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Wer in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert ist, hat einen verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf freie Wahl der Arznei- und Hilfsmittel zum Schutz seines Lebens. Im Notfall müssen Krankenkassen auch alternative Behandlungsmethoden bezahlen, selbst wenn sie nicht als gängige Methode im Leistungskatalog der Kassen aufgeführt sind.
Die
Das Bundesverfassungsgerichts hob das angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts auf, das eine Leistungspflicht der
Der Beschwerdeführer war von 1992 bis 1994 in einer Ersatzkasse als Familienangehöriger versichert. Er leidet an der Duchenne’schen Muskeldystrophie. Diese Krankheit tritt ausschließlich beim männlichen Geschlecht auf, und zwar mit einer Häufigkeit von 1:3.500. Die Krankheit manifestiert sich in den ersten Lebensjahren; ihr prognostizierter Verlauf ist fortschreitend. Mit dem Verlust der Gehfähigkeit ist normalerweise zwischen dem 10. und 12. Lebensjahr zu rechnen; es tritt zunehmend Ateminsuffizienz auf. Die Krankheit äußert sich auch in Wirbelsäulendeformierungen, Funktions- und Bewegungseinschränkungen von Gelenken sowie in Herzmuskelerkrankungen. Die Lebenserwartung ist stark eingeschränkt. Üblicherweise wird nur eine symptomorientierte Behandlung durchgeführt. Bislang gibt es keine wissenschaftlich anerkannte Therapie, die eine Heilung oder eine nachhaltige Verzögerung des Krankheitsverlaufs bewirken kann.
Seit September 1992 befindet sich der Beschwerdeführer in Behandlung bei einem Facharzt für Allgemeinmedizin. Bei dieser Behandlung werden neben Thymuspeptiden, Zytoplasma und homöopathischen Mitteln hochfrequente Schwingungen angewandt. Bis Ende 1994 hatten die Eltern des Beschwerdeführers dafür einen Betrag von 10.000 DM aufgewandt. Die Ärzte der Orthopädischen Klink der Technischen Hochschule A. und eine mitbetreuende Ärztin hielten den bisherigen Krankheitsverlauf für günstig. Seit Herbst 2000 ist der Beschwerdeführer, der eine öffentliche Schule besucht, auf einen Rollstuhl angewiesen. Der Antrag auf Übernahme der entstandenen Kosten für die Therapie wurde von der
Die Entscheidung des Bundessozialgerichts steht nicht im Einklang mit dem Grundgesetz. Es ist mit Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip nicht vereinbar, den Einzelnen unter bestimmten Voraussetzungen einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Die angegriffene Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch durch das Bundessozialgericht ist in der extremen Situation einer krankheitsbedingten Lebensgefahr auch nicht mit der Schutzpflicht des Staates für das Leben zu vereinbaren. Übernimmt der Staat mit dem System der gesetzlichen
In derartigen Fällen haben daher die im Streitfall vom Versicherten angerufenen Sozialgerichte zu prüfen, ob es für die vom Arzt nach gewissenhafter fachlicher Einschätzung vorgenommene oder von ihm beabsichtigte Behandlung ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Heilungserfolg oder auch nur auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im konkreten Einzelfall gibt.
Es ist mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.12.2005
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 126/05 des BVerfG vom 16.12.2005
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Dokument-Nr. 1501
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