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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.02.2015
XII ZB 473/13 -

Adoption durch eingetragene Lebenspartnerin der Mutter: Auch Samenspender muss als leiblichem Vater Möglichkeit zur Beteiligung am Adoptionsverfahren eingeräumt werden

Verweigerung der Angabe des leiblichen Vaters kann zur Ablehnung der Adoption führen

Eine (Stiefkind-)Adoption durch die Lebenspartnerin der Mutter darf bei fehlender rechtlicher Vaterschaft grundsätzlich nur ausgesprochen, wenn das Familiengericht dem leiblichen Vater zuvor die Möglichkeit gegeben hat, sich am Adoptionsverfahren zu beteiligen. Möglicher leiblicher Vater kann dabei auch ein Samenspender sein. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Antragstellerin und die Mutter des Kindes sind eingetragene Lebenspartnerinnen. Das betroffene Kind ist mithilfe einer "privaten" Samenspende gezeugt worden und wurde im November 2010 geboren. Die Lebenspartnerin der Mutter hat die Annahme des Kindes beantragt. Sie hat eine Zustimmungserklärung des leiblichen Vaters allerdings nicht vorgelegt und hierzu erklärt, ihr seien zwar Name und Aufenthaltsort des Samenspenders bekannt. Dieser habe sie aber aufgefordert, ihn nicht zu benennen, woran sie und die Mutter sich gebunden fühlten.

Adoptionsantrag mangels Zustimmung des leiblichen Vaters zurückgewiesen

Das Amtsgericht hatte den Adoptionsantrag mangels Zustimmung des leiblichen Vaters zurückgewiesen. Das Kammergericht hatte die dagegen gerichtete Beschwerde der Lebenspartnerin zurückgewiesen. Dagegen richtete sich deren Rechtsbeschwerde, mit welcher sie ihren Adoptionsantrag weiterverfolgte.

Möglichkeit zur Beteiligung an Adoptionsverfahren setzt Kenntnis des Samenspenders über Geburt des Kindes und geplante Adoption voraus

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Rechtsbeschwerde Erfolg. Sie führte zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Kammergericht. Zur Annahme eines Kindes ist nach § 1747 BGB die Einwilligung der Eltern erforderlich. Sofern kein anderer Mann als rechtlicher Vater anzusehen ist, gilt insoweit als Vater, wer glaubhaft macht, der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben.* Darunter fällt nach Sinn und Zweck des Gesetzes auch ein Samenspender, da es auch in dessen grundrechtlich geschütztem Interesse liegen kann, in die Elternstellung einrücken zu können, und vom Gesetz verhindert werden soll, dass diese Möglichkeit durch eine nach der Geburt durchgeführte Adoption vereitelt wird. Der leibliche Vater ist allerdings im Gegensatz zum rechtlichen Vater nicht zwingend am Adoptionsverfahren zu beteiligen, so dass seine Einwilligung nur erforderlich ist, wenn er von seiner Beteiligungsmöglichkeit auch Gebrauch macht. Die Möglichkeit der Beteiligung setzt aber voraus, dass dieser von der Geburt des Kindes und von dem Adoptionsverfahren Kenntnis hat. Dementsprechend ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Einwilligungsberechtigung des leiblichen Vaters nur effektiv, wenn ihm die Möglichkeit eröffnet wird, rechtzeitig vor einer Adoption seines Kindes durch Dritte seine Vaterschaft - auch gegen den Willen der Mutter (§ 1600 d BGB**) - geltend zu machen.

Unterrichtung bei dauerhaft unbekanntem Aufenthaltsortes des leiblichen Vaters entbehrlich

Etwas anderes gilt dann, wenn zuverlässig davon ausgegangen werden kann, dass der leibliche Vater die rechtliche Vaterstellung zu dem Kind von vornherein nicht einnehmen will, wie es etwa bei der sogenannten anonymen Samenspende regelmäßig der Fall ist. Unabhängig davon ist eine Einwilligung und damit in Fällen wie dem vorliegenden auch eine Unterrichtung des leiblichen Vaters entbehrlich, wenn etwa sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist (§ 1747 Abs. 4 BGB*). Liegt keiner der genannten Ausnahmefälle vor, so ist das Familiengericht verpflichtet, den leiblichen Vater vom Adoptionsverfahren zu benachrichtigen. Wird dies dadurch vereitelt, dass der Annahmewillige die Angabe des ihm bekannten leiblichen Vaters verweigert, ist die Adoption abzulehnen.

Rückweisung der Sache an das Kammergericht

Da das Amtsgericht und das Kammergericht die Anforderungen an die Adoption zu hoch angesetzt und in jedem Fall eine Einwilligung des leiblichen Vaters verlangt hatten, war die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Damit wird der Antragstellerin Gelegenheit gegeben Angaben zum leiblichen Vater nachzuholen, um eine Ablehnung der Adoption zu vermeiden.

Erläuterungen

* -  § 1747 BGB Einwilligung der Eltern des Kindes

(1) Zur Annahme eines Kindes ist die Einwilligung der Eltern erforderlich. Sofern kein anderer Mann nach § 1592 als Vater anzusehen ist, gilt im Sinne des Satzes 1 und des § 1748 Abs. 4 als Vater, wer die Voraussetzung des § 1600 d Abs. 2 Satz 1 glaubhaft macht.

[...]

(4) Die Einwilligung eines Elternteils ist nicht erforderlich, wenn er zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. [...]

** -  § 1600 d BGB Gerichtliche Feststellung der Vaterschaft

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen [...]

 

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.03.2015
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Beschluss vom 25.01.2013
    [Aktenzeichen: 140 F 4500/11]
  • Kammergericht Berlin, Beschluss vom 30.07.2013
    [Aktenzeichen: 19 UF 17/13]
Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2015, 518Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 518
  • NJW 2015, 1820Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 1820

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