kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH
Dies ist die mobile Version von kostenlose-urteile.de - speziell optimiert für Smartphones.
Klicken Sie hier, wenn Sie lieber die klassische Version für Desktop-PCs und Tablets nutzen wollen.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Strafvorschrift in § 10 Abs. 1 und 3 Rindfleischetikettierungsgesetz (RiFlEtikettG) mit den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen (Art. 103 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG sowie Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) unvereinbar und nichtig. Zwar darf der Gesetzgeber die Beschreibung eines Straftatbestandes durch Verweisung auf eine andere Vorschrift ersetzen (Blankettstrafgesetz). Die Verweisung in § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG lässt jedoch nicht hinreichend klar erkennen, welche Verstöße gegen unionsrechtliche Vorgaben sanktioniert werden sollen.
Mit Urteil vom 31. Mai 2012 verurteilte das Amtsgericht Tiergarten den geständigen Angeklagten des Ausgangsverfahrens wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Rindfleischetikettierungsgesetz zu einer Geldstrafe. Das Landgericht Berlin hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG zur Entscheidung vorgelegt (Art. 100 Abs. 1 GG). Es hält die Strafvorschrift wegen Verstoßes gegen die Bestimmtheitsanforderungen (Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) für eine unzulässige Blankettstrafnorm.
Das Bundesverfassungsgericht verwies in seiner Entscheidung darauf, dass Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Dadurch soll zum einen sichergestellt werden, dass der
In seiner Funktion als Bestimmtheitsgebot enthält Art. 103 Abs. 2 GG die Verpflichtung, wesentliche Fragen der Strafwürdigkeit oder Straffreiheit im demokratisch-parlamentarischen Willensbildungsprozess zu klären. Der
Bei einem Blankettstrafgesetz ersetzt der
Diesen Bestimmtheitsanforderungen (Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG) wird § 10 Abs. 1 und 3 RiFlEtikettG nicht gerecht. § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG ist eine Blankettstrafnorm, die die Strafandrohung nach Art und Maß der Strafe regelt, den Straftatbestand aber lediglich als Zuwiderhandlung gegen eine unmittelbar geltende
§ 10 Abs. 3 RiFlEtikettG genügt darüber hinaus auch nicht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Gesetze, die zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigen, müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Danach soll sich das Parlament seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft nicht dadurch entäußern können, dass es einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Exekutive überträgt. Die Ermächtigungsnorm muss in ihrem Wortlaut nicht so genau wie irgend möglich gefasst sein; sie hat von Verfassungs wegen nur hinreichend bestimmt zu sein.
§ 10 Abs. 3 RiFlEtikettG fehlt es - auch in Verbindung mit § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG - an einer gesetzgeberischen Entscheidung zu Inhalt und Programm der erteilten Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung. Es ist weder erkennbar noch vorhersehbar, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz der Verordnungsgeber von dieser Ermächtigung Gebrauch machen wird und welchen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassene Verordnung haben kann. Es handelt sich daher um eine unzulässige pauschale Blankoermächtigung zur Schaffung von Straftatbeständen bei Verstößen gegen gemeinschaftsrechtliche Regelungen zur Rindfleischetikettierung.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 07.11.2016
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/BVerfG_2-BvL-115_BVerfG-erklaert-Strafvorschrift-im-Rindfleischetikettierungsgesetz-fuer-verfassungswidrig~N23385
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Dokument-Nr. 23385
kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH
Die Redaktion von kostenlose-urteile.de gibt sich größte Mühe bei der Zusammenstellung interessanter Urteile und Meldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann kostenlose-urteile nicht die fachkundige Rechtsberatung in einem konkreten Fall ersetzen.
Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.