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Die gesetzlich angeordnete Verzinsung von Kartellgeldbußen, die durch einen Bescheid der Kartellbehörde festgesetzt worden sind, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte die entsprechende Regelung aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegt. Diese verstößt weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen die Garantie effektiven Rechtsschutzes.
Gemäß § 81 Abs. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sind seit 2005 Geldbußen wegen Kartellordnungswidrigkeiten in bestimmten Fällen zu verzinsen. Die Zinsverpflichtung betrifft nur Geldbußen, die gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen in einem Bußgeldbescheid der Kartellbehörde festgesetzt worden sind. Der jährliche Zinssatz beträgt - entsprechend der Regelung des BGB für Verzugszinsen - fünf Prozentpunkte über dem jeweils gültigen Basiszinssatz (derzeit: 4,87 % p. a.).
Im Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde zur Begründung der Vorschrift unter anderem ausgeführt, dass Unternehmen in der Praxis allein dadurch einen erheblichen Zinsgewinn erzielten, dass sie gegen den Bußgeldbescheid
Die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens betreibt ein Versicherungsunternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Gegen einen Bußgeldbescheid des Bundeskartellamts vom 17. März 2005 über insgesamt 6,4 Mio. Euro wegen vorsätzlicher Verstöße gegen das Kartellverbot (§ 1 GWB) legte sie
Im Jahr 2011 forderte das Bundeskartellamt die Antragstellerin auf, weitere rund 1,77 Mio. Euro als Zinsen auf die
Die zur Prüfung vorgelegte Vorschrift ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Sie verstößt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Die Beschränkung auf Kartellgeldbußen gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen lässt sich auf einen hinreichenden Sachgrund stützen. Der Gesetzgeber hält die Gefahr, dass Einsprüche zur Erzielung finanzieller Vorteile durch Verfahrensverzögerung rechtsmissbräuchlich eingelegt werden, in dieser Fallgruppe für besonders groß und will ihr entgegenwirken. Diese Einschätzung ist nachvollziehbar und bewegt sich im Rahmen seines Prognosespielraums. Der Gesetzgeber ist nicht gezwungen, das optimale Abgrenzungskriterium für die Erreichung seiner Ziele zu wählen, sondern kann sich darauf beschränken, ein Kriterium zu wählen, das zwar die wesentlichen, nicht aber alle denkbaren Fälle erfasst.
Für natürliche Personen mit Unternehmenseigenschaft besteht keine Verzinsungspflicht. Eine beachtliche Gefahr rechtsmissbräuchlicher Einspruchserhebungen lässt sich bei dieser Personengruppe jedoch schon deshalb nicht feststellen, weil Kartellgeldbußen gegen sie in nur unerheblicher Zahl verhängt werden. Zudem bleibt deren Höhe typischerweise deutlich hinter den Beträgen zurück, die gegen juristische Personen verhängt werden. Dies vermindert den Anreiz, einen
Auch für natürliche Personen ohne Unternehmenseigenschaft, gegen die sich Kartellgeldbußen aufgrund der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Organ- und Vertreterhaftung ebenfalls richten können, besteht keine Verzinsungspflicht. Die Zahl der Bußgeldbescheide gegen diese Personengruppe erreicht zwar eine Größenordnung, die der gegen juristische Personen nahekommt. Jedoch ist die Höhe der verhängten Geldbußen auch hier typischerweise geringer. Dies ist zum einen dadurch zu erklären, dass der erweiterte, über 1 Mio. Euro hinausreichende Bußgeldrahmen auf natürliche Personen ohne Unternehmenseigenschaft keine Anwendung findet. Zum anderen können Kartellgeldbußen ihrer Höhe nach auch dazu dienen, den wirtschaftlichen Vorteil abzuschöpfen, der sich aber regelmäßig nicht im Vermögen des handelnden Organs oder Vertreters niederschlägt sondern in dem des repräsentierten Unternehmens.
Es begegnet daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber von einer Erstreckung der Verzinsungspflicht auf natürliche Personen mit bzw. ohne Unternehmenseigenschaft abgesehen hat.
Auch aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber nur für Kartellgeldbußen - nicht aber in anderen Rechtsgebieten - eine Zinsverpflichtung geschaffen hat, folgt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Es fehlt insoweit bereits an vergleichbaren Sachverhalten, deren unterschiedliche Behandlung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG geprüft werden könnte, weil Ordnungswidrigkeiten dem jeweiligen Fachrecht zugeordnet sind.
Die Vorschrift ist schließlich nicht deshalb mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar, weil sie die
Die Pflicht zur
Mit der Verzinsungspflicht für Kartellgeldbußen verfolgt der Gesetzgeber zwar das Ziel, Unternehmen von Einsprüchen gegen Kartellbußgeldbescheide abzuhalten. Er zielt damit jedoch nur auf Einsprüche, die allein zur Erlangung finanzieller Vorteile eingelegt und noch vor einer gerichtlichen Entscheidung zurückgenommen werden sollen. Unternehmen, die auf diese Weise lediglich finanzielle Vorteile durch die verspätete Zahlung der gegen sie festgesetzten
Die Garantie effektiven Rechtsschutzes wird jedoch insoweit berührt, als sich - bei zunächst ernsthaft mit dem Ziel einer gerichtlichen Sachentscheidung eingelegtem
Ein solches Interesse kann insbesondere dann bestehen, wenn sich im Lauf des gerichtlichen Verfahrens die Gefahr einer strengeren Ahndung der Ordnungswidrigkeit manifestiert. Der Einspruchsführer muss mit einer solchen Verböserung grundsätzlich rechnen, weil das Kartellgericht bei seiner Entscheidung nicht an den Bußgeldbescheid gebunden ist. Da der angefochtene Bußgeldbescheid mit der
Eine unzumutbare rechtsschutzhemmende Wirkung ist damit jedoch nicht verbunden. Die Betroffenen können die Größenordnung der möglicherweise anfallenden Zinsen hinreichend im Voraus überschauen. Die Zinsen erreichen im Regelfall auch keine Größenordnung, die bei vernünftiger Betrachtung den Rechtsweg für die betroffenen Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen verstellen oder auch nur spürbar erschweren könnte. Bereits der - am Marktzins orientierte - Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz steht der Annahme einer rechtsschutzhemmenden Wirkung entgegen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Betroffenen während der gesamten Dauer des gerichtlichen Verfahrens entweder Zinsen für Kredite sparen oder - durch einen Einsatz der Gelder im operativen oder investiven Geschäftsbereich - Einnahmen erzielen können.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.01.2013
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
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Dokument-Nr. 15071
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