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Der betreuenden Mutter steht ein Unterhaltsanspruch für ihre Kinder im Alter von deutlich über drei Jahren zu, wenn zumindest ein teilweiser Betreuungsbedarf besteht. Die Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung ist ihr nicht zuzumuten. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall machte die geschiedene Ehefrau von ihrem Ex-Ehemann nachehelichen Unterhalt für ihre Kinder geltend. Die Kinder waren zwölf, fünfzehn und siebzehn Jahre alt und lebten bei der Mutter. Sie kamen am frühen Nachmittag aus der Schule und übten nachmittags sportliche Aktivitäten aus, die 5 km bzw. 15 km vom Wohnort stattfanden. Die geschiedenen Eheleute stritten über den zeitlichen Umfang der die Mutter treffenden Beschäftigungsobliegenheit.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Mutter ein Unterhalt nach §§ 1570, 1573 Abs. 2 BGB zu steht.
Grundsätzlich kann sich der betreuende Elternteil nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen, wenn und soweit das Kind eine kindgerechte Betreuungseinrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte (BGHZ 180, 170 = FamRZ 2007, 965). Eine Verlängerung des Unterhalts über das Altern von drei Jahren hinaus ist nur dann möglich, wenn keine kindgerechte Einrichtung für die Betreuung des Kindes zur Verfügung steht oder dass aus besonderen Gründen eine persönliche Betreuung erforderlich ist. Zu beachten sind dabei die besonderen Bedürfnisse des Kindes, wie etwa sportliche oder musische Beschäftigungen. Sofern diese vom Kind nicht selbständig wahrgenommen werden können, sind zu erbringende Fahr- und Betreuungsleistungen zu berücksichtigen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen, wie zum Beispiel Hausaufgabenbetreuung, zu erbringen sind.
Im vorliegenden Fall besteht nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ein zumindest teilweiser Betreuungsbedarf, so dass ihr lediglich eine
Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, dass die Kinder aufgrund der ländlichen Lage und dem damit einhergehenden unzureichenden öffentlichen Nahverkehr darauf angewiesen seien, dass die Mutter sie zu den sportlichen Aktivitäten fahre. Auch sei ihr ein Umzug nicht zuzumuten, da dadurch den Kindern der Lebensmittelpunkt entzogen würde. Weiterhin bestehe nach Heimkehr der Kinder aus der Schule zusätzlicher Bedarf für die Betreuung und Erziehung der drei Kinder, wie die Erledigung schulischer Aufgaben. Dies stelle erhebliche Anforderungen an die Mutter, die über das normale Maß hinausgingen und neben einer vollschichtigen Tätigkeit nicht zu bewältigen seien. Des Weiteren treffe es nicht zu, dass ein zwölfjähriger Junge in den Nachmittagsstunden nach Rückkehr aus der Schule nach der Lebenserfahrung die Hausaufgaben selbständig erledigen könne oder von den älteren Geschwistern Hilfe zu erwarten habe. Ferner sei zu berücksichtigen, dass aufgrund der ländlichen Lage die Möglichkeit einer Fremdbetreuung eingeschränkt sei bzw. ganz fehle.
BGB §§ 1570, 1573, 1578, 1578 b
a) Beim Unterhaltsanspruch wegen Betreuung von Kindern ab der Altersgrenze von drei Jahren ist zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder gesichert werden könnte (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770).
b) An die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts insbesondere aus kindbezogenen Gründen erforderlichen Darlegungen (hier: bei drei minderjährigen Kindern und von der Unterhaltsberechtigten zu leistenden Fahrdiensten an den Nachmittagen) sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen (im Anschluss an Senatsurteil vom 15. Juni 2011 - XII ZR 94/09 - FamRZ 2011, 1375).
c) Zur Beurteilung einer überobligationsmäßigen Belastung im Rahmen der Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist auch der Aspekt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770; BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 und vom 21. April 2010 - XII ZR 134/08 - FamRZ 2010, 1050).
d) Hat der Unterhaltspflichtige nach dem - unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbaren - Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten und hat er im Anschluss daran eine neue Arbeitsstelle mit dauerhaft geringerem Einkommen gefunden, so ist die Abfindung bis zur Höchstgrenze des Bedarfs aufgrund des früheren Einkommens grundsätzlich für den Unterhalt zu verwenden (im Anschluss an Senatsurteile BGHZ 172, 22 = FamRZ 2007, 983 und vom 2. Juni 2010 - XII ZR 138/08 - FamRZ 2010, 1311; teilweise Aufgabe von Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590).
e) Ob eine Aufstockung bis zum bisherigen Einkommen geboten ist und der bisherige Lebensstandard vollständig aufrechterhalten werden muss, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, insbesondere auch nach der vom Unterhaltspflichtigen zu erwartenden weiteren Einkommensentwicklung.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 04.09.2012
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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