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Bundessozialgericht, Urteil vom 20.12.2016
B 2 U 16/15 R -

BSG: Kein Unfall­versicherungs­schutz nach Falschabbiegen aufgrund Unaufmerksamkeit

Verkehrsunfall auf Abweg stellt kein Arbeitsunfall dar

Biegt ein Versicherter aufgrund von Unaufmerksamkeit falsch ab, so befindet er sich nicht mehr auf einen von der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsweg. Kommt es daher auf dem Abweg zu einem Verkehrsunfall, stellt dies kein Arbeitsunfall dar. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem frühen Abend im November 2011 bog ein Lagerist aufgrund einer Unaufmerksamkeit auf dem Weg zu seiner Arbeit mit seinem Pkw falsch ab. Nachdem er dies nach etwa 2,5 km bemerkte, wendete er sein Fahrzeug. Dabei kam es zu einem Zusammenstoß mit einem hinter ihm fahrenden Pkw, wodurch der Lagerist erheblich verletzt wurde. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte die Anerkennung des Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall ab, da sich der Lagerist auf einem sogenannten Abweg befunden habe. Der Lagerist sah dies anders und erhob Klage.

Sozialgericht und Landessozialgericht gaben Klage statt

Sowohl das Sozialgericht Frankfurt a.M. als auch das Hessische Landessozialgericht gaben der Klage statt. Der Verkehrsunfall habe einen Arbeitsunfall dargestellt. Durch das falsche Abbiegen habe der Kläger keinen unversicherten Abweg angetreten, weil er weiterhin seine Arbeitsstätte habe erreichen wollen. Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte Revision ein.

Bundessozialgericht verneint Vorliegen eines Arbeitsunfalls

Das Bundessozialgericht entschied zu Gunsten der Beklagten und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Der Kläger habe keinen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall erlitten, weil er sich auf einem unversicherten Abweg befunden habe. Der Kläger habe durch das falsche Abbiegen den direkten Weg zur Arbeit verlassen. Für die Frage, ob auf einem irrtümlichen Abweg Versicherungsschutz bestehe, sei nicht allein maßgeblich, ob der Versicherte weiterhin seine Arbeitsstätte habe erreichen wollen, sondern die den Irrtum begründenden Umstände.

Kein Versicherungsschutz bei Falschabbiegen aufgrund Unaufmerksamkeit

Es bestehe Versicherungsschutz auf irrtümlich befahrenen Strecken, so das Bundessozialgericht, wenn der Irrtum auf äußeren, mit der besonderen Art des Weges verbundenen Gefahren, wie etwa Dunkelheit, Sichtbehinderung durch Nebel oder schlecht beschilderte Wege beruhe. Das Verirren resultiere in einem solchen Fall aus Umständen, die sich gerade aus der äußeren Beschaffenheit des Verkehrsraums ergeben, den der Versicherte zum Aufsuchen seiner Arbeitsstätte oder zur Rückkehr von seiner Arbeitsstätte zu seiner Wohnung nutzen müsse. Dies entspreche dem Zweck der Wegeunfallversicherung, Versicherungsschutz auf Wegen, die wegen der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden müssen, und aufgrund von Gefahren, die aus der Beschaffenheit dieser Wege herrühren, zu gewähren. Dagegen bestehe kein Versicherungsschutz, wenn die irrtümliche Abweichung von dem direkten Weg auf in der Person des Versicherten liegenden Umständen, wie etwa Unaufmerksamkeit, beruhe.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 09.07.2018
Quelle: Bundessozialgericht, ra-online (vt/rb)

Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-Spezial 2017, 233Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2017, Seite: 233
  • NZS 2017, 313Neue Zeitschrift für Sozialrecht (NZS), Jahrgang: 2017, Seite: 313
  • NZV 2018, 96Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2018, Seite: 96

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