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Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.12.2020
VIII ZR 70/19 -

BGH: Ersatzloser Abriss eines Gebäudes stellt keine wirtschaftliche Verwertung dar

Kein Recht zur Ver­wertungs­kündigung

Der ersatzlose Abriss eines Gebäudes stellt keine wirtschaftliche Verwertung dar und rechtfertigt daher keine Ver­wertungs­kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall wurden im Juni 2017 die Mieter eines ehemaligen Landarbeiterhauses in Braunschweig von ihrem Vermieter gekündigt. Die Mieter wohnten seit mehreren Jahrzehnten in dem Haus. Ein schriftlicher Mietvertrag existierte nicht. Zudem zahlten sie eine Miete von nur 60 EUR. Die Kündigung erfolgte, weil ein Seitenflügel des Gebäudes wegen Baufälligkeit abgerissen werden sollte. In dem Seitenflügel befand sich das Badezimmer der Mieter. Der Vermieter hielt den Anbau eines neuen Badezimmers wegen der damit verbundenen Kosten in Höhe von rund 26.000 EUR für unwirtschaftlich und hatte daher die Kündigung ausgesprochen. Da sich die Mieter weigerten auszuziehen, erhoben der Vermieter Klage auf Räumung und Herausgabe.

Amtsgericht und Landgericht wiesen Klage ab

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Braunschweig wiesen die Klage ab. Nach Auffassung des Landgerichts sei die Kündigung nicht als Verwertungskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB wirksam. Es liege auch kein sonstiges berechtigtes Interesse an der Kündigung gemäß § 573 Abs. 1 BGB vor. Die Fortdauer des Mietverhältnisses sei für den Vermieter nicht mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden. Die Erweiterung des Gebäudes zwecks Neuerrichtung eines Badezimmers sei zumutbar. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision des Vermieters.

Bundesgerichtshof verneint ebenfalls Recht zur Kündigung

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe stehe dem Vermieter nicht zu, da kein Recht zur Kündigung des Mietverhältnisses bestehe.

Keine wirtschaftliche Verwertung durch ersatzlosen Abriss des Gebäudes

Eine Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB komme nicht in Betracht, so der Bundesgerichtshof, da durch den ersatzlosen Abriss eines Gebäudes zwar Unkosten vermieden werden, jedoch stelle dies keine Realisierung des dem Grundstück innewohnenden materiellen Werts und damit keine wirtschaftliche Verwertung im Sinne der Vorschrift dar.

Kein berechtigtes Interesse an Kündigung wegen Unwirtschaftlichkeit

Die Kündigung könne nach Ansicht des Bundesgerichts auch nicht auf ein berechtigtes Interesse nach § 573 Abs. 1 BGB gestützt werden. Denn die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei wegen der Kosten der Neuerrichtung des Bades nicht mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden. Die Kosten seien überschaubar und nur einmalig aufzubringen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich durch die Neuerrichtung des Bades der Grundstückswert erhöht.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.03.2021
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Braunschweig, Urteil vom 06.09.2018
    [Aktenzeichen: 112 C 2770/17]
  • Landgericht Braunschweig, Urteil vom 26.02.2019
    [Aktenzeichen: 6 S 324/18 (139)]
Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2021, 246Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2021, Seite: 246
  • WuM 2021, 119Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2021, Seite: 119

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