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Ein ausländischer Strafgefangener hat einen Anspruch auf Verlegung zum 600 km entfernten Wohnort seiner Familie, da familiäre Beziehungen die Chancen der Resozialisierung erhöhen. Eine bestehende Ausreisepflicht nach Strafende ändert daran nichts. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein irakischer Staatsangehöriger saß seit September 2015 in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech eine Freiheitsstrafe ab. Da seine Frau mit den beiden minderjährigen Kindern im etwa 600 km entfernten Bochum lebte, beantragte der Strafgefangene Anfang des Jahres 2016 eine Verlegung dorthin. Den Verlegungsantrag lehnte die Justizvollzugsanstalt jedoch ab. Der Strafgefangene ging daraufhin vor Gericht.
Das Landgericht Augsburg entschied gegen den Strafgefangenen. Zur Begründung führte es an, dass die räumliche Trennung des Strafgefangenen von seiner Familie regelmäßige Folge des Strafvollzugs sei und eine Verlegung daher nur in Betracht komme, wenn sein Fall gravierend vom Durchschnittsfall abweiche. Dies sei jedoch nicht der Fall. Zudem komme eine Verlegung aus Resozialisierungsgesichtspunkten nicht in Betracht, da der Strafgefangene ohnehin ausreisepflichtig sei. Regelmäßige Kontakte zu seiner Familie können durch kurzfristige Überstellungen des Gefangenen nach Bochum gewährleistet werden. Gegen diese Entscheidung legte der Strafgefangene Verfassungsbeschwerde ein.
Das Bundesverfassungsgericht entschied zu Gunsten des Strafgefangenen und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Die Ablehnung der Verlegung verstoße gegen das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende Gebot der Resozialisierung und gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Für die Resozialisierung haben familiäre Beziehungen wesentliche Bedeutung. Zudem bestehe die Pflicht des Staates, die Ehe und die Familie zu schützen und zu fördern.
Soweit das Landgericht darauf abstellte, dass die räumliche Trennung regelmäßige Folge des Strafvollzugs sei und daher eine gravierende Abweichung vom Durchschnittsfall vorliegen müsse, hielt dies das Bundesverfassungsgericht für falsch. Die geschilderten Schwierigkeiten des beiderseits erwünschten Kontakts zu den Angehörigen bilden gerade nicht den Durchschnittsfall. Ohnehin könne angesichts der Distanz zwischen dem Strafgefangenen und seiner Familie von einer gravierenden Abweichung ausgegangen werden.
Auch das Abstellen auf die
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts seien zudem vorübergehende Besuchsüberstellungen als Dauerlösung zur Aufrechterhaltung der familiäreren Kontakte ungeeignet. Solange einer Verlegung keine Sicherheitsgründe oder bessere Behandlungsmöglichkeiten entgegenstehen sei eine Verlegung zur Wahrung des Resozialisierungsinteresses und zum Schutz von Ehe und Familie sachgerechter als gelegentlicher Überstellungen des Strafgefangenen.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 04.01.2018
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)
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