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Das Bundesverfassungsgericht hat Art. 61 Satz 2 der Bremischen Landesverfassung (LV-Bremen) für nichtig erklärt und damit zugleich einer Verfassungsbeschwerde der Religionsgemeinschaft "Jehovas Zeugen in Deutschland" teilweise stattgegeben. Den Ländern obliegt die Prüfung, ob einer Religionsgemeinschaft auf ihren Antrag der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen ist. Indem Art. 61 Satz 2 LV-Bremen diese Prüfung dem Landesparlament zuweist, verstößt er gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung (Artikel 20 Abs. 2 Satz 2 GG). Durch die Durchführung des verfassungswidrigen Gesetzgebungsverfahrens ist die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV verletzt.
Beschwerdeführerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist die Religionsgemeinschaft "Jehovas Zeugen in Deutschland", die ihre Anerkennung als
In Bezug auf die Beschwerdeführerin fand die Erstverleihung im Jahr 2006 in Berlin statt. Ihr ging ein Gerichtsverfahren voraus, in dem unter anderem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 19. Dezember 2000 (BVerfGE 102, 370 ff.) die Voraussetzungen konkretisierte, unter denen eine Religionsgemeinschaft den Status einer
Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Verfassungsbeschwerde teilweise für begründet. Neben den ausdrücklich in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV genannten Voraussetzungen muss eine Religionsgemeinschaft für die Verleihung des Status einer
Die Prüfung obliegt dem jeweiligen Land, für dessen Staatsgebiet die Religionsgemeinschaft die mit dem Körperschaftsstatus verbundenen Rechte in Anspruch nehmen will. Mit der Verleihung des Körperschaftsstatus nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV an eine Religionsgemeinschaft vollziehen die Länder kein Bundesgesetz im Sinne des Art. 83 GG. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei den Normen des Grundgesetzes überhaupt um Bundesgesetze in diesem Sinne handeln kann. Denn jedenfalls setzt dies eine Kompetenzzuweisung an den Bund voraus, die im Bereich des Staatskirchenrechts gerade fehlt. Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV enthält keine kompetenzrechtliche Aussage. Die Bestimmung unterscheidet sich insoweit nicht von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG oder Art. 8 Abs. 1 GG, die ebenfalls zwar bundesrechtliche Grundrechtsgarantien - der Rundfunk- und Versammlungsfreiheit - statuieren, für die bundesstaatliche Kompetenzverteilung jedoch ohne Bedeutung sind. Zur Gewährleistung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs obliegt es den Ländern dementsprechend gemäß Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 8 WRV, das Verfahren der Verleihung des Körperschaftsstatus weiter landesrechtlich zu regeln.
Die Freie Hansestadt Bremen ist - trotz der bereits erfolgten Erstverleihung - verfassungsrechtlich nicht daran gehindert, in Bezug auf die Beschwerdeführerin ein Zweitverleihungsverfahren unter Inanspruchnahme einer eigenständigen Prüfungskompetenz durchzuführen. Alleiniger Prüfungsmaßstab sind die geschriebenen und ungeschriebenen Voraussetzungen des Anspruchs aus Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV. Es handelt sich insoweit um eine gebundene Entscheidung, die den Ländern keinen Gestaltungs- oder Ermessensspielraum lässt.
Nach der gängigen Staatspraxis und der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur muss einer Religionsgemeinschaft, die
Diese Begrenzung der Rechtswirkungen des Verleihungsaktes entspricht dem bundesstaatlichen Kompetenzgefüge. Das Land Berlin kann die Beschwerdeführerin nicht mit hoheitlichen Kompetenzen ausstatten, die über sein eigenes Staatsgebiet hinausreichen. Über die Landesgrenzen hinaus kann sich die Wirkung des Verleihungsaktes nur insoweit erstrecken, als die nicht verleihenden Länder in ihrer Kontrolle über die Ausübung von Staatsgewalt auf ihrem Gebiet nicht beeinträchtigt werden.
Auch die staatskirchenrechtlichen Besonderheiten des Körperschaftstatus rechtfertigen die Begrenzung der Rechtswirkungen des Verleihungsaktes. Die Befugnis der Beschwerdeführerin, als
Ob die Voraussetzungen für die Verleihung des Körperschaftsstatus vorliegen, ist jeweils bezogen auf die Organisation als solche zu prüfen. Insbesondere die Gewähr der Rechtstreue wird in der Regel nicht regional teilbar sein. Die Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten gebietet deshalb, dass die Länder ihre jeweilige Prüfung nicht völlig losgelöst von den in den anderen Ländern gewonnenen Ergebnissen durchführen, sondern sie angemessen berücksichtigen. Diese Beteiligungsform kann jedoch die Durchführung eines Zweitverleihungsverfahrens nicht ersetzen.
Die in Art. 61 Satz 2 LV-Bremen vorgesehene Verleihung des Körperschaftsstatus durch förmliches Gesetz verstößt gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG), weil sie der Bremischen Bürgerschaft die Möglichkeit eröffnet, Einzelpersonengesetze zu erlassen. Hierdurch wird zugleich der Anspruch der antragstellenden Religionsgemeinschaft auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes verletzt.
Art. 61 Satz 2 LV-Bremen weist eine funktional der Verwaltung vorbehaltene Tätigkeit ohne zwingende Gründe in die ausschließliche Kompetenz des parlamentarischen Gesetzgebers, der Bremischen Bürgerschaft. Die Verleihung des Körperschaftsstatus an eine Religionsgemeinschaft stellt den Erlass einer gebundenen Entscheidung im Wege des Verfassungsvollzugs dar. Bei der Ermittlung der Voraussetzungen erfüllt die Bremische Bürgerschaft funktional eine exekutivische Tätigkeit im Einzelfall: Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist dem Antrag stattzugeben, anderenfalls ist er abzulehnen. Ein Entscheidungs- und Wertungsspielraum, der sich sonst regelmäßig aus der allgemeinen politischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ableiten lässt, ist nicht gegeben.
Der Widerspruch zwischen Art. 61 Satz 2 LV-Bremen und dem Gewaltenteilungsgrundsatz (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) führt zur Verfassungswidrigkeit der Norm. Wird einer Religionsgemeinschaft, die sich auf ihren Anspruch aus Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV beruft, der Status einer
Ob weitere Grundrechte der Beschwerdeführerin durch die konkrete Handhabung des Verfahrens verletzt worden sind, bedarf keiner Entscheidung, weil das Verfahren schon in seiner abstrakten Ausgestaltung nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Soweit die Beschwerdeführerin auch eine Rechtsverletzung durch die Ablehnung des Gesetzesantrags festgestellt haben will, bleibt die Verfassungsbeschwerde daher ohne Erfolg.
Die Senatsmehrheit verkennt, dass es von Verfassungs wegen keiner konstitutiven Zweitanerkennung einer Religionsgemeinschaft in jedem einzelnen Land zur Ausübung der mit dem Status einer
Bei dem Anspruch von Religionsgemeinschaften auf Gewährung der Rechte einer
Nach diesen Maßstäben steht die künstliche Aufspaltung des Verleihungsverfahrens in die Entscheidung über die Eigenschaft als juristische Person des öffentlichen Rechts, welcher nach der von der Senatsmehrheit vertretenen Auffassung bundesweite Geltung zukommen soll - einerseits - und die Zuerkennung von hiermit verbundenen Rechten, welche erst durch konstitutive Entscheidung in jedem einzelnen Land erfolgen soll, im Sinne eines Auffüllens einer leeren rechtlichen Hülle - andererseits - mit der Verfassung nicht in Einklang.
Die von der Senatsmehrheit vertretene Zweistufigkeit der Verleihung des Körperschaftsstatus nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV ist offensichtlich von dem Bemühen getragen, die Hoheitsrechte der Länder zu wahren und die Eigenstaatlichkeit der Länder im Bereich der durch Art. 140 GG inkorporierten Artikel der Weimarer Reichsverfassung besonders hervorzuheben. Jedoch ist die einstufige Konzeption nicht nur kompetenzrechtlich vorgegeben, sondern wahrt auch die Hoheitsrechte der Länder in gebotenem Maße. Auch wenn das Gros der mit dem Körperschaftstatus verbundenen Privilegien bereits bundesrechtlich vorgesehen ist, sei es durch grundgesetzliche Vorgabe, sei es durch einfaches Bundesrecht, ist es den Ländern freigestellt, darüber hinausgehende landesspezifische Privilegien an den Status zu knüpfen. Die Belange der übrigen Länder werden ausreichend berücksichtigt. Dies ergibt sich in prozeduraler Hinsicht aus der Beteiligung im Verleihungsverfahren sowie in materieller Hinsicht aus dem Umstand, dass namentlich bei der ungeschriebenen Voraussetzung der Gewähr der Rechtstreue das gesamte Bundesgebiet in den Blick zu nehmen ist. Schließlich liegt wegen der Möglichkeit der Statusentziehung auch keine unwiderrufliche Bindung der übrigen Länder an die einmal getroffene Verleihungsentscheidung vor.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 11.08.2015
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
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