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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 07.11.2006
1 BvL 10/02 -

BVerfG erklärt Erbschaftsteuer in seiner derzeitigen Ausgestaltung für verfassungswidrig

Erbschaftsteuer verstößt gegen das Grundgesetz - Gleichheitssatz verletzt

Heute hat das Bundesverfassungsgericht seine seit fünf Jahren ausstehende Entscheidung zur Erbschaftssteuer verkündet. Die derzeitige Ausgestaltung des Erbschaftssteuerrechts ist verfassungswidrig. Es ging dabei um die Frage, ob Erben von Immobilien oder Betrieben weiterhin weniger Steuern bezahlen müssen, als Erben von Aktien oder Barvermögen. Hierin sah das Bundesverfassungsgericht eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Es hat den Gesetzgeber aufgefordert bis zum 31.12.2008 diesbezüglich Neuregelungen zu treffen.

Die durch § 19 Abs. 1 ErbStG angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Denn sie knüpft an Werte an, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes nicht genügt. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2008 eine Neuregelung zu treffen. Bis zu der Neuregelung ist das bisherige Recht weiter anwendbar. Dies entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 7. November 2006 (Tag der Beschlussfassung des Senats, nicht der Abfassung der schriftlichen Gründe).

Rechtlicher Hintergrund:

In § 19 Abs. 1 ErbStG ist unabhängig davon, aus welchen Vermögensarten sich Nachlass oder Schenkung zusammensetzen, für alle steuerpflichtigen Erwerbe einheitlich ein nach dem Wert des Erwerbs progressiver, in drei nach Verwandtschaftsgraden abgestuften Steuerklassen unterteilter Prozentsatz des Erwerbs als der Steuertarif bestimmt. Um mittels dieses Tarifs zu einem in Geld zu entrichtenden Steuerbetrag zu gelangen, müssen die dem steuerpflichtigen Erwerb unterfallenden Vermögensgegenstände in einem Geldbetrag ausgewiesen werden. Bei nicht als Geldsumme vorliegenden Steuerobjekten ist deshalb die Umrechnung in einen Geldwert mittels einer Bewertungsmethode erforderlich, um eine Bemessungsgrundlage für die Steuerschuld zu erhalten. Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz bestimmt, dass sich die Bewertung nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) richtet. Die Werte der einzelnen Vermögensgegenstände werden danach nicht einheitlich, sondern auf unterschiedliche Art und Weise ermittelt. Das Gesetz nennt als Regelfall den gemeinen Wert, also den Verkehrswert. Bei der Bewertung inländischen Grundbesitzes kommt in wichtigen Teilbereichen ein Ertragswertverfahren zur Ermittlung des Grundbesitzwerts zur Anwendung. Der Wert des Betriebsteils von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen bemisst sich nach seinem Ertragswert. Darüber hinaus bedient sich das Erbschaftsteuerrecht bei der Bewertung von Betriebsvermögen des Steuerbilanzwerts.

Die Vorlage durch den Bundesfinanzhof betrifft die Frage, ob die Anwendung des einheitlichen Steuertarifs gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG auf alle Erwerbsvorgänge wegen gleichheitswidriger Ausgestaltung der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage bei den unterschiedlichen Vermögensarten verfassungswidrig ist.

Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

I. Dem geltenden Erbschaftsteuerrecht liegt die Belastungsentscheidung des Gesetzgebers zugrunde, den beim jeweiligen Empfänger mit dem Erbfall oder der Schenkung anfallenden Vermögenszuwachs zu besteuern. Diese Belastungsentscheidung hat mit Blick auf den Gleichheitssatz Auswirkungen auf die Bewertung des anfallenden Vermögens als den ersten Schritt bei der Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage. Die gleichmäßige Belastung der Steuerpflichtigen hängt davon ab, dass für die einzelnen zu einer Erbschaft gehörenden wirtschaftlichen Einheiten und Wirtschaftsgüter Bemessungsgrundlagen gefunden werden, die deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden. Eine diesem Gebot genügende Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung ist nur dann gewährleistet, wenn sich das Gesetz auf der Bewertungsebene einheitlich am gemeinen Wert als dem maßgeblichen Bewertungsziel orientiert. Nur dieser bildet den durch den Substanzerwerb vermittelten Zuwachs an Leistungsfähigkeit zutreffend ab und ermöglicht eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Belastungsentscheidung. In der Wahl der Wertermittlungsmethode ist der Gesetzgeber grundsätzlich frei. Die Bewertungsmethoden müssen aber gewährleisten, dass alle Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfasst werden. Stellt der Gesetzgeber schon bei der Bewertung auf andere Bewertungsmaßstäbe ab, so löst er sich von seiner Belastungsgrundentscheidung und legt damit strukturell Brüche und Wertungswidersprüche des gesamten Regelungssystems an.

Bei den weiteren, sich an die Bewertung anschließenden Schritten zur Bestimmung der Steuerbelastung darf der Gesetzgeber auf den so ermittelten Wert der Bereicherung aufbauen und Lenkungszwecke, etwa in Form zielgenauer und normenklarer steuerlicher Verschonungsregelungen, ausgestalten. Die Bewertungsebene dagegen ist aus verfassungsrechtlichen Gründen bereits vom Ansatz her ungeeignet zur Verfolgung außerfiskalischer Förderungs- und Lenkungsziele im Erbschaftsteuerrecht.

II. Das geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht genügt diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht. Die erbschaftsteuerlichen Bewertungsvorschriften führen bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen nicht zu dem gemeinen Wert angenäherten Steuerwerten. Sie sind nicht ausreichend belastungsgleich und folgerichtig ausgestaltet.

1. Beim Betriebsvermögen verhindert die weitgehende Übernahme der Steuerbilanzwerte strukturell die Annäherung an den gemeinen Wert. Dies führt zu Besteuerungsergebnissen, die mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar sind:

Nach der gesetzlichen Regelung (§ 109 Abs. 1 BewG) werden die zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter mit ihrem Steuerbilanzwert angesetzt. Dieser stimmt aber nur in Ausnahmefällen mit dem jeweiligen Verkehrswert des Wirtschaftsguts (Teilwert) überein. So können durch bilanzpolitische Maßnahmen wie zum Beispiel die Wahl von degressiver oder linearer Abschreibung, Sofortabschreibungen oder erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen sowie auch durch spätere Wertsteigerungen so genannte stille Reserven – also vereinfacht ausgedrückt Differenzen zwischen dem Verkehrswert eines Wirtschaftsguts und seinem niedrigeren Buchwert – gebildet werden, die bei der Bewertung des Betriebsvermögens nicht berücksichtigt werden. Zudem fließen immaterielle Wirtschaftsgüter wie etwa der Geschäfts- oder Firmenwert eines Unternehmens in die erbschaftsteuerliche Bewertung nicht ein. Das hat regelmäßig zur Folge, dass der Steuerwert gerade von ertragstarken Unternehmen weit hinter dem gemeinen Wert zurückbleibt, weil der den Wert bestimmende Faktor des Ertrags keine Berücksichtigung findet. Die Übernahme der Steuerbilanzwerte bewirkt mithin für Betriebsvermögen mit hoher Wahrscheinlichkeit – wenn auch nicht stets – einen deutlich unter dem gemeinen Wert liegenden Steuerwert.

Darüber hinaus bewirkt die durch den Steuerbilanzwertansatz erzielte Begünstigungswirkung keine zielgerichtete und gleichmäßig wirkende Steuerentlastung, sondern tritt völlig ungleichmäßig und damit willkürlich ein. Durch den Steuerbilanzwertansatz ist die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage davon abhängig, ob und in welchem Umfang der Erblasser oder Schenker bilanzpolitische Maßnahmen ergriffen hat. Die vielfältigen Möglichkeiten, über die Bilanzpolitik Einfluss auf den erbschaftsteuerlichen Wertansatz zu nehmen, eröffnen sich den Inhabern von Betriebsvermögen in stark differierendem Ausmaß. Die Regelung kommt den Erwerbern von Betriebsvermögen folglich in ganz unterschiedlichem Umfang zugute.

Zudem fehlt es der Regelung mit Blick auf die vom Gesetzgeber genannten Lenkungsziele an einer ausreichend zielgerichteten Ausgestaltung. Mit der Übernahme der Steuerbilanzwerte wollte der Gesetzgeber insbesondere mittelständische Personenunternehmen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer entlasten. Tendenziell wird aber gerade der Übergang des Betriebsvermögens von solchen Unternehmen gefördert, die der Entlastung am wenigsten bedürfen. Denn begünstigt wird besonders der Erwerb ertragstarker Unternehmen, bei denen Entnahmen zur Begleichung der Erbschaftsteuerschuld am ehesten möglich sein dürften. Das Fehlen eines Nachversteuerungsvorbehalts führt zusätzlich dazu, dass auch Erwerber eines Betriebsvermögens in den Genuss der Steuerbegünstigung kommen, die eine Fortführung des Unternehmens nicht beabsichtigen.

2. Auch beim Grundvermögen genügt die erbschaftsteuerliche Ermittlung der Bemessungsgrundlage schon auf der Bewertungsebene nicht den Anforderungen des Gleichheitssatzes und führt deshalb zu Besteuerungsergebnissen, die mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren sind.

a) Bei bebauten Grundstücken wird durch das gesetzlich angeordnete (§ 146 Abs. 2 Satz 1 BewG) vereinfachte Ertragswertverfahren mit einem starren Einheitsvervielfältiger von 12,5 eine Bewertung mit dem gemeinen Wert regelmäßig verfehlt. Mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren wollte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien eine Bewertung mit durchschnittlich ca. 50 % des Kaufpreises – also des gemeinen Werts – erreichen und durch diese niedrige Erbschaftsbesteuerung Investitionsanreize für Grundvermögen schaffen sowie die Bau- und Wohnungswirtschaft positiv beeinflussen. Dieser gesetzgeberische Versuch einer steuerlichen Lenkung auf der Bewertungsebene steht aber in unauflösbarem Widerspruch zu den aus dem Gleichheitssatz folgenden verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Bewertungsmethode führt im rechnerischen Durchschnitt nicht nur zu Grundbesitzwerten, die etwa 50 % des gemeinen Werts erreichen, so dass eine Annäherung an den gemeinen Wert nicht erfolgt. Vielmehr differieren die Einzelergebnisse auch in erheblicher Anzahl zwischen weniger als 20 % und über 100 % des gemeinen Werts. Es ist offensichtlich, dass ein einheitlicher Vervielfältiger für bebaute Grundstücke ohne Berücksichtigung der Grundstücksart und der Lage zu erheblichen Bewertungsunterschieden im Verhältnis zum gemeinen Wert führen muss und der Bewertung daher Zufälliges und Willkürliches anhaftet.

Keiner abschließenden Prüfung und Entscheidung bedarf deshalb die Frage, ob der Gesetzgeber das auf der Bewertungsebene verfolgte Ziel, den Erwerb bebauter Grundstücke nur auf der Basis hälftiger Verkehrswerte mit Erbschaftsteuer zu belasten, verfassungsrechtlich zulässig auf der zweiten Ebene der Bemessungsgrundlagenermittlung – etwa im Wege einer eindeutigen Verschonungsbestimmung, nach der bebaute Grundstücke nur mit 50 % ihres gemeinen Werts zum Ansatz kommen – hätte erreichen können. Mit den Belangen der Bau- und insbesondere Wohnungswirtschaft hat der Gesetzgeber gewichtige Gemeinwohlgründe angeführt, die grundsätzlich geeignet erscheinen, Verschonungsnormen zu rechtfertigen, die den Erwerb von Grundvermögen aufgrund Erbschaft oder Schenkung steuerlich begünstigen. Die Frage, in welchem Umfang eine auf sie gestützte Entlastung verfassungsrechtlich zulässig wäre, kann aber hier offen bleiben.

b) Die in § 148 BewG – seiner bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung – geregelte Bewertung von Erbbaurechten und mit Erbbaurechten belasteten Grundstücken ist ebenfalls mit dem Erfordernis einer Bewertung, die die Wertverhältnisse in ihrer Relation realitätsgerecht abbildet, nicht vereinbar. Der Grundbesitzwert des belasteten Grundstücks wird schematisch starr durch einheitliche Vervielfältigung des nach den vertraglichen Bestimmungen im Besteuerungszeitpunkt zu entrichtenden jährlichen Erbbauzinses mit dem Faktor 18,6 bestimmt, ohne dass die Restlaufzeit des Erbbaurechts oder das Fehlen einer Heimfallentschädigung berücksichtigt oder die Höhe des Erbbauzinses hinterfragt werden. Das führt dazu, dass in einer Vielzahl von Fällen sowohl bei der Bewertung des Grundstücks als auch der des Erbbaurechts teils zugunsten des Erwerbers, teils zu seinen Lasten erheblich vom gemeinen Wert abgewichen wird. Zu dieser Erkenntnis ist auch der Gesetzgeber gelangt. Denn im Entwurf für das Jahressteuergesetz 2007 wird ausgeführt, die jetzige Regelung führe insbesondere bei kurzen Restlaufzeiten zu nicht vertretbaren Bewertungsergebnissen.

c) Schließlich entspricht auch die Wertermittlung für unbebaute Grundstücke (§ 145 BewG) der Anforderung, die Wertverhältnisse in ihrer Relation realitätsgerecht abzubilden, jedenfalls inzwischen nicht mehr. Grund hierfür ist die gesetzlich angeordnete, bis Ende 2006 geltende Festschreibung der Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1996. Die Preisentwicklung auf dem Grundstücksmarkt führt dazu, dass die vergangenheitsbezogenen Werte sowohl die Wertverhältnisse innerhalb der Gruppe der unbebauten Grundstücke nicht mehr in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden als auch nicht mehr den Gegenwartswerten anderer Vermögensgegenstände entsprechen. Damit führt die Wertbemessung nach dem bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Recht zu verfassungswidrigen Besteuerungsergebnissen.

3. Auch die Erbschaftsbesteuerung der Erwerber von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist in nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbarer Weise ausgestaltet. Bei den zu schätzenden, nicht börsennotierten Anteilen führt der vom Gesetzgeber angeordnete Steuerbilanzwertansatz zu Steuerwerten, die im Regelfall deutlich hinter der Teilbewertung zurückbleiben. Zwar sind nach den gesetzlichen Vorgaben – anders als beim Betriebsvermögen – die Ertragsaussichten des Unternehmens zu berücksichtigen. Gleichwohl werden durch den vom Gesetzgeber angeordneten Steuerbilanzwertansatz auch für die zu schätzenden Anteile an Kapitalgesellschaften Steuerwerte erzielt, die im Durchschnitt deutlich unter dem gemeinen Wert liegen. Darüber hinaus wirkt sich die Übernahme der Steuerbilanzwerte – wiederum parallel zum Betriebsvermögen – für die Anteile an Kapitalgesellschaften in ganz unterschiedlicher Weise aus. Die Gesellschaften sind in höchst unterschiedlichem Maße in der Lage, von den Bilanzierungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Das bewirkt zwingend eine große Streubreite der Steuerwerte im Verhältnis zu den Verkehrswerten. Darüber hinaus führt die für die zu schätzenden Anteile an Kapitalgesellschaften angeordnete Übernahme der Steuerbilanzwerte auch zu einer großen Kluft gegenüber den übrigen Anteilen an Kapitalgesellschaften, deren Bewertung anhand des Kurswerts beziehungsweise aus zeitnahen Verkäufen abgeleitet erfolgt und darum im Regelfall zu deutlich höheren Werten führt.

4. Schließlich verstößt auch die Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen gegen die aus dem Gleichheitssatz folgenden Anforderungen und führt deshalb zu Besteuerungsergebnissen, die mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren sind. Für den Betriebsteil ist der Ertragswert als Bewertungsziel vorgegeben. Damit wird bereits strukturell eine Erfassung der im Vermögenszuwachs liegenden Steigerung der Leistungsfähigkeit des Erben oder Beschenkten verfehlt, die sich aufgrund der der Erbschaftsteuer zugrunde liegenden gesetzgeberischen Konzeption gerade nach dem bei einer Veräußerung unter objektivierten Bedingungen erzielbaren Preis, nicht aber allein nach dem vermittels der Vermögenssubstanz erzielbaren Ertrag bemisst. Die Bewertung von Wohnteil und Betriebswohnungen orientiert sich am gemeinen Wert als Wertkategorie. Insoweit gilt das zum Grundvermögen Gesagte entsprechend. Die dort festgestellten verfassungsrechtlichen Mängel führen auch hier schon auf der Bewertungsebene zu Verstößen gegen den Gleichheitssatz.

III. Trotz Unvereinbarkeitserklärung mit dem Gleichheitssatz ist es im vorliegenden Fall geboten, ausnahmsweise die weitere Anwendung des geltenden Erbschaftsteuerrechts bis zur gesetzlichen Neuregelung zuzulassen. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 31. Dezember 2008 zu treffen. Dabei ist er verfassungsrechtlich gehalten, sich auf der Bewertungsebene einheitlich am gemeinen Wert als dem maßgeblichen Bewertungsziel zu orientieren. Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, bei Vorliegen ausreichender Gemeinwohlgründe in einem zweiten Schritt der Bemessungsgrundlagenermittlung mittels Verschonungsregelungen den Erwerb bestimmter Vermögensgegenstände zu begünstigen. Die Begünstigungswirkungen müssen ausreichend zielgenau und innerhalb des Begünstigtenkreises möglichst gleichmäßig eintreten. Schließlich kann der Gesetzgeber auch mittels Differenzierungen beim Steuersatz eine steuerliche Lenkung verfolgen.

der Leitsatz

1.

Die durch § 19 Abs. 1 ErbStG angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs ist mit dem Grundgesetz unvereinbar, weil sie an Steuerwerte anknüpft, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht genügt.

2.

a) Die Bewertung des anfallenden Vermögens bei der Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage muss wegen der dem geltenden Erbschaftsteuerrecht zugrunde liegenden Belastungsentscheidung des Gesetzgebers, den durch Erbfall oder Schenkung anfallenden Vermögenszuwachs zu besteuern, einheitlich am gemeinen Wert als dem maßgeblichen Bewertungsziel ausgerichtet sein. Die Bewertungsmethoden müssen gewährleisten, dass alle Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfasst werden.

b) Bei den weiteren, sich an die Bewertung anschließenden Schritten zur Bestimmung der Steuerbelastung darf der Gesetzgeber auf den so ermittelten Wert der Bereicherung aufbauen und Lenkungszwecke, etwa in Form zielgenauer und normenklarer steuerlicher Verschonungsregelungen, ausgestalten.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 31.01.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 11/2007 vom 31. Januar 2007

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