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Die Regelung des thüringischen Ladenöffnungsgesetzes, nach der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen im Regelfall an mindestens zwei Samstagen im Monat nicht beschäftigt werden dürfen, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht. Eine Gesetzgebungskompetenz des Landes ergibt sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, denn der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nicht abschließend Gebrauch gemacht. Die Vorschrift ist auch materiell mit der Verfassung vereinbar; insbesondere ist der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin verhältnismäßig.
Die Beschwerdeführerin des zugrunde liegenden Verfahrens betreibt eine Verkaufsstelle der Möbelbranche. Sie wendet sich gegen § 12 Abs. 3 des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes (ThürLadÖffG). Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind für im
Die Öffnungszeiten von Verkaufsstellen sowie diese flankierende Arbeitnehmerschutzvorschriften waren seit 1956 bundesrechtlich im
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die angegriffene Vorschrift vom Landesgesetzgeber kompetenzgemäß erlassen worden ist. Die Länder haben gemäß Art. 70 Abs. 1 GG das Recht der Gesetzgebung, soweit sie das Grundgesetz nicht dem Bund verleiht. Für die Gesetzgebungsmaterie des Ladenschlusses sind nach Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG die Länder zur Gesetzgebung befugt. Das Arbeitsrecht einschließlich des Arbeitsschutzrechts ist demgegenüber gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes.
Die angegriffene Regelung fällt nicht als Regelung des „Ladenschlusses“ unter die Bereichsausnahme des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zugunsten der Länder.
Das Grundgesetz selbst bestimmt den Begriff „Ladenschluss“ in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG nicht näher. Nach dem gängigen Wortsinn wird hiermit die tägliche Verkaufszeit in Einzelhandelsgeschäften umschrieben; Beschäftigungsbedingungen sind nicht umfasst. Hierfür spricht auch die Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat in Ansehung des damaligen Ladenschlussgesetzes lediglich eine Kompetenznorm zugunsten des Bundes (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) verändert, obwohl das Gesetz stets auf zwei Kompetenztitel (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG und Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) gestützt wurde. Das
Eine Regelung der samstäglichen Arbeitszeit im Wege eines Freistellungsanspruchs ist mit dem Ladenschlussrecht nicht derart zwingend verzahnt, dass sie von dieser geschriebenen Gesetzgebungskompetenz der Länder mit erfasst wäre. Eine Landeskompetenz ergibt sich nicht kraft Sachzusammenhangs. Arbeitszeitliche Regelungen erfassen weite Teile des Arbeitslebens und sind nicht ladenschlussspezifisch. Für die angegriffenen Regelungen besteht eine Gesetzgebungskompetenz des Landes Thüringen aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder nach Art. 72 Abs. 1 GG allerdings die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Zuständigkeit nicht Gebrauch gemacht hat. Dies ist hier der Fall.
Ein Gebrauchmachen in diesem Sinne liegt vor, wenn ein Bundesgesetz eine bestimmte Frage erschöpfend regelt. Maßgeblich für die Bestimmung seiner Reichweite sind der Wortlaut, der Regelungszweck und die Gesetzgebungsgeschichte. Entscheidend ist, dass ein bestimmter Sachbereich umfassend und lückenlos geregelt ist oder nach dem objektiv erkennbaren Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte. Hiernach ergibt sich aus § 17 Abs. 4 LadSchlG des Bundes gegenüber den Ländern keine Sperrwirkung, soweit sie über den dort vorgesehenen Freistellungsanspruch von nur einem
Die bundesgesetzliche Norm beschränkt nach ihrem Wortlaut den Freistellungsanspruch auf einen
Dem Bundesgesetzgeber ist es im Rahmen der grundgesetzlichen Kompetenzordnung allerdings unbenommen, einheitliche oder abschließende arbeitszeitrechtliche Vorgaben zum Ladenschluss zu machen. Werden solche Bundesregelungen verabschiedet, träte gemäß Art. 72 Abs. 1 GG eine Sperrwirkung ein, die zur Nichtigkeit des bereits erlassenen Landesrechts führen würde.
Die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG ist materiell mit dem Grundgesetz vereinbar. Sie greift zwar in die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin ein, indem sie den gewünschten Einsatz der von ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen für den
Das Gesetz zielt auf den Arbeitsschutz und den Schutz der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie und damit auf Gemeinwohlbelange, die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit zu rechtfertigen vermögen. Der Gesetzgeber will so auf die mit den Ausweitungen der Ladenöffnungszeiten verbundene Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Einzelhandel reagieren, die sowohl die Gesundheit wie das Familienleben beeinträchtigen können.
Die Regelung ist verhältnismäßig und insbesondere angemessen. Die Berufsausübungsfreiheit wird durch § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG nur geringfügig beschränkt. Sie hindert die betroffenen Unternehmen nicht etwa daran, ihre Geschäfte an umsatzstarken Samstagen zu öffnen. Allerdings erzwingt sie organisatorische Vorkehrungen in personeller Hinsicht. Damit entstehen für die Unternehmen voraussichtlich zusätzliche Kosten; auch können sich Umsatzeinbußen ergeben, wenn nicht alle erfahrenen Fachkräfte an allen besonders frequentierten Samstagen zur Verfügung stehen. Doch kann der Gesetzgeber die Belange des Schutzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als überwiegend erachten. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die angegriffene Regelung nicht nur die erwünschten positiven Wirkungen auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat, sondern auch negative Effekte, da sie einer flexiblen Aufteilung von Betreuungsaufgaben im Wege stehen kann. Vorliegend überschreitet der Gesetzgeber seinen Ausgestaltungsspielraum jedoch nicht, wenn er zur Arbeitszeit im Handel an Wochenenden normativ begrenzte Vorgaben macht.
Der Beschluss ist weder mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes noch mit der dazu bisher ergangenen Rechtsprechung beider Senate vereinbar.
Der Bund hat von seiner Kompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zur Arbeitszeitregelung gemäß Art. 72 Abs. 1 GG abschließend Gebrauch gemacht. Er hat den Sachbereich der Samstagsarbeit in § 17 Abs. 4 LadSchlG vollständig geregelt, indem er Beschäftigten im Einzelhandel einen individuellen Anspruch auf einen freien
Die spätere Änderung des Grundgesetzes kann schwerlich rückwirkend aus der abschließenden Wahrnehmung einer Bundeskompetenz eine nicht abschließende machen. Hierfür wäre nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats eine ausdrückliche Gesetzesänderung durch Einfügung einer Abweichungsklausel erforderlich, um dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gesetzesklarheit gerecht zu werden.
Darüber hinaus weicht das Gesetz durch die Ersetzung des subjektiven Rechts auf einen arbeitsfreien
Angesichts des Verstoßes gegen die grundgesetzlichen Gesetzgebungskompetenzen kann im Ergebnis offen bleiben, ob die paternalistische Landesregelung materiell die Grundrechte verletzt. Jedenfalls ist die Grundrechtsabwägung unvollständig, weil sie den Wechsel von dem bundesrechtlichen subjektiven Recht auf das landesgesetzliche objektive Arbeitsverbot im Einzelhandel an zwei Samstagen im Hinblick auf die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nicht reflektiert. Durch das Arbeitsverbot wird das Gewicht, das der thüringische Gesetzgeber der Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin entgegensetzen kann, erheblich vermindert. So ist es eben keineswegs notwendigerweise im Interesse vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn sie jeden zweiten
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 11.03.2015
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
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