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Nichteheliche Väter können das Sorgerecht für ihr Kind auch ohne Zustimmung der Mutter bekommen, wenn diese das Kind zur Adoption freigeben will. Voraussetzung ist aber, dass der leibliche Vater erziehungsgeeignet und -bereit ist. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hervor. Die Behörden müssen es dem Vater ermöglichen, sich kontinuierlich an das in einer Pflegefamilie lebende Kind anzunähern. Wenn die Pflegeeltern, das Umgangsrecht des Vaters nicht akzeptieren wollen, könnten sie auch zur Herausgabe des Kindes gezwungen werden, führte der BGH aus.
Der Bundesgerichtshof hatte sich erstmals mit dem Sorgerechtsantrag des Vaters für sein nichtehelich geborenes Kind zu befassen. Der Fall hatte nach wiederholten Entscheidungen des Amtsgerichts, Oberlandesgerichts, Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein großes Interesse in der Öffentlichkeit ausgelöst.
Der Vater ist türkischer Staatsangehöriger und lebt seit 1994 in der Bundesrepublik Deutschland. Im Mai 1999 erfuhr er, dass seine Lebensgefährtin von ihm schwanger war. Diese unterband ab Juli 1999 jeglichen Kontakt und gebar im August 1999 das gemeinsame Kind. Schon am Folgetag beauftragte die Mutter das zuständige Jugendamt, das Kind in Adoptionspflege zu geben, und stimmte der
Der Vater erfuhr erst im Oktober 1999 von der Geburt seines Kindes und begehrt seitdem regelmäßigen Umgang mit seinem Kind sowie das
Im Januar 2001 beantragten die Pflegeeltern die
Auf Antrag des Vaters räumte das Amtsgericht ihm im Februar 2001 ein Umgangsrecht mit seinem Kind ein und übertrug ihm in einer weiteren Entscheidung im März 2001 auch das
Auf einen erneuten Antrag des Vaters räumte ihm das Amtsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung erneut ein Umgangsrecht mit seinem Kind ein und übertrug dem Vater im März 2004 erneut auch das
Auf einen neuen Antrag des Vaters erweiterte das Amtsgericht das ihm zustehende Umgangsrecht im Dezember 2004 auf vier Stunden wöchentlich. Auf die sofortige Beschwerde der Pflegeeltern setzte der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auch den Vollzug dieser Entscheidung aus. Auf die Verfassungsbeschwerde des Vaters setzte das Bundesverfassungsgericht die Wirksamkeit der von ihm als "willkürlich" bezeichneten Entscheidung des Oberlandesgerichts aus (BVerfG, Beschluss v. 10.06.2005 - 1 BvR 2790/04 -) und stellte mit weiterem Beschluss im Juni 2005 die Umgangregelung des Amtsgerichts wieder her.
Auf ein wiederholtes Ablehnungsgesuch des Vaters wurden die Richter des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg im Januar 2005 für befangen erklärt. Seitdem ist der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts für das Verfahren zuständig. Im August 2005 wurden auch die bislang mit der Wahrung der Aufgaben des Amtsvormunds beauftragten Personen von ihrer Funktion entbunden; deren Funktion wurde auf Weisung der Aufsichtsbehörde einer eigens dafür vom Landesverwaltungsamt abgeordneten Bediensteten übertragen.
Mit Beschluss vom 15. Dezember 2006 hat der nunmehr zuständige Senat beim Oberlandesgericht Naumburg dem Vater ein Umgangsrecht eingeräumt, das sich zunächst auf sieben Stunden 14-tägig begrenzte und seit März 2007 14-tägig von samstags 11.00 Uhr bis sonntags 15.00 Uhr andauert und die erste Hälfte längerer Schulferien einschließt. Die gegen diese Entscheidung gerichteten Verfassungsbeschwerden des Vaters einerseits sowie der Verfahrenspflegerin andererseits wies das Bundesverfassungsgericht im Februar 2007 zurück.
Den Antrag auf Übertragung des Sorgerechts hat das Oberlandesgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 15. Dezember 2006 "als zurzeit unbegründet" abgewiesen, weil der Vater zurzeit noch nicht in der Lage sei, das
Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsbeschwerde des Vaters zurückgewiesen, weil wegen der vom – früheren – Amtsvormund und dem Oberlandesgericht zu lange geduldeten Verweigerung des Umgangsrechts noch keine hinreichend tragfähige Basis zwischen Vater und Kind entstanden sei und im Falle einer gegenwärtigen Übertragung des Sorgerechts eine nicht vollständig aufzufangende Bindungslosigkeit drohe. In der Begründung hat der Senat allerdings eine strikte Einhaltung des Umgangsrechts mit dem Ziel einer Übertragung des Sorgerechts und eines Wechsels des ständigen Aufenthalts zum Vater angemahnt.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die gesetzliche Regelung in den §§ 1626a, 1672 Abs. 1 BGB verfassungsgemäß. Danach steht die elterliche Sorge für ein nichtehelich geborenes Kind nur dann beiden Eltern zu, wenn sie eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgeben oder einander heiraten. Anderenfalls übt die Mutter die elterliche Sorge allein aus. Daran ändert sich auch nichts, wenn sie – wie hier – das Kind zur
2. Ob dies der Fall ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unter Berücksichtigung des Elternrechts des Vaters zu ermitteln. Allein die Tatsache, dass ein Kind in seine Pflegefamilie voll integriert ist, kann deswegen einer Annäherung an den leiblichen Vater mit dem Ziel einer Übertragung des Sorgerechts nicht entgegenstehen. Das gilt insbesondere dann, wenn keine Bedenken gegen die Erziehungseignung bestehen und das
Dem Elternrecht des Vaters und dem Kindeswohl kann danach nur durch eine kontinuierliche Annäherung genügt werden. Die Behörden, hier also der Amtsvormund, und die Gerichte haben deswegen alles zu unterbinden, was diese Annäherung gefährden könnte. Das schließt auch Zwangsmaßnahmen gegen die Pflegeeltern oder – als letztes Mittel – die Herausnahme des Kindes aus der Pflegefamilie ein, wenn die Pflegeeltern – wie in den bisherigen acht Lebensjahren des Kindes – nicht genügend Bindungstoleranz aufweisen, um ein kontinuierliches Umgangsrecht des Vaters zu akzeptieren.
Soweit das Oberlandesgericht den Sorgerechtsantrag nach dem gegenwärtigen Stand als "zurzeit unbegründet" abgelehnt hat, hat der Bundesgerichtshof dies im Ergebnis gebilligt. Denn in der Vergangenheit ist das Umgangsrecht immer wieder unterbunden worden, insbesondere wenn sich eine stärkere Annäherung zwischen Vater und Kind abzeichnete. Weil diese emotionale Nähe aber Voraussetzung für die Übertragung des Sorgerechts ist, um eine Bindungslosigkeit zu verhindern, muss das Umgangsrecht gestärkt werden, bevor abschließend das
BGB §§ 1626 a Abs. 2, 1672 Abs. 1, 1751 Abs. 1; EMRK Art. 8
Ruht die alleinige elterliche Sorge der Mutter (§ 1626 a Abs. 2 BGB), weil diese der Adoption ihres Kindes zugestimmt hat (§ 1751 Abs. 1 BGB), bedarf ein Antrag des Vaters auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts nach § 1672 Abs. 1 BGB nicht mehr ihrer Zustimmung. In einem solchen Fall ist dem Antrag des Vaters im Rahmen einer verfassungsgemäßen Auslegung des § 1672 Abs. 1 Satz 2 BGB und unter Beachtung der Europäischen Menschenrechtskonvention schon dann stattzugeben, wenn die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes "nicht widerspricht".
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.10.2007
Quelle: ra-online, Bundesgerichthof
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