erfasste Gefahrenfälle anzuwenden, und zwingt nicht zu einer angesichts heutiger Bedrohungslagen nicht mehr zweckgerechten Auslegung dieser Bestimmungen.
Der Einsatz der Streitkräfte als solcher wie auch der Einsatz spezifisch militärischer Kampfmittel kommt allerdings nur unter engen Voraussetzungen in Betracht. Insbesondere sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 87a Abs. 4 GG zu berücksichtigen, der vor dem Hintergrund historischer Erfahrungen den Einsatz der Streitkräfte zur Bewältigung innerer Auseinandersetzungen besonders strengen Beschränkungen unterwirft. Diese Beschränkungen dürfen nicht dadurch umgangen werden, dass der Einsatz statt auf der Grundlage des Art. 87a Abs. 4 GG auf der des Art. 35 Abs. 2 oder 3 GG erfolgt.
Enge Grenzen sind dem Streitkräfteeinsatz im Katastrophennotstand nach Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 GG durch das Tatbestandsmerkmal des besonders schweren Unglücksfalls gesetzt. Hiervon erfasst werden nur ungewöhnliche Ausnahmesituationen katastrophischen Ausmaßes. Insbesondere stellt nicht eine Gefahrensituation, die ein Land mittels seiner Polizei nicht zu beherrschen imstande ist, allein schon aus diesem Grund einen besonders schweren Unglücksfall im Sinne des Art. 35 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 GG dar. Die Voraussetzungen des besonders schweren Unglücksfalls gemäß Art. 35 Abs. 2 und 3 GG bestimmen sich in Abgrenzung zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben für den Einsatz der Streitkräfte im inneren Notstand. Auf der Grundlage von Art. 35 Abs. 2 und 3 GG können Streitkräfte daher nur in Ausnahmesituationen eingesetzt werden, die nicht von der in Art. 87a Abs. 4 GG geregelten Art sind. So stellen namentlich Gefahren für Menschen und Sachen, die aus oder von einer demonstrierenden Menschenmenge drohen, keinen besonders schweren Unglücksfall im Sinne des Art. 35 GG dar. Denn nach Art. 87a Abs. 4 Satz 1 GG dürfen selbst zur Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer Streitkräfte auch dann, wenn das betreffende Land zur Bekämpfung der Gefahr nicht bereit oder in der Lage ist, nur unter der Voraussetzung eingesetzt werden, dass Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes besteht.
Schließlich muss der Unglücksfall bereits vorliegen. Dies setzt zwar nicht notwendigerweise einen bereits eingetretenen Schaden voraus. Der Unglücksverlauf muss aber bereits begonnen haben und der Eintritt eines katastrophalen Schadens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmittelbar bevorstehen. Der Einsatz der Streitkräfte wie der Einsatz spezifisch militärischer Abwehrmittel ist zudem auch in einer solchen Gefahrenlage nur als ultima ratio zulässig. Eine umfassende Gefahrenabwehr für den Luftraum mittels der Streitkräfte kann auf Art. 35 Abs. 2 und 3 GG nicht gestützt werden.
Art. 35 Abs. 3 Satz 1 GG ermächtigt allein die Bundesregierung als Kollegialorgan, im Fall des überregionalen Katastrophennotstandes Einheiten der Streitkräfte einzusetzen. Danach besteht auch für Eilfälle weder eine Befugnis der Bundesregierung, die ihr zugewiesene Beschlusszuständigkeit auf ein einzelnes Mitglied zur delegieren, noch eine Befugnis des Gesetzgebers zu einer abweichenden Zuständigkeitsbestimmung. Die Ressortzuständigkeit der Bundesminister (Art. 65 Satz 2 GG) und die Zuweisung der Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte an den Bundesminister der Verteidigung (Art. 65a GG) können eine abweichende Auslegung nicht begründen, weil Art. 35 Abs. 3 Satz 1 GG für die Befugnis, über den Einsatz der Streitkräfte im überregionalen Katastrophennotstand zu entscheiden, eine speziellere Regelung trifft. Eine abweichende Zuständigkeit für Eilfälle kann auch nicht aus einem auf wirksame Gefahrenabwehr gerichteten Zweck des Art. 35 Abs. 3 GG oder aus staatlichen Schutzpflichten abgeleitet werden. Für die Auslegung der Vorschriften zum Streitkräfteeinsatz im Inneren, die in einer politisch hochumstrittenen Materie als Ergebnis ausführlicher, kontroverser Diskussionen zustande gekommen sind, gilt das Gebot strikter Texttreue. Jedenfalls deshalb verbietet sich eine auf die Vermeidung von Schutzlücken gerichtete teleologische Verfassungsinterpretation, die vom bewusst und in Übereinstimmung mit der Systematik gewählten Wortlaut abweicht.
Das Grundgesetz in seiner gegenwärtigen Fassung schließt den Kampfeinsatz der Streitkräfte im Inneren mit spezifisch militärischen Waffen sowohl in Fällen des regionalen (Art. 35 Abs. 2 Satz 2 GG) wie in Fällen des überregionalen (Art. 35 Abs. 3 Satz 1 GG) Katastrophennotstandes aus. Mit seiner Antwort auf die zweite Vorlagefrage würdigt das Plenum weder hinreichend den Wortlaut der einschlägigen Verfassungsnormen unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte noch erfolgt eine systematische Auslegung mit Blick auf die Einheit der Verfassung als „vornehmstes Interpretationsprinzip“. Insoweit hat der Plenarbeschluss im Ergebnis die Wirkungen einer Verfassungsänderung.
Auch und gerade seitdem nach der Notstandsgesetzgebung anders als vor 1968 der Einsatz des Militärs im Inneren nicht mehr schlechthin unzulässig ist, bleibt strenge Restriktion geboten. Es ist sicherzustellen, dass die Streitkräfte niemals als innenpolitisches Machtinstrument eingesetzt werden. Abgesehen von dem extremen Ausnahmefall des Staatsnotstandes, in dem nur zur Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer als letztes Mittel auch Kampfeinsätze der Streitkräfte im Inland zulässig sind (Art. 87a Abs. 4 GG), bleibt die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit allein Aufgabe der Polizei. Ihre Funktion ist die der Gefahrenabwehr und nur über hierfür geeignete und erforderliche Waffen darf die Polizei verfügen; hingegen sind Kampfeinsätze der Streitkräfte auf die Vernichtung des Gegners gerichtet, was spezifisch militärische Bewaffnung notwendig macht. Mit dieser strikten Trennung zieht unsere Verfassung aus historischen Erfahrungen die gebotenen Konsequenzen und macht den grundsätzlichen Ausschluss der Streitkräfte von bewaffneten Einsätzen im Inland zu einem fundamentalen Prinzip des Staatswesens. Wer hieran etwas ändern will, muss die zu einer Verfassungsänderung erforderlichen parlamentarischen Mehrheiten für sich gewinnen, was Anfang 2009 nicht gelungen ist. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, hier korrigierend einzugreifen.
Dass ein Einsatz der Streitkräfte mit militärischer Bewaffnung in beiden Fällen des Katastrophennotstandes von Verfassungs wegen untersagt ist, lässt sich mit einer historischen Verfassungsinterpretation, vor allem aber mit einer systematischen Auslegung des Grundgesetzes begründen. Entgegen der Auffassung des Plenums hat der Rechtsausschuss des Bundestages im Rahmen der Notstandsgesetzgebung im Jahr 1968 eine klare Entscheidung getroffen und in seinem damaligen Bericht, der Grundlage für den Gesetzgebungsbeschluss des Bundestages zur Verfassungsänderung war, unmissverständlich vorgeschlagen, den Einsatz militärisch bewaffneter Streitkräfte auf den Staatsnotstand als eine besonders gefährdende Situation des inneren Notstandes (Art. 87a Abs. 4 GG) zu beschränken. Zudem lässt das Plenum völlig außer Acht, dass zur Zeit der Notstandsgesetzgebung eine weitergehende Zulassung des Einsatzes militärisch bewaffneter Einheiten der Streitkräfte im Inneren politisch nicht durchsetzbar gewesen wäre. Im Einklang damit steht die Systematik, die das Grundgesetz mit der Implementierung der „Notstandsverfassung“ erfahren hat. Die strikte Trennung der Regelung des Katastrophennotstandes einerseits von der des inneren Notstandes andererseits belegt, dass diese beiden Fälle des Streitkräfteeinsatzes im Inneren völlig unterschiedliche, sich nicht überschneidende Anwendungsbereiche haben und deshalb nicht durch die Zulassung spezifisch militärischer Bewaffnung auch in Fällen des Katastrophennotstandes vermengt werden dürfen. Zudem lässt auch der Umstand, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber mit der Bundesregierung einem Kollegialorgan die Zuständigkeit für die Einsatzentscheidung zuweist, nur den Schluss zu, dass er von vornherein den Einsatz spezifisch militärischer Waffen im Katastrophennotstand nicht für erforderlich hielt und damit auch nicht legitimieren wollte. Denn Gefährdungslagen, denen effektiv nur mit dem Einsatz solcher Waffen mit Vernichtungskraft begegnet werden kann, sind dadurch gekennzeichnet, dass ihrer Beseitigung jede zeitliche Verzögerung abträglich ist. Daher wäre die Betrauung eines in der Entscheidungsfindung vergleichsweise schwerfälligen Kollegialorgans mit der Initiativbefugnis zum Einschreiten gerade auch mit Blick auf die vom verfassungsändernden Gesetzgeber angestrebte „wirksame Bekämpfung“ dysfunktional.
Der Plenarbeschluss kann mit den von ihm entwickelten Kriterien eine Umgehung der engen Voraussetzungen des inneren Notstandes nach Art. 87a Abs. 4 GG durch die weniger strengen Voraussetzungen des Katastrophennotstandes nicht verhindern. Der Versuch der weiteren Eingrenzung des bewaffneten Streitkräfteeinsatzes durch das Erfordernis eines „unmittelbar bevorstehenden“ Schadenseintritts „von katastrophischen Dimensionen“ wird der nötigen Klarheit und Berechenbarkeit nicht gerecht. Es handelt sich um gänzlich unbestimmte, gerichtlich kaum effektiv kontrollierbare Kategorien, die in der täglichen Anwendungspraxis - etwa bei regierungskritischen Großdemonstrationen - viel Spielraum für subjektive Einschätzungen, wenn nicht gar voreilige Prognosen lassen. Das ist jedenfalls bei Inlandseinsätzen militärisch bewaffneter Streitkräfte nicht hinnehmbar. Im Schatten eines Arsenals militärischer Waffen kann freie Meinungsäußerung schwerlich gedeihen.
Im Übrigen bietet der durch den Plenarbeschluss nun erweiterte Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Inneren für den Schutz der Bevölkerung namentlich vor terroristischen Angriffen keine messbaren Vorteile. Zwar mag es danach nunmehr zulässig sein, dass Kampfflugzeuge unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 LuftSiG „Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben“. Die erfolgreiche Gefahrenabwehr durch solche Maßnahmen wird allerdings insbesondere in „Renegade“-Fällen deshalb wenig wahrscheinlich sein, weil der Abschuss von Flugzeugen, in denen sich Passagiere und Besatzungsmitglieder befinden, mit dem Grundrecht auf Leben in Verbindung mit der Garantie der Menschenwürde unvereinbar ist und unzulässig bleibt. Es kommt hinzu, dass - auch nach der Auffassung des Plenums - ohne Verfassungsänderung allein die Bundesregierung nach Maßgabe des Art. 35 Abs. 3 Satz 1 GG über den Einsatz militärischer Waffen gegen Luftfahrzeuge befinden kann, was angesichts des vergleichsweise kleinen deutschen Luftraums kaum jemals zu einer rechtzeitigen Maßnahme führen wird. Soll danach der Rahmen, den das materielle Verfassungsrecht für eine effektive Abwehr von Gefahren aus dem Luftraum lässt, genutzt werden, so ist trotz der nun erweiterten Zulässigkeit von Kampfeinsätzen eine Verfassungsänderung gleichwohl unvermeidlich.