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Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Zusammenschluss von Krankenhäusern der Fusionskontrolle nach den §§ 35 bis 43 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) unterliegt. Es ging um den Erwerb des Kreiskrankenhauses Bad Neustadt an der Saale durch die Rhön-Klinikum AG (nachfolgend: Rhön AG). Der Kartellsenat hat die Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt bestätigt.
Die Rhön AG gehört zu den führenden privaten Krankenhauskonzernen in Deutschland. Der Landkreis Rhön-Grabfeld betreibt als Eigenbetrieb das Kreiskrankenhaus Bad Neustadt an der Saale. Im September 2004 meldete die Rhön AG beim Bundeskartellamt das Vorhaben an, das Kreiskrankenhaus zu erwerben. Das Bundeskartellamt hat den angemeldeten Zusammenschluss untersagt. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht Düsseldorf zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde der Zusammenschlussbeteiligten, mit der sie die Freigabe des Zusammenschlusses erreichen wollten, hat der Bundesgerichtshof nun zurückgewiesen.
Der Kartellsenat hat zunächst klargestellt, dass weder die Regelungen des Sozialrechts über die gesetzliche Krankenversicherung noch die Bestimmungen zur Krankenhausfinanzierung die Fusionskontrolle ausschließen. Insbesondere § 69 SGB V unterstelle nur die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Krankenhäusern abschließend dem Sozialrecht, verdränge aber nicht die Fusionskontrolle beim Zusammenschluss von Krankenhäusern.
Nach Auffassung des Kartellsenats bieten Krankenhäuser die stationäre Behandlung nicht nur Privatpatienten, sondern auch den gesetzlich versicherten Patienten auf einem Wettbewerbsmarkt im Sinne der deutschen Fusionskontrolle an. Zwar fragten aufgrund des Sachleistungsprinzips der gesetzlichen Krankenversicherung die Krankenkassen die stationären Behandlungsleistungen für Kassenpatienten nach und zahlten das dafür geschuldete Entgelt. Die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern stehe jedoch der Annahme eines Wettbewerbsmarktes nicht entgegen. Auch den Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung stehe ein Wahlrecht hinsichtlich des Krankenhauses zu, in das sie sich zu einer Behandlung begäben. Aufgrund dieser Auswahlentscheidung komme es zu einem eigenen Behandlungsvertrag mit dem jeweiligen Krankenhaus. Weil die Patienten die Entscheidung träfen, bei welchem Krankenhaus die Behandlungsleistung nachgefragt wird, seien sie und nicht die Krankenkassen die fusionsrechtlich maßgebliche Marktgegenseite für das Angebot von Krankenhausleistungen. Zwischen Krankenhäusern bestehe auch erheblicher Qualitätswettbewerb, etwa bei der fachlichen Qualifikation von Ärzten und Pflegepersonal oder der sachlichen Ausstattung.
Der Kartellsenat teilt die Erwartung von Oberlandesgericht und Bundeskartellamt, dass der Zusammenschluss zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung der Rhön AG auf dem Markt für akutstationäre Krankenhausdienstleistungen im Gebiet Bad Neustadt/Bad Kissingen führen würde. Jedenfalls bei einer Fusion von Allgemeinkrankenhäusern sei der sachlich relevante Markt nicht nach medizinischen Fachabteilungen abzugrenzen. Die Gebiete Schweinfurt und Würzburg seien nicht in den räumlich relevanten Markt einzubeziehen, da Patienten aus diesen Gebieten kaum Krankenhäuser in Bad Neustadt/Bad Kissingen aufsuchten. Krankenhäuser in Schweinfurt und Würzburg stellten allerdings umgekehrt für Patienten aus Bad Neustadt/Bad Kissingen eine Behandlungsmöglichkeit dar, die auch in nicht unerheblichem Umfang wahrgenommen werde. Diese Krankenhäuser seien deshalb als Anbieter im räumlich relevanten Markt zu berücksichtigen. Die Rhön AG halte hier schon jetzt einen Marktanteil von deutlich über 40 %. Es könne dahinstehen, ob daraus bereits eine marktbeherrschende Stellung folge. Jedenfalls würde durch den Zusammenschluss eine solche Stellung begründet oder verstärkt werden. Das ergebe sich aus der zu erwartenden Addition von Marktanteilen, dem Marktanteilsabstand zu dem nächstgrößeren Wettbewerber in Schweinfurt und der weiteren Verstärkung der in vielfacher Hinsicht schon bestehenden Überlegenheit der Rhön AG, etwa durch Optimierung der Auslastungsquoten im Wege konzerninterner Steuerung der Patientenströme und durch Synergieeffekte, die wegen der räumlicher Nähe der am Zusammenschluss beteiligten Krankenhäuser ermöglicht würden.
GWB § 19 Abs. 2, §§ 35, 36 Abs. 1; SGB V § 69
a) Der Zusammenschluss von Krankenhäusern unterliegt der Zusammenschlusskontrolle nach den §§ 35 bis 43 GWB unabhängig davon, ob Behandlungsleistungen für gesetzlich oder privat versicherte Patienten angeboten werden.
b) Maßgebliche Nachfrager auf dem für die Zusammenschlusskontrolle von Krankenhäusern relevanten Angebotsmarkt sind auch im Anwendungsbereich des Sachleistungsprinzips der gesetzlichen Krankenversicherung die Patienten.
c) Ist Zielobjekt eines Zusammenschlusses von Krankenhäusern ein Allgemeinkrankenhaus mit dafür typischen Fachabteilungen, ist der sachlich relevante Markt der Markt für akutstationäre Krankenhausdienstleistungen.
d) Der für die Zusammenschlusskontrolle räumlich relevante Markt umfasst alle Nachfrager, die nach den tatsächlichen Verhältnissen als Abnehmer für das Angebot der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen in Betracht kommen und deren wettbewerbliche Handlungsmöglichkeiten durch den Zusammenschluss betroffen und insbesondere beschränkt werden können. Für den Markt akutstationärer Krankenhausdienstleistungen bleiben daher Patienten außer Betracht, die die Leistungen der am Zusammenschluss beteiligten Krankenhäuser im Hinblick auf die räumliche Entfernung nicht nachfragen. Kommt andererseits für die Patienten auf dem so abgegrenzten Markt als Bezugsalternative auch die Leistung eines Krankenhauses außerhalb dieses Gebiets in Betracht, handelt es sich um ein Angebot im räumlich relevanten Markt.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 17.01.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 13/08 des BGH vom 17.01.2008
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