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Teile des Bundeswahlgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und eine Neuregelung bis 2011 gefordert. Verfassungswidrig ist das so genannte negative Stimmengewicht. Dieses kann einer Partei trotz zusätzlicher Zweitstimmen weniger Mandate bescheren. Dies verletze den Grundsatz der Wahlgleichheit und führe zu willkürlichen Ergebnissen. Der derzeitige Bundestag könne aber trotz dieses Wahlfehlers weiter fortbestehen, entschieden die Richter.
Lesetipp - refrago:
Der durch § 7 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 4 und 5 Bundeswahlgesetz bewirkte Effekt des negativen Stimmgewichts kann dazu führen, dass in bestimmten Konstellationen abgegebene Zweitstimmen für solche Parteien, die
Unter dem Begriff des negativen Stimmgewichts werden unterschiedliche Paradoxien im Verfahren der Mandatszuteilung zusammengefasst, denen gemeinsam ist, dass der Gewinn von Zweitstimmen einer Partei bei genau dieser Partei zu einem Mandatsverlust führen kann. Der Effekt kann auch in umgekehrter Richtung derart auftreten, dass der Verlust von Zweitstimmen zu einem Mandatsgewinn führt.
Bei Bundestagswahlen kann das negative Stimmgewicht beim Entstehen von Überhangmandaten gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 5 Bundeswahlgesetz auftreten. Stehen der Zahl der gewählten Wahlkreisbewerber einer Partei in einem Land nur ebenso viele oder weniger nach Zweitstimmen auf der Landesliste (unter)verteilte Sitze gegenüber, dann kann es für die Partei günstiger sein, weniger Zweitstimmen in einem Bundesland zu erhalten, wenn dadurch die Sitzzahl in der bundesweiten Oberverteilung zwischen den verschiedenen Parteien nicht beeinflusst wird. Einfluss hat die niedrigere Stimmzahl dann allein auf die Unterverteilung der Sitze auf die einzelnen Landeslisten der betroffenen Partei. Denn eine niedrigere Anzahl an Zweitstimmen kann bei der Verteilung der bei der Unterverteilung übrig gebliebenen Reststimmen dazu führen, dass eine andere Landesliste vorrangig zum Zuge kommt. Je enger die Nachkommaanteile des ungerundeten Sitzanspruchs zweier Länder liegen, nach denen sich die Verteilung der Reststimmen bemisst, desto eher kann - wenn mindestens in einem dieser Länder
Der Effekt des negativen Stimmgewichts kann in den seltenen Fällen ausgenutzt werden, in denen eine Nachwahl an einem anderen Tag als dem Tag der Hauptwahl durchgeführt wird und das Ergebnis der Hauptwahl vor der Nachwahl bekannt ist. In diesen Fällen können Berechnungen dazu angestellt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen der Effekt des negativen Stimmgewichts eintreten kann, und die Wähler der Nachwahl können sich in ihrem Wahlverhalten hierauf einstellen. Dies war bei der
Die Beschwerdeführer halten die Möglichkeit, dass der Effekt des negativen Stimmgewichts auftreten kann, für
Dieser Effekt des negativen Stimmgewichts verletzt die Grundsätze der Gleichheit und Unmittelbarkeit der
Der Wahlfehler wirkt sich zwar auf die Zusammensetzung des 16. Deutschen Bundestages aus, führt aber nicht zu dessen Auflösung, da das Interesse am Bestandsschutz der im Vertrauen auf die Verfassungsmäßigkeit des Bundeswahlgesetzes zusammengesetzten Volksvertretung überwiegt. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, spätestens bis zum 30. Juni 2011 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen.
Im Zusammenhang mit der erhobenen Wahlprüfungsbeschwerde hatte der Zweite Senat auch über die Frage zu entscheiden, ob die nichtöffentliche Neuauszählung von Stimmen in einigen Wahlkreisen durch den Kreiswahlleiter gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit der
I. Soweit der Beschwerdeführer zu 2. sich gegen die nichtöffentliche Neuauszählung der Stimmen in einigen Wahlkreisen wendet, ist die Wahlprüfungsbeschwerde unbegründet. Aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der
II. Der Effekt des negativen Stimmgewichts verletzt den Grundsatz der
1. Die Erfolgswertgleichheit fordert, dass der Erfolgswert jeder Stimme, für welche Partei sie auch immer abgegeben wurde, gleich ist. Dies bedeutet auch, dass sie für die Partei für die sie abgegeben wurde, positive Wirkung entfalten können muss. Ein Wahlsystem, das darauf angelegt ist oder doch jedenfalls in typischen Konstellationen zulässt, dass ein Zuwachs an Stimmen zu Mandatsverlusten führt oder dass für den Wahlvorschlag einer Partei insgesamt mehr Mandate erzielt werden, wenn auf ihn selbst weniger oder auf einen konkurrierenden Vorschlag mehr Stimmen entfallen, führt zu willkürlichen Ergebnissen und lässt den demokratischen Wettbewerb um Zustimmung bei den Wahlberechtigten widersinnig erscheinen. Der Effekt des negativen Stimmgewichts beeinträchtigt aber auch die Erfolgschancengleichheit der Stimmen. Diese erlaubt zwar, dass - wie z.B. im Mehrheitswahlrecht - Stimmen nicht gewertet werden, nicht aber, dass einer Wahlstimme neben der Chance, zum beabsichtigten Erfolg beizutragen, auch die Gefahr, dem eigenen Wahlziel zu schaden, innewohnt.
2. Die Beeinträchtigung der
Die Regelungen, aus denen sich der Effekt des negativen Stimmgewichts ergibt, dienen Belangen des föderalen Proporzes. Föderale Belange können zwar grundsätzlich bei der Ausgestaltung des Wahlrechts berücksichtigt werden. Diese Aspekte bilden jedoch keinen zwingenden Grund, der geeignet wäre, den Effekt des negativen Stimmgewichts zu rechtfertigen. Der Eingriff in die
Der Effekt des negativen Stimmgewichts ist auch keine zwangsläufige Folge einer mit der Personenwahl verbundenen Verhältniswahl. Der Effekt hängt von verschiedenen Faktoren, vor allem aber von der Konzeption der Verrechnung der Erst- mit den Zweitstimmenmandaten ab, die das Wahlsystem als solche nicht determinieren. Von Verfassungs wegen ist der Gesetzgeber nicht gehindert, eine mit der Personenwahl verbundene Verhältniswahl ohne den Effekt des negativen Stimmgewichts anzuordnen.
III. Die Regelung verletzt auch die verfassungsrechtlich verbürgte Unmittelbarkeit der
IV. § 7 Abs. 3 in Verbindung mit § 6 Abs. 4 und 5 BWG ist daher
Der Wahlfehler hat auch Mandatsrelevanz. Es handelt sich bei diesem Effekt nicht um eine sehr seltene Ausnahme, sondern er wirkt sich regelmäßig auf das Wahlergebnis aus, wenn bei einer
Gleichwohl führt der Wahlfehler nicht zur Ungültigerklärung der
V. Dem Gesetzgeber ist eine angemessene Frist einzuräumen, die
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.07.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilungen des BVerfG
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Dokument-Nr. 6313
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