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Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassungsbeschwerde einer Mauretanierin gegen die Ablehnung ihrer Asylklage stattgegeben. Die Gerichte hätte sich mit der Behauptung der Beschwerdeführerin auseinandersetzen müssen. Die Frau hatte vorgetragen, einem "Sklavenstamm" anzugehören und daher in Mauretanien ihr Existenzminimum nicht sichern zu können.
Die Beschwerdeführerin ist Mauretanierin und gehört dem Volk der Peul an. Sie gelangte 2016 in die Bundesrepublik Deutschland und stellte einen Asylantrag. In der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab sie an, einem „Sklavenstamm“ anzugehören, keine Schulbildung zu haben und als Kind an ihre Tante „verschenkt“ worden zu sein. Das Bundesamt lehnte den Asylantrag ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen und drohte der Beschwerdeführerin die Abschiebung nach Mauretanien an.
Mit ihrer Klage machte die Beschwerdeführerin geltend, dass sie als weibliche Angehörige eines „Sklavenstamms“ ohne Schul- und Berufsausbildung, ohne familiären Schutz und mit gesundheitlichen Problemen nicht in der Lage sein werde, in Mauretanien ihr Existenzminimum zu sichern. In der mündlichen Verhandlung gab sie an, trotz einiger inzwischen erworbener Kenntnisse im Lesen und Schreiben sowie gewisser französischer Sprachkenntnisse und ihrer Arbeit als Küchenhilfe im Hotel werde die einzige Möglichkeit für sie, als Frau ohne Papiere und ohne Familie in Mauretanien zu überleben, wieder eine Arbeit als Sklavin in einem Haushalt sein.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, dass sie nach einer Rückkehr nach Mauretanien nicht in der Lage sein werde, ihr Existenzminimum zu sichern. Das Verwaltungsgericht lehnte diesen Antrag ab. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin sich ihre erworbenen Kenntnisse sowie ihre Erfahrung als Küchenhilfe nicht auch im Heimatland zunutze machen könne, um ihr Existenzminimum zu sichern. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg.
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Die Zuerkennung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK war hier auch nicht fernliegend. Aus den von der Beschwerdeführerin im Klageverfahren in Bezug genommenen Erkenntnismitteln ergibt sich vielmehr, dass Angehörige ehemaliger „Sklavenstämme“, besonders Frauen, in Mauretanien nach wie vor von extremer Armut und einem existenzbedrohenden Ausschluss aus der Gesellschaft betroffen sind. Unabhängig von diesem Gehörsverstoß hätte das Verwaltungsgericht den Umstand, dass Mauretanien zu denjenigen Staaten gehört, in denen die Sklaverei auch in der Gegenwart noch ein wesentliches, das Leben größerer Bevölkerungsgruppen maßgeblich prägendes Problem darstellt, im Hinblick auf die substantiierten Angaben der Beschwerdeführerin zum Anlass nehmen müssen, hierzu näher aufzuklären.
Der Nichtzulassungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG). Das Oberverwaltungsgericht hätte die Berufung wegen der Gehörsverletzung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG zulassen müssen; die dem angegriffenen Beschluss zugrundeliegenden Anforderungen an die Darlegung eines die Zulassung der Berufung auslösenden Verfahrensmangels sind deutlich überhöht. Ob die weiteren geltend gemachten Grundrechtsverstöße vorliegen, bedarf keiner Entscheidung. Es spricht jedoch einiges dafür, dass das Verwaltungsgericht auch durch die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags Art. 103 Abs. 1 GG verletzt hat und dass das Oberverwaltungsgericht auch im Hinblick auf die Ablehnung des Beweisantrags die Berufung hätte zulassen müssen (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG).
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.10.2020
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)
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