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Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.11.2016
XII ZR 153/15 -

BGH: Schadens­ersatz­anspruch des Mieters aufgrund fristloser Kündigung wegen behördlicher Nutzungsuntersagung

Mieter steht Anspruch auf Ersatz der Umzugskosten zu

Kündigt ein Mieter aufgrund einer behördlichen Nutzungsuntersagung infolge der Nichteinhaltung von Brand­schutz­vorschriften das Mietverhältnis fristlos, kann er grundsätzlich im Wege des Schadensersatzes gemäß § 536 a Abs. 1 BGB den Ersatz der Umzugskosten vom Vermieter verlangen. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Vermieter aufgrund der Nutzungsuntersagung ebenfalls zur Kündigung berechtigt wäre. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Betreuungsverein im Mai 2012 Büroräume im Erdgeschoss eines Gebäudes angemietet. Nachfolgend stellte die Stadt verschiedene Mängel im Brandschutz fest. So war an der Außenfassade bauordnungswidrig brennbares Polystyrol angebracht. Da die Vermieterin die Frist zur Behebung der Mängel hat verstreichen lassen, sprach die Stadt gegenüber dem Betreuungsverein im Juni 2013 eine für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagung aus. Der Verein kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos und zog in neu angemietete Büroräume um. Zudem erhob er Klage auf Ersatz verschiedener Umzugskosten.

Amtsgericht und Landgericht gaben Schadensersatzklage statt

Sowohl das Amtsgericht Brake als auch das Landgericht Oldenburg gaben der Schadensersatzklage statt. Der Betreuungsverein habe gemäß § 536 a BGB Ersatz der Kosten für die Herrichtung der neuen Mieträume, für die De- und Neuinstallation der EDV-Anlage, für das Einpacken der Umzugsgüter in Kartons sowie für die Reinigung der alten und neuen Räumlichkeiten zugestanden. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Vermieterin.

Bundesgerichtshof bejaht ebenfalls Anspruch auf Ersatz der Umzugskosten

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision der Vermieterin zurück. Dem Verein habe nach § 536 a Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz der Umzugskosten zugestanden. Er sei berechtigt gewesen aufgrund der behördlichen Nutzungsuntersagung das Mietverhältnis fristlos gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu kündigen. Eine vorherige Abmahnung sei nach § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht erforderlich gewesen.

Keine Pflicht des Mieters gegen Nutzungsuntersagung vorzugehen

Dass die Nutzungsuntersagung der Stadt zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht bestandskräftig war, habe nach Ansicht des Bundesgerichtshofs keine Rolle gespielt. Zwar könne es einem Mieter grundsätzlich zugemutet werden, gegen behördliche Anordnungen betreffend den Mietgebrauch gerichtlich vorzugehen. Auf das Risiko eines Rechtsstreits mit ungewissem Ausgang müsse sich der Mieter aber jedenfalls dann nicht einlassen, wenn die Behörde bereits eine sofortige Nutzungsuntersagung verfügte und der Gegenstand der behördlichen Beanstandung außerhalb des Einwirkungsbereichs des Mieters liegt. So habe der Fall hier gelegen. Der Mieter habe mit seiner Kündigung auch nicht den Zeitpunkt abwarten müssen, an dem die Stadt Zwangsmittel zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagung angekündigt hat.

Kein Ausschluss des Schadenersatzanspruchs aufgrund Rechts der Vermieterin zur Kündigung

Der Bundesgerichtshof folgte zudem nicht der Ansicht der Vermieterin, dass der Schadensersatzanspruch des Mieters deshalb nicht in Betracht komme, weil sie das Mietverhältnis ihrerseits hätte kündigen können. Denn könne nicht festgestellt werden, dass das Mietverhältnis ohne die zur Kündigung führende und vom Vermieter zu verschuldende mangelbedingte Gebrauchsentziehung überhaupt beendet worden wäre, schließe der Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB den Einwand des Vermieters aus, dass er das Mietverhältnis seinerseits gekündigt hätte, weil er infolge des Scheiterns der Mangelbeseitigungsversuche dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache nicht mehr habe gewähren können.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.02.2017
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Brake, Urteil vom 09.10.2014
    [Aktenzeichen: 3 C 54/14]
  • Landgericht Oldenburg, Urteil vom 24.11.2015
    [Aktenzeichen: 16 S 531/14]
Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • WuM 2017, 18Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2017, Seite: 18

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