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Abgaben zum Vorteilsausgleich dürfen nicht zeitlich unbegrenzt nach der Erlangung des Vorteils festgesetzt werden. Dem Gesetzgeber obliegt es vielmehr, für einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Beitragserhebung und dem Interesse des Beitragsschuldners an Klarheit über seine Inanspruchnahme zu sorgen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Zugleich erklärte das Gericht eine Vorschrift des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes für unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit, da diese das Interesse des Beitragsschuldners an einer zeitlichen Grenze für die Abgabenerhebung völlig unberücksichtigt lässt. Der Landesgesetzgeber ist gehalten, bis 1. April 2014 eine verfassungsgemäße Neureglung zu schaffen.
Nach dem bayerischen Landesrecht beträgt die Frist, in der kommunale Beiträge festgesetzt werden dürfen, vier Jahre. Im Regelfall beginnt diese Frist mit dem Ablauf des Jahres, in dem die
Der Beschwerdeführer war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Gemeinde fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war. Für die ausgebaute Dachgeschossfläche zog sie den Beschwerdeführer allerdings erst mit Nacherhebungsbescheid vom 5. April 2004 zu einem Kanalherstellungsbeitrag heran. Grundlage hierfür war eine Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000, die die Gemeinde zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt hatte. Während des Widerspruchsverfahrens erwies sich auch diese Satzung als unwirksam. Die Gemeinde erließ daraufhin eine neue Satzung und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Die neue Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Gemeinde bekanntgemacht.
Die Klage des Beschwerdeführers gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid der Gemeinde blieb sowohl vor dem Verwaltungsgericht als auch vor dem Verwaltungsgerichtshof erfolglos.
Die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde ist zulässig und begründet, soweit sie auf eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der
Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit rückwirkender Gesetze sind im vorliegenden Fall nicht verletzt. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes selbst entfaltet dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rückwirkung. Die Norm trat zum 1. Januar 1993 in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt lag noch keine wirksam heilende Satzung im Sinne der Vorschrift vor. Eine solche wurde auch später nicht zum oder vor dem 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt. Unabhängig von der Neuregelung hatte die
Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes besagt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen
Soweit Beitragspflichten zum Vorteilsausgleich an zurückliegende Tatbestände anknüpfen, ist es verfassungsrechtlich geboten, diese Inanspruchnahme zeitlich zu begrenzen. Die
Für die Erhebung von Beiträgen zum Vorteilsausgleich ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist. Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Der Grundsatz der
In Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes hat es der Gesetzgeber verfehlt, den erforderlichen Ausgleich zwischen
Da dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, kommt vorliegend nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht. Sie führt dazu, dass die verfassungswidrige Vorschrift von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden darf. Laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen diese Vorschrift entscheidungserheblich ist, bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens aber bis zum 1. April 2014, ausgesetzt oder sind auszusetzen. Trifft der Gesetzgeber bis zum 1. April 2014 keine Neuregelung, tritt Nichtigkeit der verfassungswidrigen Vorschrift ein.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.04.2013
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
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Dokument-Nr. 15549
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