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Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.03.2008
VI ZR 7/07 -

BGH erlaubt Greenpeace, Milchprodukte als "Gen-Milch" zu bezeichnen

Bezeichnung genießt den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG (Meinungsfreiheit)

Greenpeace darf die Produkte der Firma Müller-Milch als "Gen-Milch" bezeichnen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden. Die Bezeichnung ist vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt. Unerheblich sei, von welcher Beschaffenheit die Milch sei und dass ein Übergang von gentechnisch verändertem Futtermittel von Kühen auf die Milch bisher nicht nachweisbar sei, führte das Gericht aus.

Die Theo Müller GmbH & Co. KG, deren Unternehmen Milch- und Molkereiprodukte unter anderem unter den Marken "Müller", "Weihenstephan" und "Sachsenmilch" vertreiben, wendet sich dagegen, dass Greenpeace e. V. in einer Vielzahl von öffentlichkeitswirksamen Aktionen in den Jahren 2004 und 2005 ihre Produkte als "Gen-Milch" bezeichnet hat.

Das Landgericht hat dem Beklagten verboten, die Produkte der Unternehmen der Klägerin als "Gen-Milch" zu bezeichnen, sofern nicht gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass die Produkte selbst nicht gentechnisch verändert sind bzw. dass sich nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand in den Produkten keine Komponenten aus der gentechnischen Veränderung der Futtermittel nachweisen lassen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Greenpeace kann sich auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen

Der Gebrauch des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten genießt den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Der objektive Sinngehalt des Begriffs ist unter Einbeziehung des Kontextes zu beurteilen, in dem der Beklagte ihn verwendet hat. Die Bezeichnung "Gen-Milch" bringt als Oberbegriff der von Greenpeace e.V. durchgeführten Kampagne plakativ und schlagwortartig dessen Ablehnung gegen die Herstellung von Milchprodukten unter Verwendung von Milch zum Ausdruck, die u. a. von Kühen stammt, die auch mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden, ohne dass diese Produkte – geltendem Recht entsprechend, das eine Kennzeichnungspflicht insoweit nicht vorsieht – entsprechend gekennzeichnet werden.

Tatsächliche Beschaffenheit der betroffenen Milch ist unerheblich

Unerheblich ist, ob sich die betroffene Milch in ihrer Beschaffenheit von Milch unterscheidet, bei deren Herstellungsprozess auf den Einsatz von Verfahren zur gentechnischen Veränderung verzichtet wurde und ob genmanipulierte DNA aus Futtermitteln nach wissenschaftlicher Erkenntnis in die Milch übergehen kann. Denn selbst wenn ein Einfluss der angewandten Verfahren auf die Beschaffenheit von Milch und Milchprodukten nicht besteht oder nicht nachweisbar ist, weist der Begriff "Gen-Milch" aus sich heraus keinen unwahren konkreten Tatsachenkern auf. Es kann nämlich ein allerdings weit verstandener Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Verfahren zur gentechnischen Veränderung und dem Produkt schon darin gesehen werden kann, dass ein solches Verfahren im Produktionsprozess zur Anwendung kommt. Die daran von Greenpeace geäußerte Kritik muss die Klägerin hinnehmen.

der Leitsatz

BGB § 823 Abs. 1, BGB § 1004; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 12

Zur Zulässigkeit der Bezeichnung von Milchprodukten als "Gen-Milch".

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 11.03.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 50/08 des BGH vom 11.03.2008

Vorinstanzen:
Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AfP 2008, 297Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht (AfP), Jahrgang: 2008, Seite: 297
  • GRUR-RR 2008, 455Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungs-Report (GRUR-RR), Jahrgang: 2008, Seite: 455
  • NJW 2008, 2110Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2008, Seite: 2110
  • VersR 2008, 793Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2008, Seite: 793

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