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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28.02.2008
1 BvR 2137/06 -

Betriebsrenten: Verdoppelung der Beitragslast seit 2004 ist zulässig

Rentner scheitern mit Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht

Die Krankenversicherung der Rentner wird unter anderem durch Beiträge finanziert, die der Versicherte zu tragen hat. Neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen insbesondere die der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht. Die Beitragshöhe bestimmt sich bei Renten der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem vollen Beitragssatz. Allerdings wird die Hälfte ihres Beitrages vom Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt. Für Versorgungsbezüge hingegen wurde bis Ende 2003 nur der halbe Beitragssatz erhoben; diesen hatten die Versorgungsempfänger alleine zutragen. Aufgrund einer Rechtsänderung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung ist ab 2004 nun auch für Versorgungsbezüge der volle Beitragssatz zu entrichten. Dies hat zu einer Verdoppelung der Beitragslast auf Versorgungsbezüge geführt.

Die sechs Beschwerdeführer sind als Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert. Neben der Rente beziehen sie Versorgungsbezüge, auf die ab 2004 durch die Krankenkassen Beiträge nach dem vollen Beitragssatz erhoben wurden. Ihre Klage gegen die Verdoppelung der Beitragslast blieb vor den Sozialgerichten ohne Erfolg.

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Als Teil eines Maßnahmekatalogs zur Erhaltung der Stabilität des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung sei die Verdoppelung der Beitragslast verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Dem Nichtannahmebeschluss liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

1. Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht verletzt. Auf der Ebene des Beitragssatzes hat das Gesetz nicht eine Ungleichbehandlung eingeführt, sondern eine bis dahin bestehende Ungleichbehandlung beseitigt, welche die Empfänger von Versorgungsbezügen im Vergleich zu den Beziehern einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung begünstigte. Denn Rentenbezieher mussten auch schon vor dem 1. Januar 2004 Beiträge nach dem allgemeinen Beitragssatz entrichten. Eine Ungleichbehandlung erfahren die Empfänger von Versorgungsbezügen erst auf der Ebene der Beitragslast, da bei Versicherungspflichtigen, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, der Träger der Rentenversicherung die Hälfte der Beiträge übernimmt. Demgegenüber trägt der Bezieher von Versorgungsbezügen die Beiträge allein.

Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, die Versorgungsträger ebenso wie die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung an der Beitragslast zu beteiligen. Der Anspruch des Rentners, vom Rentenversicherungsträger zur Krankenversicherung einen Zuschuss zu erhalten, ist legitimiert, weil er letztlich auf Eigenleistungen des Versicherten in Form von Rentenversicherungsbeiträgen beruht, mit denen er nicht nur den Rentenanspruch, sondern auch den Krankenversicherungsschutz mitfinanziert. Demgegenüber widerspräche es dem Verantwortungsprinzip, Versorgungswerke und Zahlstellen unterschiedlichster Art, welche ihren Versicherten eine zusätzliche Altersabsicherung anbieten, für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner in die Pflicht zu nehmen.

2. Die Verdoppelung der Beitragslast auf Versorgungsbezüge ist auch nicht unverhältnismäßig. Die Maßnahme war zur Deckung einer zunehmenden Finanzierungslücke, deren Ursache der medizinische Fortschritt und die zunehmende Zahl älterer Menschen ist, erforderlich. Deckten 1973 die Beitragszahlungen der Rentner noch 70 % deren Leistungsaufwendungen, liegt diese Quote zwischenzeitlich nur noch bei 43 %. Der Gesetzgeber erwartete aus der zusätzlichen Belastung der Versorgungsbezüge Mehreinnahmen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro. Die damit verbundene Mehrbelastung war für die betroffenen Rentner zumutbar. Versorgungsbezüge machen regelmäßig nur einen geringen Teil der Alterseinkünfte aus. Selbst wenn in Einzelfällen die Versorgungsbezüge die anderen Einkünfte übersteigen, hat die Beitragsmehrbelastung keine grundlegende Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse im Sinne einer erdrosselnden Wirkung.

3. Die Verdoppelung der Beitragslast verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung steht bereits seit langem unter erheblichem Kostendruck. Angesichts der vielfältigen Bemühungen des Gesetzgebers in den vergangenen Jahren, sowohl auf der Einnahmeseite als auch auf der Ausgabenseite auf Gefährdungen des Systems zu reagieren, konnten die Versicherten in den Fortbestand privilegierender Regelungen nicht uneingeschränkt vertrauen. Zudem muss das mit der Regelung verfolgte Gemeinwohlziel der Erhaltung der Stabilität des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung als gewichtiger angesehen werden.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 04.04.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 47/08 des BVerfG vom 04.04.2008

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