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Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Beschwerdeführerin – Herausgeberin einer Tageszeitung – in ihrer Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt ist, indem ihr die Äußerung „Den Staat lehne [der Antragsteller] (…) ab“ mit der Begründung gerichtlich untersagt wurde, dass für diese Meinung kein Mindestbestand an tatsächlichen Anknüpfungstatsachen festzustellen sei. Die Berichterstattung betrifft einen Beitrag über eine aus Sicht ehemaliger Mitglieder sektenähnliche Gemeinschaft, der der Antragsteller des Ausgangsverfahrens vorstehe.
Die Beschwerdeführerin ist Herausgeberin einer Tageszeitung, in deren Onlineausgabe sie am 4. September 2020 einen Beitrag mit dem Titel „Aussteiger packen aus: So geht es in der Guru-Gemeinschaft zu“ veröffentlichte. Der Bericht beleuchtet kritisch inhaltliche Ausrichtung, Strukturen und Hierarchien innerhalb einer aus Sicht ehemaliger Mitglieder sektenähnlichen Gemeinschaft, der der Antragsteller des Ausgangsverfahrens vorstehe. In dem Beitrag heißt es unter Bezugnahme auf die Aussage einer ehemaligen „Schülerin“: „Den Staat lehne [der Antragsteller] (…) - der sich seine Seminargebühren auch in bar bezahlen lässt - ab (…)“. Anders als die Ausgangsinstanz untersagte das Oberlandesgericht die Verbreitung der angegriffenen Äußerung. Trotz des grundsätzlichen Vorrangs freier Meinungsäußerung sei die Äußerung einer abschätzigen Meinung unzulässig, wenn gemessen an der Eingriffsintensität kein Mindestbestand an tatsächlichen Anknüpfungstatsachen festzustellen sei. Vorliegend fehle es an Anknüpfungstatsachen, die ansatzweise die Meinung belegten, dass der Antragsteller tatsächlich in einem weiten Sinne den Staat ablehne. Mit ihrer
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Zudem wird der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit verkürzt, soweit es der angegriffenen Äußerung eine "erhöhte Eingriffsintensität" beimisst, ohne zu begründen, inwieweit die Einschätzung, der Antragsteller lehne „den Staat“ ab, überhaupt abschätzig oder geeignet sein soll, ihn in der öffentlichen Wahrnehmung herabzusetzen. Verfassungsrechtlich keinen Bestand haben kann die angegriffene Entscheidung aber auch insoweit, als das Oberlandesgericht meint, selbst die Wahrnehmung eines öffentlichen Interesses könne die Verbreitung der angegriffenen Äußerung nur dann rechtfertigen, wenn die Beschwerdeführerin davon habe ausgehen dürfen, über hinreichende Anknüpfungstatsachen für die Haltung des Antragstellers zu verfügen, „den Staat“ abzulehnen. Damit entzieht die Entscheidung in verfassungsrechtlich nicht tragbarer Weise den Informationswert der angegriffenen Berichterstattung von vornherein jeder Abwägung und verkürzt überdies Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit im öffentlichen Meinungskampf, die bei öffentlich zur Diskussion gestellten, gesellschaftliches Interesse erregenden Beiträgen selbst mit scharfen
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.01.2023
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)
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