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Das Bundesverfassungsgericht hat eine Vorlage des Amtsgerichts Wiesbaden zu § 193 Abs. 6 Satz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) für unzulässig erklärt, da sie den Begründungsanforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nicht genügt. Die Vorlage betrifft die Frage, ob diese Vorschrift insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als der Versicherungsnehmer für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten hat.
Nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG ist jede Person mit Wohnsitz im Inland grundsätzlich verpflichtet, für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen eine private Krankheitskostenversicherung zu gesetzlich näher geregelten Bedingungen abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Gerät der Versicherungsnehmer einer solchen Pflichtkrankenversicherung mit der Prämienzahlung in Rückstand, so hat er nach § 193 Abs. 6 Satz 2 VVG für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes anstelle von Verzugszinsen einen
Die
Die Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm genügen den Vorgaben des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ebenfalls nicht. Das Amtsgericht stellt nicht hinreichend dar, weshalb es von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm überzeugt ist. Soweit es von einer Ungleichbehandlung „zwischen zinszahlungspflichtigen Steuernachzahlern und säumniszuschlagszahlungspflichtigen Versicherungsnehmern“ ausgeht, arbeitet es einen mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG gleichheitsrechtlich relevanten Bezugspunkt nicht heraus. Das Amtsgericht geht davon aus, dass die auf Steuerpflichtige einerseits und Versicherungsnehmer andererseits jeweils Anwendung findenden Normen des § 233 a Abs. 1 AO und des § 193 Abs. 6 Satz 2 VVG derart miteinander vergleichbar sind, dass sich aus der Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 233 a Abs. 1 AO „erst recht“ eine Verfassungswidrigkeit des § 193 Abs. 6 Satz 2 VVG ergibt. Dafür fehlt es an einer tragfähigen Begründung. Das Amtsgericht hätte darlegen müssen, inwieweit Versicherungsnehmer im Hinblick auf diese Konstellation mit Steuerpflichtigen vergleichbar sind. Es fehlt vor diesem Hintergrund bereits an einer hinreichenden einfach-rechtlichen Auseinandersetzung sowohl mit der vorgelegten Regelung des § 193 Abs. 6 Satz 2 VVG als auch mit der ihr gegenübergestellten Vorschrift des § 233 a Abs. 1 AO. Damit wird die für einen „Erst-Recht-Schluss“ erforderliche Vergleichbarkeit beider Normen und somit der ihnen unterfallenden Personengruppen nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Die nach § 233 a AO geregelte Vollverzinsung soll stark typisierend objektive Zins- und Liquiditätsvorteile erfassen, die dadurch entstehen, dass zwischen Entstehung des Steueranspruchs und seiner Fälligkeit nach Festsetzung ein Zeitraum von mehreren Jahren liegen kann. Nachzahlungszinsen sind dementsprechend – anders als etwa ein Verspätungszuschlag – weder Sanktion noch Druckmittel, sondern ein Ausgleich für die Kapitalnutzung. Der in § 193 Abs. 6 Satz 2 VVG geregelte
Schließlich setzt sich das Amtsgericht nicht mit dem Grund für eine vergleichsweise hohe Verzinsung im Kontext versicherungsrechtlicher Besonderheiten auseinander. Der in § 193 Abs. 6 VVG geregelte Mechanismus tritt aufgrund der Bedeutung des Krankenversicherungsschutzes für den Versicherungsnehmer an die Stelle des sonst bei Zahlungsverzug bestehenden Kündigungsrechts des Versicherers. Dem Versicherer fehlt trotz andauernder Verletzung der Hauptleistungspflichten durch den Versicherungsnehmer die Möglichkeit, sich durch die Ausübung eines Gestaltungsrechts vom Vertrag zu lösen. Er muss stattdessen den Versicherungsvertrag im Notlagentarif fortsetzen und weitere Leistungen erbringen, weshalb es für ihn und letztlich die gesamte Versichertengemeinschaft von gesteigertem Interesse ist, den Versicherungsnehmer zu der Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.05.2022
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)
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