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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.06.2013
1 BvR 1501/13 -

BVerfG lehnt Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Fusion von Universität und Fachhochschule Lausitz ab

Durch Fusion verursachte unumkehrbare und unzumutbare Beeinträchtigungen für Studenten nicht erkennbar

Das Bundes­verfassungs­gericht hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das brandenburgische Landesgesetz zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz abgelehnt. Das Gericht hat seine Entscheidung auf Grundlage einer Folgenabwägung getroffen. Das Gesetz tritt am 1. Juli 2013 in Kraft. Die nähere verfassungs­rechtliche Prüfung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Im zugrunde liegenden Fall wandten sich zwei Fakultäten der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU Cottbus) gegen Normen des Gesetzes zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz. Durch dieses Gesetz sollen u.a. ihre Universität und die Fachhochschule Lausitz fusioniert werden. Die Beschwerdeführerinnen rügen insbesondere eine unzureichende Beteiligung ihrerseits wie auch ihrer Hochschule im Entscheidungsprozess zur Fusion. Sie befürchten schwere und irreparable Nachteile durch den Gesetzesvollzug und haben deswegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.

Verfassungsgericht des Landes Brandenburg weist Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung der BTU Cottbus zurück

Gegen das Gesetz haben auch die BTU Cottbus sowie deren Studierendenschaft - verbunden mit Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung - jeweils Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgericht des Landes Brandenburg erhoben. Dieses hat mit Beschluss vom 19. Juni 2013 den Antrag der BTU Cottbus auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Den Eilantrag der Studierendenschaft hat es mit Beschluss vom selben Tag als unzulässig verworfen.

Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dabei lediglich die Nachteile abzuwägen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber in der Hauptsache Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre.

Überwiegende Gründe sprechen nach Gesamtabwägung gegen Erlass einer einstweiligen Anordnung

Zwar ist die zugrunde liegende Verfassungsbeschwerde weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Jedoch ergibt eine Gesamtabwägung, dass überwiegende Gründe gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass im Fall der vorläufig weiteren Wirksamkeit des Gesetzes endgültige und nicht wiedergutzumachende Schäden von besonderem Gewicht oder nur unter ganz erheblichen Schwierigkeiten wieder ausräumbare vollendete Tatsachen geschaffen würden.

Kooperation muss nicht zwingend scheitern

Zwar ist es nicht undenkbar, dass eine Universität, die mit einer Fachhochschule fusioniert wird, Reputation in der Forschungskooperation einbüßt. Jedoch ist es keineswegs zwingend, dass Kooperationen scheitern. Die Planungssicherheit, die für eine Stiftung für die Bereitstellung von Drittmitteln von zentraler Bedeutung ist, bietet auch eine einstweilige Anordnung nicht. Soweit es um den Anspruch von Studierenden auf Durchführung und Beendigung eines begonnenen Studiums geht, ist zwar nicht irrelevant, nach welchen Kriterien immatrikuliert und auf welchem fachlichen Niveau studiert wird. Nach dem Gesetz bleiben alle Studierenden immatrikuliert und das Gesetz verändert auch nicht die Anerkennung von Leistungen. Unumkehrbare und unzumutbare Beeinträchtigungen, die durch die Fusion verursacht würden, sind nicht erkennbar.

Rückgang von Studierendenzahlen lässt sich nicht durch Eilentscheidung beenden

Der von den Beschwerdeführerinnen angeführte Rückgang von Studierendenzahlen hat bereits eingesetzt und lässt sich durch eine Eilentscheidung nicht beenden. Die gewünschte Planungssicherheit wird nur durch eine Entscheidung in der Hauptsache hergestellt. Das gilt auch für die befürchtete Abwanderung von Personal.

Dauer der Interims-Leitung durch Gründungsbeauftragten soll so kurz wie möglich bemessen sein

Soweit der vom Ministerium des Landes eingesetzte Gründungsbeauftragte die Hochschule leitet, ist nicht ersichtlich, dass damit unumkehrbare Fakten von entsprechendem Gewicht geschaffen würden. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Dauer dieser Interims-Leitung "so kurz wie möglich bemessen sein". Dem Gründungsbeauftragten stehen zudem mangels hinreichender Mitwirkung der Hochschullehrenden an seinen Entscheidungen von Verfassung wegen keine Befugnisse zu, wissenschaftsrelevante Entscheidungen zu treffen. Dies sieht das Gesetz auch nicht vor.

Entstehen überwiegender Nachteile ohne Erlass einer einstweilige Anordnung nicht feststellbar

Demgegenüber würde sich die Umsetzung der vom Landesgesetzgeber für dringend erforderlich gehaltenen Strukturentscheidungen verzögern, wenn das Bundesverfassungsgericht die begehrte einstweilige Anordnung erließe. Kann ein Überwiegen der Nachteile, die entstünden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, nicht festgestellt werden, fordert das gemeine Wohl den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 02.07.2013
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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